Spielzeit: 53:51 (CD 1), 54:36 (CD 2) Medium: Do-CD Label: Shout Factory, 2006 Stil: Southern Rock Review vom 12.09.2006 János Wolfart

»We love playing Long Island, New York«, sagt Tommy Caldwell, der Leader der Marshall Tucker Band (MTB) nach dem fulminanten Auftakt mit "Running Like The Wind" - was für Duelle zwischen Eubanks' Flöte, Toy Caldwells Gitarre und Tommys pumpendem Bass, dazu noch der dramatische Gesang von Doug Gray - und ihm schallt der frenetische Jubel von tausenden Fans im Nassau Coliseum entgegen. Wer sich darüber noch nicht im Klaren war: Southern Rock war und ist im Nordosten der USA genauso beliebt, wenn nicht gar populärer als im Süden selbst! Ich würde drauf wetten, dass die legendäre MTB nicht zum ersten Mal dort spielte.

Aber leider zum allerletzten Mal überhaupt traten sie in Originalbesetzung (s. Line-up) auf, denn am Tag nach dem Konzert verunglückte Basser Tommy Caldwell, wenige Tage später starb er. So legen diese beiden CDs Zeugnis von der musikalischen Größe der MTB ab. Der wohlinformierte Fan wird einwerfen, dass mit "Stompin' Room Only" bereits Live-Aufnahmen aus der glorreichen Zeit der Gruppe erhältlich seien. Aber - ein komplettes Konzert mit Ansagen, mit solchen Fans und einem frischen Jam-Feeling? Das alles bietet "Live On Long Island" und ist folglich etwas ganz Besonderes!

Etwas Besonderes war auch die musikalische Mixtur der MTB: Blues, Country, Rock, Jazz, Pop - das alles spielte diese vielseitige Band. Wie übermächtig sie waren, verdeutlichen auch die interessanten Live-Versionen der Songs vom damals aktuellen, eher schwächeren Album "Tenth": Besonders "Cattle Drive" und der für MTB-Verhältnisse harte "Sing My Blues" begeistern. Ein Erlebnis ist das jazzige Drumming von Paul Riddle (genial auf "The Last Of The Singing Cowboys"), das kristallklar durchkommt.

Dann haben wir noch den einzigartigen Toy C. (1948-1993), der nur mit seinem Daumen die Gitarre zupfte - und wie er das tat! Er scheint über die gesamte Zeit unter Starkstrom zu stehen, nichts ist von der Routine von über 7 Jahren non-stop Touren zu spüren, bei keinem der Bandmitglieder. Die MTB brennt ab Track 6 der ersten CD ein Best-Of-Feuerwerk ab, als wären sie dabei, die Rockwelt zu erobern. Diese Einstellung ist der Band sicherlich hoch anzurechnen, denn einige dieser Songs wurden damals etwa zum 3000. mal gespielt. Wie z.B. eine der MTB-Hymnen schlechthin, "Take The Highway" - der umwerfende Break bei 1:40 bleibt auch nach dem millionsten Hören großartig, so auch die groovige Querflöten-Arbeit von Eubanks - wer braucht noch Ian Anderson? "Heard It In A Love Song" (der größte Hit der Band) und der Live-Favorit "Ramblin'" (das geht wie immer ab!!) beschließen CD 1.

Dann wird die Pedal Steel ("Fire On The Mountain") ausgepackt und es geht weiter mit dem Country-Lovesong "In My Own Way"; die bluesig-soulige Stimme von Doug Gray bildet einen schönen Kontrast dazu und es wird wie immer gejammt. Western-Swing gibt es auf "Desert Skies" und es groovt durch den kräftigen Bass von Tommy C. wie die Hölle. Hier darf Jerry E. sein Saxophon, wie auch bei "24 Hours At A Time", wieder einsetzen. Die Version des letztgenannten Stücks ist herausragend - Toy und Tommy schon wieder überirdisch - und unterscheidet sich von den anderen bekannten Versionen. Danach folgen 3 Zugaben: "Can't You See" (vielleicht der MTB-Song schlechthin), "Searchin' For A Rainbow" und "This Ol' Cowboy", mein Alltime-Favorit von der Gruppe.

Das ist ein Pflichtkauf für alle MTB-, nein, Southern-, nein, Rockfans. Was red ich bloß - dies ist etwas für alle Musikfreunde, die auf ehrliche, handgemachte Musik mit Herzblut stehen, auch gut geeignet für Einsteiger!

Line-up:
Tommy Caldwell (Bass, Bg Vocals)
Toy Caldwell (Lead Guitar, Lead Vocals, Pedal Steel)
Jerry Eubanks (Flute, Saxophone, Keyboards, Background Vocals)
Doug Gray (Lead and Background Vocals, Percussion)
George McCorkle (Rhythm Guitar, Background Vocals)
Paul Riddle (Drums)