»Mott The Hoople gehört zu jenen Bands, deren musikalisches Schaffen im Laufe der Jahre bis ins kleinste Detail aufgearbeitet worden ist«. So begann Kollege Bauerochse im Jahre 2006 seine Kritik zu All The Way From Stockholm To Philadelphia. Korrekt angemerkt und Mott the Hoople gehört außerdem zu jenen Bands, denen man Wechsel im Line-up spürbar anmerkt. Zum dritten gehört Mott The Hoople zu jenen Bands die es schafften, Rock, Glam Rock und eine gehörige Portion Velvet Undergound'sches Feeling (man höre nur mal "Trudi's Song" vom 1973er "The Hoople"-Album, bzw. wie authentisch das Lou Reed-Cover gebracht wird) so zu kombinieren, dass es fast schon wieder ein eigener Stil ist.
1969 gegründet und den Fokus mehr in Richtung Rock, gab es mit der 72er-Scheibe "All The Young Dudes" eine Hinwendung in Richtung Glam Rock und das war die 'Rettung' der Band. Denn obwohl sie permanent live unterwegs waren (eine Formation namens Queen war des Öfteren ihre Vorband!) und für Furore in den Shows sorgten, stand die Band vor dem Aus, weil sich der Erfolg nicht in Plattenverkäufen niederschlug. Rettung kam in Form von David Bowie, der wohl das Potenzial erkannte, ihnen "All The Young Dudes" schrieb und auch gleich das gleichnamige Album produzierte. "All The Young Dudes' avancierte zur Gay-Hymne und bescherte der Band endlich den lange vermissten Erfolg.
Heute ist es wohl so, dass einem, wenn der Name Mott The Hoople genannt wird, sofort "All The Young Dudes" einfällt. Das ist untrennbar miteinander verbunden. Ebenso die Namen Ian Hunter und Mick Ralphs. Obwohl Hunter erst nach der Gründung kam und Sänger Stan Tippens ablöste, steht er für deren beste Phase. Auf "All The Young Dudes" ist es auch interessant zu hören, wie die Band durchaus Stones'sche Züge annehmen kann ("Jerkin' Crocus", "One Of The Boys"), um im nächsten Moment mit schwer rollenden Tasten leicht psychedelisch daherzuwalzen ("Soft Ground"). Es gibt auch den später auf dem gleichnamigen Album von Bad Company platzierten Song "Ready For Love" in der Urform zu hören. Die Nummer schrieb Mick Ralphs, der neben Hunter für die Songs bei Mott The Hoople sorgte. Nachdem sein Gründungskollege Verden Allen die Band nach dem Album verließ, weil ihm der Glam Rock nicht zusagte, hielt es auch Mick nicht mehr allzu lange aus und gründete mit Paul Rodgers Bad Company. Klein ist die Welt: Mick spielte mit Paul und letzterer ist heute Sänger bei der ehemaligen Mott The Hoople-Vorgruppe...
Sony Music hat mit der Auflage der "Original Album Classics"-Reihe eine empfehlenswerte Serie am Laufen, die für kleines Geld hier fünf Original-Alben in Cardboard-Sleeves, zusammengefasst in einem Schuber, bereit stellt. Vielleicht fehlen die Booklets mit den Infos, mögen einige sagen, aber bei fünf Originalen für weniger als 20 Teuros ist das locker zu verschmerzen. Zumal es jede Menge Bonus-Tracks gibt. Raritäten, Live-Versionen, Edits oder Single-Versionen. Schön z. B., dass Meister Bowie sein "All The Young Dudes" auch intoniert. Oder Don McLeans "American Pie" von vorliegender Band hat auch was.
Nach dem meiner Meinung nach besten (Studio-) Album "All The Young Dudes" kam 1973 "Mott". Allen war ja weg, dem Glam wegen - und auf "Mott" schlägt diese Richtung voll durch. "All The Way from Memphis" stieg, wie vorher "All The Young Dudes", in die Charts und wenn man sich das Album anhört und die Stimme ausblendet, könnte es ebenso gut eines von Bowie sein. Musikalisch hat sich also einiges geändert. Nicht zum Schlechten, aber eben eine Änderung. Mick Ralphs an den Saiten war weg und für ihn kam Ariel Bender. Allerdings ist das nicht sein richtiger Name. Schämte sich da etwa einer, weil er ins Glam-Lager wechselte? Das weiß ich nicht, aber möglich wär das schon, denn Luther Grosvenor, so der richtige Name von Ariel war bei Spooky Tooth für andere Licks zuständig.
