Murder Bay / Never Was An Angel
Never Was An Angel Spielzeit: 54:04
Medium: CD
Label: Eönian Records, 2012 (1990/1991)
Stil: Heavy Rock


Review vom 05.04.2012


Boris Theobald
'Hey, die klingen ja richtig krass authentisch wie früher!'... dachte ich mir, als ich noch nicht wusste, dass sie von früher sind.
'Mannomann - dafür, dass die Mucke von früher ist, ist der Sound aber richtig schön frisch und krachend!'... denke ich mir jetzt, wo ich's weiß.
Tatsächlich sind Murder Bay eine Spätachtziger-/Frühneunziger-Truppe, die uns das aufs Ausgraben alter Schätze spezialisierte Label Eönian Records auf den Plattenteller liefert. Und hier haben die Audio-Archäologen wirklich ein feines Öhrchen bewiesen!
Murder Bay, offenkundig benannt nach ihrer Heimatregion, der San Francisco Bay in Kalifornien, machen einen quicklebendigen supermelodischen Hard Rock mit akustischer Poserei, mit Glam-Faktor und mit Haarspray. Regional scheinen sie sich ihrerzeit auch ein gewisses Renommee aufgebaut zu haben, doch zum Major Deal hat es - warum auch immer - nie gelangt; bzw. dann kam der Grunge. Alte Geschichte ... Auch ohne großes Label veröffentlichten Murder Bay ein Demo - die sechs Stücke sind hier remastert enthalten, und darüber hinaus sieben bislang unveröffentlichte 'Good Ole Time'-Schätzchen.
Und alle klingen sie nach Fönfrisur, Gitarre und Testosteron. Aber, ganz wichtig, die Musik ist nicht platt und handwerklich wirklich äußerst lecker. "Land Of Plenty" und "Dirty Work" sind extrem antreibende Riff-Ungeheuer mit mächtig Rock'n'Roll-Attitüde im Stile Skid Rows oder Poisons. Mit viel Feuer und immer markant und auffällig groovt die Rhythmussektion durch die Takte, während die Sologitarre schreit und stöhnt und frickelt. Paul Trombetta ist eine formidable Frontröhre, und seine Lead Vocals bekommen in ganz und gar stilechten Call-And-Response-Parts immer mal wieder Unterstützung der ebenfalls stimmgewaltigen Kollegen.
So viel zur Vollgasfraktion. Und dann gibt's die Songs, die sind so cool, da kannst du vor lauter Poseritis nimmer richtig laufen. "Honey Child" und "What's Good For You": Wow, pumpen da die Bässe. Die Songs haben einen bluesig-funkigen Touch; da kriegen auch Fans von Mr. Big oder Extreme ganz, ganz spitze Lauscher. Und bei "Simple Man" lassen sogar Badlands grüßen - eine klasse, sehnsuchtsvolle aber unkitschige Ballade mit dem Flair des einsam nachts durch die Straßen Streifens. »Sorry for the way I loved you...« Ich sehe das nicht vorhandene MTV-Musikvideo vor dem inneren Auge. Es steigert sich, es ist einfach richtig, richtig gut!
Am Start sind außerdem ein paar hymnisch-melodiöse Nummern wie "Outta Line" (»Oh oh, it's not the way we planned it...« - da singt du gleich mit!) und "Never Was An Angel", die ohne Zweifel das Potenzial zum Radiohit gehabt hätten. Und natürlich mein persönlicher Favorit "Keep Me In Mind" mit diesem vor Kraft strotzenden, megaoptimistischen High Heels-Anbeter-Refrain, den Paul Trombetta fast gar nicht mehr singt, sondern komplett durchschreit. Lässig-raffiniertes Sonnenbrillen-Solo. Knallende Drums, überhaupt kein Keyboard-Kleister. Prächtiger Sound. Und - jaaaa! - die Cowbell. Heavy-Herz, was willst du mehr?
Nur, warum haben Murder Bay nie auf der ganz großen medialen Bühne gespielt? »Murder Bay was one of the top unsigned rock bands of the late 80's and early 90's«, heißt es im Promotext der Plattenfirma. Und in dieser schrägen Formulierung steckt ja schon ein seltsames Absurdum drin. 'Top unsigned'? Also bärenstark, aber zweite Liga? Nein, zweitklassig sind oder waren Murder Bay nicht. Aber allein die Zahl der anderen Bandnamen in diesem Review - und es könnten noch andere wie Def Leppard, Nelson, Cinderella oder dazu - zeigen schon das Problem: Bei dem großen Angebot damals konnte nicht jeder ganz oben sein. Weniger verdient als die 'Großen' hätten Murder Bay es aber nicht gehabt!
Line-up:
John Link (drums, vocals)
Bobby Reid (bass, vocals)
Paul Trombetta (lead vocals)
Michael Karafilis (guitar, vocals)
Tracklist
CD:
01:Land Of Plenty (3:58)
02:Honey Child (3:43)
03:Outta Line (4:13)
04:Ultraglide (4:26)
05:Simple Man (6:23)
06:Dirty Work (3:05)
07:Never Was An Angel (3:55)
08:What's Good For You (3:22)
09:Long Time Comin' (3:15)
10:Keep Me In Mind (4:05)
11:Got No Business (4:31)
12:Around Again (4:50)
13:Song? (4:18)
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