The Movements / The World, The Flesh And The Devil
The World, The Flesh And The Devil Spielzeit: 41:34
Medium: CD
Label: Alleycat Records (Soulfood), 2009
Stil: Psychedelic Rock

Review vom 26.04.2009


Markus Kerren
Dass im Leben eines Musikers eigentlich alles in Bewegung bleiben und jedes Tor offen stehen muss, dazu sämtliche Auf und Abs ohne jedes Wenn und Aber mitgenommen werden müssen, definiert eigentlich das Selbstverständnis eines jeden Künstlers. So heftig, wie es bei dem schwedischen Quintett The Movements zuging, war das dann aber doch noch mal etwas aus der Reihe und zwar in dem Extrem, dass es allen Beteiligten zu recht Angst und Bange wurde. Dabei war der Anfang für die fünf blutjungen Skandinavier eigentlich fast so etwas wie ein Märchen.
Nach der Bandgründung und der EP "Drag Me Up" (2004) erscheint im Folgejahr das erste Album Grain Of Oats, das nicht nur von unserem hoch geschätzten (Ex-) Kollegen Olaf 'Olli" Oetken abgefeiert wird, sondern auch insgesamt hervorragende Kritiken bekommt.
Dann der Schock! Unmittelbar vor der anstehenden und so wichtigen Tour zum Album wird bei Sänger David Henricksson Lymphdrüsenkrebs festgestellt. Man braucht wohl nicht weiter zu erwähnen, wie sehr die Stimmung im gesamten Umfeld umgeschlagen sein muss. Aber Henricksson kämpfte nicht nur und besiegte die Krankheit, er schrieb während den langwierigen Krankenhaus-Aufenthalten sogar noch Material für ein neues Album und kehrte schließlich zur Band zurück.
Nun liegt also endlich die zweite Langrille mit dem ominösen Namen "The World, The Flesh And The Devil" vor. Und eines muss man gleich vorne weg lobend erwähnen: Was The Movements mit den hier enthaltenen elf Tracks vorlegen, hat aber so was von überhaupt nichts mit Selbstmitleid oder pseudo-philosophischen Gedanken über den Sinn des Lebens zu tun. Nicht, dass man es ihnen hätte übel nehmen können. Vielmehr geht die Band voll in die Offensive, rockt sich lieber die Seele aus dem Leib und erfreut sich am Leben. Ein zweiter Fakt ist, dass, obwohl im Promo-Zettel festgehalten ist, dass es hier wesentlich härter zugeht, man die Grundauslegung und den Stil des Debütalbums beibehalten hat.
Frisch und frei knallt uns direkt der Opener "How Long Is Too Long" um die Ohren. Unbekümmertes Riffing, ein Getriebener an der Schießbude und Henricksson, der singt und schreit, als hätte er gerade… ja, ein neues Leben gewonnen. Zu den kultigen, sehr melodiösen Rockern gesellt sich grundsätzlich auch eine kräftige Prise Psychedelic und ein nicht ignorierbares 60's-Feeling. Diese Truppe hat tatsächlich einen Charme, dem man sich kaum erwehren kann. Selbstverständlich wird es zwischendurch auch mal etwas ruhiger und nachdenklicher wie bei dem mit gesundem Doors-Feeling (zur "Strange Days"-Phase) ausgestatteten "The Fun Ain't For Free", was aber nur zur Vielseitigkeit dieser Scheibe beiträgt.
Ein wesentlicher Bestandteil, der dieses Album so großartig macht, ist, dass die Band über wahnsinnig viel Gefühl verfügt, ohne aber in die bereits erwähnte Jammerei zu verfallen. Und diese Emotionalität kann man nicht nur am Gesang ausmachen, sondern sie steckt auch in den Gitarren, dem groovig-federnden Bass, den geschmackvollen Drum-Breaks und auch den clever eingesetzten Blas-Instrumenten. Auch die in der Rock Musik eher ungeliebten Streicher bereichern hier eher, als dass sie störend wirken würden.
Bei "Tranquilizing" kocht die Anlage vor Hawkwind-Keyboards und Rolling Stones-Saxophon (zu "Sticky Fingers"/'Exile On Main Street"-Zeiten) so dermaßen, dass ich fast umgehend in Versuchung gerate, mir den nicht vorhandenen Louisiana-Sumpf-Schweiß vom Körper zu duschen.
Man kann es drehen und wenden wie man will, es gibt keinen schwachen Song auf "The World, The Flesh And The Devil"! Sicherlich muss man zumindest einen Faible für die Sechziger, abgespacete Keyboards, sehr melodiöse und fast schon poppige Gesangsmelodien (die sehr gerne aber auch immer wieder von ekstatischen Rock Vocals unterwandert werden) haben. Wer damit nichts anfangen kann, der sollte auch die Finger von The Movements lassen. Der allgemeine Rock-Fan kann bei diesem Album aber wirklich überhaupt nichts falsch machen und zugreifen. Von dem her eine dicke Empfehlung!!
Die Musik von The Movements ist ansteckend! Wenn man sich als Band ganz bewusst dazu entscheidet, diese Stil-Art der Rock-Musik zu zelebrieren, dann kommt man natürlich nicht daran vorbei, dass man immer wieder mal das eine oder andere Zitat von den Helden der Vergangenheit mit im Programm hat. Aber The Movements haben das hier so toll verpackt, arrangiert und komponiert, dass man statt zu gähnen das Album immer und immer wieder hören möchte. Großes Kompliment!! Bleibt zu hoffen, dass die Schweden in Zukunft von weiteren Schicksals-Schlägen verschont bleiben und jetzt endlich den Siegeszug antreten können, den sie vor vier Jahren noch auf unbestimmte Zeit verschieben mussten.
Line-up:
David Henriksson (vocals)
Daniel Eriksson (bass)
Thomas Sundberg (drums, zither, backing vocals)
Gustaf Gimstedt (organ, piano, synthesizer, backing vocals)
Christian Johansson (guitars, synthesizer, saxophone, tambourines, backing vocals)

Additional musicians:
Tove Lindeborg (cello)
Karin Hagström (violin, backing vocals)
Nadja Janlert (violin)
Maria Jonsson (viola)
Peter Kubik (cornett)
Christina Borg (horn)
Björn Olsson (backing vocals)
Tracklist
01:How Long Is Too Long
02:Underdog
03:Approximately 24 Hours
04:Misunderstood
05:The Fun Ain't For Free
06:Tranquilizing View
07:Save Me
08:I Am You
09:No Such Thing
10:Grains Of Oats
11:Going To Your House
Externe Links: