Es gab ein
Mott The Hoople-Leben vor "All The Young Dudes",
David Bowie und dem Glam Rock. Vier Longplayer veröffentlichte die britische Band von 1969 bis 1971, die allerdings wenig erfolgreich waren und deshalb fast zur Auflösung geführt hätten. Dabei hatte die Band eine Menge Fans, die ihre powergeladene Live-Performance liebten. Die Tour 1971 sollte die letzte vor dem Split werden. Dann kam
Bowie...
Von dieser Tour stammt der Mitschnitt aus Schweden, dem lt. Plattencover eigene Bänder des Bassers
Overend Watts zugrunde liegen. Er beinhaltet den zweiten Teil eines Konzertes in Stockholm, der erste ist demnach verschollen. Der größte Teil der sechs Songs stammt von den Alben "Wildlife" und "Mott The Hoople". Allerdings gibt es von eben jenem Gig vom 16.02.1971 bereits eine Package-Veröffentlichung zusammen mit Aufnahmen aus den USA von 1972 unter dem Titel
All the Way From Stockholm To Philadelphia auf CD (die bereits Kollege
Jürgen besprochen hat). Die Tracklist aus dem 'Konzerthuset' ist identisch und der Mitschnitt soll ursprünglich für einen Radio-Sender produziert worden sein. Jedenfalls wurden die Bänder für die Platte nochmals gemastert. Welche Soundunterschiede zur CD bestehen, kann ich nicht sagen, da ich sie nicht kenne.
Beim Hören der Songs glaubt man die Legende der hervorragenden Live-Band sofort.
Mott The Hoople waren zweifellos eine heiße R'n'R-Nummer in jenen Tagen, bevor sie mit
Bowie auf den Glam-Rock-Zug aufsprangen. Ähnlich wie bei
Humble Pie
oder den
Stones
ging das auf der Bühne ab und es ist wirklich schade, dass wir hier nur das halbe Konzert dokumentiert haben. Seite 1 beginnt mit dem
Mountain-Cover "Long Red", und sofort qualmt es aus allen Ritzen.
Mick Ralphs Gitarre, die der von
Leslie West in nichts nachsteht, dominiert das Klangbild.
Ian Hunters Stimme bleibt da deutlich im Hintergrund. Gut kommt auch die Hammond von
Verden Allen raus, die hier eindeutig ein Dudelsack-Motiv kopiert, das dann von
Ralphs übernommen wird. Vom Bass ist wenig zu hören, das Schlagzeug scheppert dagegen ordentlich. Bei "The Original Mixed-Up Kid", das einen deutlichen Einschlag von
The Band hat, ist der Sound deutlich ausgewogener. Der Titel unterscheidet sich merklich von allen anderen, was ihn umso reizvoller macht. "Walking With A Mountain" ist purer Rock'n'Roll mit satter
Chuck Berry
-Gitarrenarbeit. Und
Hunter erinnert einmal mehr an den Kollegen
Marriott. Seltsamerweise folgt dann noch auf dieser Seite die Ansage für den ersten Song der Rückseite "Laugh At Me".
Das ist der zweite langsamere, schon etwas theatralischere in der Setlist. Dem deutlich hörbaren Publikum hat's jedenfalls auch gefallen. "Thunderbuck Ram" mit
Hunters E-Piano als Aufhänger rockt wieder amtlich, allerdings wird nun der Sound etwas schlechter. Der Song zeigt auch die Verwandtschaft zu
Uriah Heep und
Deep Purple
- satter Hard Rock made in GB. Als nochmalige Steigerung und gleichzeitig Abschluss des Konzerts hauen
MTH Little Richards "Keep A Knockin'" auf die Bretter. Das kann sich als Finale absolut hören lassen! Siebeneinhalb Minuten kochender R'n'R mit einem Axeman
Ralphs, der die gesamt einschlägige Gitarrennomenklatur auffährt. Und
Hunter steht ihm nicht nach, die beiden waren wirklich ein starkes Front-Duo mit einer Truppe im Rücken, die den Kessel zum Platzen brachte. Bei dem Konzert wär ich auch gern dabei gewesen!
Wie gesagt, klanglich gibt es natürlich Abstriche. Keine Ahnung, wie damals die Aufnahmemöglichkeiten des schwedischen Rundfunks waren, das Ergebnis ist jedoch in Ordnung. Gut, dass die Bänder jetzt nochmals hervorgekramt wurden, der Mitschnitt zeigt die Live-Qualitäten einer Band, die eigentlich in der Rück-Sicht einem ganz anderen Genre zugeordnet wird. Die Vinyl-Freaks haben hier jedenfalls ein weiteres Schmankerl aus alten Tagen für den heutigen Plattenteller (in 230-Gramm-Qualität!). Und das Psychedelic Cover ist obendrein ein Hingucker.