Robert Neuber aka Mucha Gueva serviert uns auf seinem ersten Album harte Kost. Wer meint, schon alles gehört zu haben, hat definitiv noch keine Bekanntschaft mit vorliegender Platte gemacht. Bei diesem Künstler ist es lohnenswert, auch etwas über seine Vita zu erfahren.
1966 in Deutschland geboren wuchs Neuber in Kolumbien auf und seine ersten musikalischen Kontakte waren AC/DC, Clash, The Damned, Devo, Ian Dury, Dr. Feelgood, Eddie & The Hot Rods, die Rolling Stones, The Sex Pistols, The Stranglers sowie The Vibrators.
Zurück in Deutschland favorisierte Neuber die New Wave of British Heavy Metal mit Iron Maiden, Judas Priest, Motörhead und Saxon. Mucha Guevas innigster Wunsch, Musik zu machen kollabierte durch seine sinkenden Leistungen in der Schule. Die Eltern strichen die Schüler-Band, in der er Sänger war und quasi aus Verzweiflung stahl er eine E-Gitarre, wurde allerdings überführt. Mit fünfzehn Jahren verpisste er sich in Richtung Frankreich, wo er von der Polizei an der Cote d'Azur aufgeschnappt und bei seinen Eltern wieder abgegeben wurde. Schlimmer noch flog er von der Penne, besuchte allerdings mit Sondergenehmigung ein privat geführtes Gymnasium und machte schließlich ein hervorragendes Abitur. Auf der anderen Seite ging auch was ... Bands, Live-Auftritte und die Begeisterung für Metal à la Manowar, Metallica, aber auch Mötley Crüe, Twisted Sister oder Van Halen. Neuber studierte, arbeitet als Redakteur bei einer Tageszeitung, spielt in der erfolgreichen Cover-Band Gear Down. Seine Vorlieben werden durch James Brown, Funkadelics, Les Rita Mitsouko ( Catherine Ringer/ Frédéric Chichin), Queens Of The Stone Age und System Of A Down abgerundet.
Nun steht Mucha Gueva mit seiner ersten CD in den Startlöchern. Alles, was wir in den einundzwanzig Songs hören, wurde von ihm eingespielt, nur »das Schlagzeug wurde aus Zeit- und Lärmgründen programmiert, ihm wurde mit handgespielter Perkussion ein natürlicher Klang verpasst.« Selbstredend hat Mucha Gueva auch alle Nummern komponiert und singt in vier Sprachen: Deutsch, Englisch, Spanisch sowie Französisch.
Textlich klagt Mucha Gueva an, hält den Finger in Wunden und hat durchaus auch ein Augenzwinkern im Gesichtsausdruck. Bei den bereits weiter oben genannten musikalischen Interessen, kennt der Alleinunterhalter keine Grenzen. Hier muss der Hörer mit allem rechnen und wird nicht enttäuscht. Dieses Album ist anders. Dieses Album ist eine kulturelle Rebellion in Bytes und Bits. Mucha Gueva hat den Funk, Punk, Rock'n'Roll, Metal, Hard Rock, Ska und Blues zu einem Schmelztiegel an Klängen gemischt.
Diese Platte ist die Eintrittskarte für eine Achterbahn, die noch gar nicht gebaut wurde. Bei Mucha Gueva stellt sich nicht die Frage nach einem vorherrschenden Stil. Mucha Gueva ist wie der Teufel hinter der armen Seele her und in seiner individuellen Musik stecken eineinhalb Kilo Seele. Wörtlich übersetzt heißt 'mucha gueva' 'viel Eier' und in Kolumbien ist es ein Begriff für 'Schlappschwanz'.
Mucha Gueva ist aufsässig, begeisternd und unkalkulierbar. Unmittelbar neben eingespielten Zither-Melodien à la "Der dritte Mann" steht in "Escarabajo" der Punk. Das folgende Instrumental "Keep Your Shit Away From Me, Mother, I'm Playin Guitar" symbolisiert melodische Eigenständigkeit auf Samtpfoten, es entsteht Begeisterung durch Einfachheit. Herrlich!
Den Funk findet man öfter auf der Platte, zum Beispiel in "Little Cigarette Baby" und diese Nummer ist als mahnender Zeigefinger gegen das Rauchen zu sehen. Auch gesanglich ist Mucha Gueva mit allen Wassern gewaschen. Da gibt es nichts zu meckern. Der Musiker ist nicht nur an seinen eingesetzten Gitarren, Bässen und Percussion ein Meister. Die tiefen Bass-Töne bringen die Luftmoleküle in Schwingungen und selbst Skat- sowie Rap-Gesang hat der Mann drauf.
Nach den ersten Tracks wirkt die Musik obskur. Mucha Gueva zieht durch seine Heterogenität an den Nervensträngen des Hörers. Doch die Synapsen werden zu überdimensionalen, stabilen Brücken und die Songs sorgen für große Begeisterung. Berlusconi ist weg vom Fenster, doch als "Bunga Bunga Party Macho Man" lebt er ewig weiter und Der Moderne Man tanzt sich einen Wulff.
Nichts ist unmöglich... Mucha Gueva... "En Vogue" ist abgedrehte Heftigkeit mit einem bis zur Ölwanne durchgetretenen Gaspedal. Für das aufmüpfige, heftig rockende Funk-Stück "Oper Blablabla" rufe ich zu einer Straßen-Demonstration auf und bei "Menschenfeind" wird das Licht ausgeknipst. Düstere Metal-Riffs treffen auf Heavy-Groove.
Mucha Gueva macht den Hörer narrisch und süchtig. Mucha Guevas einundzwanzig Kompositionen sind eine auditive Droge, ein fast einstündiger Trip ins Ungewisse, aber der Künstler reicht einem vertraulich seine Hand als Anker der Stabilität. Das Jahr ist noch jung, allerdings habe ich diese Scheibe bereits für die Auswahl des besten Albums 2012 in fetten Lettern notiert. Vielleicht kommt ja noch eine weitere Mucha Gueva-Platte auf die Liste, denn es wird eine weitere CD angekündigt. Dazu gibt es bereits eine Promo, die bei RockTimes selbstverständlich auch rezensiert wird.
Line-up:
Robert Neuber (vocals, guitar, bass, percussion)
Tracklist |
01:Maricòn (1:12)
02:The All German Bobo Boy (3:26)
03:Bunga Bunga Party Mucho Macho Man (2:49)
04:Die Welt ist schlecht (3:39)
05:En Vogue (2:18)
06:No Sister Would Not Shoot Me Lame (3:27)
07:Escarabajo (2:58)
08:Escarabajo (2:25)
09:Keep Yer Shit Away From Me, Mother, I'm Playin Guitar (2:15)
10:Holy Nation (3:49)
11:Holy Nation (0:55)
12:Wintersonnenblei (2:14)
13:Little Cigarette Baby (3:32)
14:Written In The Sand (4:09)
15:Water (4:33)
16:Hollywood Bullshitto (3:50)
17:Gleich auf's Maul (2:57)
18:Opera Blablabla (2:58)
19:Menschenfeind (2:36)
20:Sons (0:55)
21:Sons (1:44)
(Musik und Worte Robert Neuber)
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Externe Links:
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