Lange hielt es Ariel Bender jedenfalls nicht aus. Auf dem 1974er "The Hoople" ist er allerdings noch mit an Bord und auch dieses Album brachte Platzierungen durch die Nummern "The Golden Age Of Rock N' Roll", "Foxy Foxy" und "Roll Away The Stone". Glamig noch immer, aber es mischt sich wieder ganz dezent eine leichte Härte dazu. Nun ja, Ariel aka Luther verließ die Band und Ian holte den Ex-Bowie-Mann Mick Ronson. Kurze Zeit später verließen beide die Gruppe und starteten als Duo. Ohne Hunter fehlte Mott The Hoople etwas. Das The Hoople nämlich... sowie ihre Galionsfigur. Und nun müsste es streng genommen so sein, dass die "Original Album Classics"-Box zwei Lücken haben sollte, denn die letzen beiden Scheiben "Drive On" und "Shouting And Pointing" sind nicht von Mott The Hoople, sondern von Mott.
Die verbliebenen Mitglieder wurden verstärkt durch Ray Major an der Gitarre sowie Nigel Benjamin am Mikro. Immer noch im Glam zu Hause sind Nummern wie "By Tonight", "She Does It" oder "Love Now" durchaus auch etwas Härte zu attestieren. "The Great White Wail" scheint gar nichts 'Mottiges' mehr zu haben und kommt außerdem richtig gut. Aber man muss es schon richtig sehen, dass nämlich Ian Hunter nicht nur am Mikro fehlte, sondern ebenso als Songschreiber eine Lücke hinterließ.
1976 kam mit "Shouting And Pointing" das Ende von Mott (The Hoople). Nigels Stimme beginnt bei manchen Stücken einfach nur zu nerven. Er zieht damit die Band weg von ihrem bisherigen Weg und seine Falsett-Attacken tun fast schon weh. Besonders weil es durchaus auch gelungene Momente gibt. So z. B. dann, wenn Watts und Ray durchaus ernst zu nehmende gemeinsame Gitarrenparts spielen, wenn sich Nigel etwas zurück nimmt, wenn ein Track wie "Collision Course" durchaus Potenzial und ein gutes Händchen erkennen lässt, wenn "Career (No Such Thing As Rock N' Roll)" richtig gut klingt, wenn "See You Again" schon fast einen Abo-Platz im Ohr sucht...
Aber das Ende, das Aus war gekommen und wie ich eingangs erwähnt habe, ist die musikalische Veränderung bedingt durch Line-up Wechsel bei Mott The Hoople 'schön' zu sehen.
Nichtsdestotrotz und nicht nur weil sie unschlagbar günstig zu bekommen ist, ist diese Box ein schönes Stück Geschichte und lässt den Hörer teilhaben am 'The Rise And Fall Of...' (ach nee, jetzt bin ich bei dem Mann, der Mott The Hoople 1972 rettete und 1976 beim Auseinanderbrechen nicht in Erscheinung trat) - also teilhaben vom Zenit bis zum Ende. Klare Empfehlung meinerseits.
Tracklist |
All The Young Dudes - 1972 - 72:49
01:Sweet Jane
02:Momma's Little Jewel
03:All The Young Dudes
04:Sucker
05:Jerkin' Crocus
06:One of the Boys
07:Soft Ground
08:Ready for Love/After Lights
09:Sea Diver
Bonus
10:One Of The Boys (demo)
11:Black Scorpio (demo of Momma's Little Jewel)
12:Ride On The Sun (demo of Sea Diver)
13:One Of The Boys (UK b-side)
14:All The Young Dudes (Hunter/Bowie vocal)
15:Sucker (live)
16:Sweet Jane (live)
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Mott - 1973 - 58:37
01:All The Way From Memphis
02:Whizz Kid
03:Hymn For The Dudes
04:Honaloochie Boogie
05:Violence
06:Drivin' Sister
07:Ballad of Mott (March 26th 1972 Zurich)
08:I'm A Cadillac/El Camino Doloroso
09:I Wish I Was Your Mother
10:Rose (non-LP b-side)
Bonus
11:Honaloochie Boogie (demo)
12:Nightmare (demo)
13:Drivin' Sister (live)
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The Hoople - 1974 - 68:57
01:The Golden Age of Rock N' Roll
02:Marionette
03:Alice
04:Crash Street Kidds
05:Born Late '58
06:Trudi's Song
07:Pearl N' Roy (England
08:Through The Looking Glass
09:Roll Away The Stone
Bonus
10:Where Do You All Come From?
11:Rest In Peace
12:Foxy Foxy
13:Saturday Gigs
14:The Saturday Kids
15:Lounge Lizzard
16:American Pie/Golden Age of Rock N' Roll (live)
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Drive On - 1975 - 42:47
01:By Tonight
02:Monte Carlo
03:She Does It
04:I'll Tell You Something
05:Stiff Upper Lip
06:Love Now
07:Apologies
08:The Great White Wail
09:Here We Are
10:It Takes One To Know One
11:I Can Show You How It Is
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Shouting And Pointing - 1976 - 43:11
01:Shouting And Pointing
02:Collision Course
03:Storm
04:Career (No Such Thing As Rock N' Roll)
05:Hold On, You're Crazy
06:See You Again
07:Too Short Arms (I Don't Care)
08:Broadside Outcasts
09:Good Times
Bonus
10:Too Short Arms (I Don't Care) [Eddie Kramer/Electric Lady Mix]
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Externe Links:
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