In der zweiten Hälfte der sechziger Jahre hatte der Produzent und Impressario Guy Stevens große Pläne. Er entdeckte Procol Harum und produzierte das Demo des Songs "A Whiter Shade Of Pale". Er war sich sicher, damit ein Juwel in den Händen zu halten und... feierte ein bisschen zu viel, wurde wegen Drogenbesitzes erstmal für Monate eingebuchtet und der Über-Hit des Jahres 1967 wurde ohne sein Zutun im Studio aufgenommen und auf den Markt geworfen. Da kann es schon mal passieren, dass man aus seinem Herzen eine Mördergrube macht...
Wieder auf freiem Fuß machte er sich allerdings sofort auf die Suche nach einer neuen Combo, mit der er den großen Durchbruch erreichen konnte. Er traf auf ein Quintett mit sehr viel Enthusiasmus, das seinen Stil aber noch nicht gefunden zu haben schien. Seine erste Amtshandlung bestand darin, die Band Mott The Hoople zu taufen und der zweite, den eigentlichen Sänger zum Roadie zu degradieren und dafür einen gewissen Ian Hunter einzustellen. Mott The Hoople entwickelten sich durch ihre mitreißenden Live-Shows zu einem wahren Publikum-Magneten und nahmen in den ersten zwei Jahren ihres Bestehens vier Studioalben auf, die alle von Stevens produziert und teilweise auch gelenkt wurden.
Das (ziemlich hässliche) Haar in der Suppe war allerdings, dass die Band zwar immer größere Hallen ausverkaufte, sich aber scheinbar niemand für ihre Alben interessierte. Die Absatzzahlen waren mies, denn es wollte einfach kein Hit gelingen. Die Musiker gaben schließlich auf und die Gruppe bestand eigentlich schon gar nicht mehr, als plötzlich David Bowie ins Spiel kam, sie zum Weitermachen überredete und ihnen auch noch einen Song schenkte.
Ja, und da war er dann, der große Hit, namentlich "All The Young Dudes" (1972). Doch bereits nach dem dazugehörigen (ebenso genannten) Album und langem Touren fing die Band an, auseinanderzufallen. Es gab noch ein paar weitere starke Scheiben (eigentlich waren die alle richtig gut, auch die ersten vier!!), aber irgendwann im Jahr 1974 war der Ofen dann aus, als Ian Hunter (gemeinsam mit dem damaligen Gitarristen Mick Ronson, Ex-David Bowie) die Band verließ.
So weit die Kurz-Zusammenfassung dieser immer schon schmerzlich unterschätzten Band (Original-Gitarrist Mick Ralphs gründete 1973 übrigens mit Paul Rodgers die Abräumer Bad Company). Im ersten Teil dieser DVD wird stark auf (den Hellraiser) Guy Stevens und seinen Einfluss auf die Band eingegangen, immer wieder unterlegt mit leider selten befriedigend laufenden Bildern. Auf der anderen Seite ist es fast schon eine Sensation, dass es überhaupt Filmausschnitte der Band um 1970 herum gibt, gemessen an dem Status, den die fünf Rocker damals inne hatten.
Das Bildmaterial wird natürlich mit fortschreitender Zeit wesentlich besser und was ebenfalls ein deutlicher Pluspunkt dieses Films ist es, dass fast alle Bandmitglieder zu Wort kommen. Wie es oft so ist, bleibt diesen heute mit dem Vorteil des zeitlichen Abstands oft nur ein Schulterzucken übrig, was gewisse damals getroffene Entscheidungen angeht.
Aber das ist alles schon sehr interessant und kurzweilig gemacht. Ich für meinen Teil habe auf jeden Fall noch so einiges Neues erfahren dürfen und der Titel der DVD, "The Ballad Of Mott" (auch ein Songtitel der Band) hätte treffender nicht sein können. Wir haben es hier einmal nicht mit dem grandiosen Durchbruch von späteren Weltstars zu tun, sondern 'lediglich' mit einer Hand voll anfangs zusammengeschweißter, enthusiastischer Musiker, die zuerst am Misserfolg verzweifeln und danach am kurzfristigen Erfolg zerbrechen.
Es sollte wohl nicht sein, aber - und ich wiederhole mich gern - die History von Mott The Hoople ist schon ziemlich einzigartig und hochinteressant. Und bei Songs der Größenordnung "All The Way From Memphis", "At The Crossroads", "I Wish I Was Your Mother", "Honaloochie Boogie" etc. pp. (ich könnte noch zwanzig weitere aufzählen) kann man im Nachhinein tatsächlich nur den Kopf schütteln, dass den Briten zeit ihres Bestehens nicht mehr vergönnt war.
Ach ja, nur der Vollständigkeit halber: Die Band existierte nach Ian Hunters Ausstieg noch etwa sechs Jahre lang und brachte in unterschiedlichen Besetzungen jeweils zwei Alben unter den Namen Mott und British Lions heraus.
Noch mal als Fazit in Stichworten: Hochinteressant, die ganz alten Film-Aufnahmen in nicht immer erfreulicher Qualität (wie auch?), informative und spannende Interviews mit vielen Bandmitgliedern, somit ein Garant für über 100 Minuten sehr kurzweilige Unterhaltung. Und wenn es nur dazu gut ist, die Musik dieser Band noch einmal für sich zu entdecken und vielleicht lange Vergessenes wieder aufzufrischen.
Anmerkung: Auf meiner Promo-DVD war leider keinerlei Bonus-Material enthalten, sodass ich dazu (außer den Titeln in der Tracklist) leider nichts berichten kann.
Line-up (komplett aus allen Jahren bis einschließlich 1974):
Ian Hunter (lead vocals, guitars, piano)
Mick Ralphs (guitars)
Overend Watts (bass)
Verden Allen (keyboards)
Dale 'Buffin' Griffin (drums)
Luther Grosvenor aka Ariel Bender (guitars)
Mick Ronson (guitars)
Morgan Fisher (keyboards)
Mick Bolton (keyboards)
Tracklist |
01:The Ballad Of Mott The Hoople (Documentary)
02:2009 Hammersmith Appollo Reunion Show
03:All The Way To Memphis - The Graceland Visit (Interview)
04:Kris Needs Interview
05:Mick Jones (The Clash) Interview
06:Verden Allen - A Tour Around Mott's Old London Landmarks
07:Interview with Ariel Bender, Morgan Fisher & 'Buffin'
08:Phil & Richie (Mott The Hoople Roadies)
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