Was gesagt werden muss, das muss gesagt werden - und manchmal geht das eben nur mit der passenden Ansprechhaltung. Die Finnen von MyGrain musizieren auf ihrem nunmehr vierten Studioalbum "Planetary Breathing" über ... nennen wir es mal: eine Art dunkle Sci-Fi-Apokalypse. Schon das Plattencover tätigt eine gewisse optische Aussage und würde perfekt als Kinoplakat durchgehen. Klar, wie der musikalische Inhalt da zu sein hat: Hart und düster!
Deshalb ist Frontmann Tommy auch kein sensibles Goldkehlchen, sondern ein echtes Tier. Die Vocals bei MyGrain sind eine wilde Mischung aus Shouts und Growls, aber auch Klargesang. Das funktioniert schließlich auch bei Soilwork, In Flames oder Amorphis. Ähnlich 'böse' können auch MyGrain, wobei Tommy selbst in heftigsten Momenten nie 'gallig' klingt, sondern ... sagen wir: fuchsteufelswütend.
Somit kommen einem beim Stilvergleich neben Melodic Death-Einflüssen auch - vielleicht sogar noch eher (die Meinungen werden verschieden sein) - Bands wie Morgana Lefay oder Communic in den Sinn. Doch auch bzw. gerade die cleanen Passagen sind mitunter die, die am meisten hervorstechen - es handelt sich dabei oft um die Refrains, und die offenbaren ein weiteres Markenzeichen der Band: Fesselnde Hymnen, krass gute Melodien!
Derart geölte Melodik mit so schmetternder Härte vorgetragen, das machen MyGrain ganz hervorragend. Technisch sind sie zudem über alle Zweifel erhaben. Der Schlagzeuger hat sich bestimmt nicht zufällig DJ Locomotive genannt. Vielleicht waren es auch tatsächlich seine Eltern, die ihm den Namen verpasst haben - dann wären sie seinerzeit aber ziemlich (gut) drauf gewesen. Sein Hochgeschwindigkeitsdoppelbass lässt jedenfalls jedem Drumcomputer vor Neid die Schaltkreise durchbrennen.
Er und seine Kollegen der Rhythmussektion machen ein enormes Gewitter. Die Speed-Parts werden geschickt von Passagen im schleppenden Mid-Tempo unterbrochen - und sofort wird die kinetische Energie ins Monumentale umgeschichtet. MyGrain sind also immer voller berstender Energie. Entweder wird nach vorn gepeitscht oder 'in die Höhe' gebaut. Die vielseitige rhythmische Finesse plus die atmosphärischen Chorusse dürften auch Fans von Evergrey überzeugen!
... und schon sind wir im Bereich Progressive Metal. Jawohl, diese Finnen haben auch einen Prog-Einschlag - mal mehr, wie im vielschichtigen "Ghost In Me", mal weniger, wie in einem wütenden Auslöscher der Marke "Waking Up The Damned". Aber auch da gilt: Nie blindwütig durch die Wand - nein, es wird immer ausgesprochen fein mit Breaks, Wechseln und Double-Bass-Salven gearbeitet. So lässt der Druck nicht nach und Drives bleiben spannend und interessant.
Eine weitere Prog-Zutat sind die Klänge von Keyboarderin Eve. Hier und da dramatisiert sie in epischen Momenten mit ihren Synthie-Teppichen - aber nicht nur, das wäre zu billig. "Ambivalentine", "Rats In The Cradle" und "Mechanimal Instinct" erzeugen ihre Anziehungskraft auch durch Eves mystisch-spacige Keyboard-Hooklines, die während der Refrains ihre Runden im prächtig produzierten Klangkonglomerat drehen. Stil und Sound haben was von den schwedischen Proggern Andromeda.
Anspieltipps auf "Planetary Breathing" sind "Ambivalence", "Black Light Supernova" und der Titeltrack - das sind Bespiele dafür, wie aus einer Ansammlung von großartigen Melodien einige sogar herausragen können. Auch "The Final Skyline" ist ein fettes Pfund; die Nummer hat so etwas Episch-Dramatisch-Endzeitliches. Schwach ist dagegen gar nix auf dieser Powerrille. Wer es also gern technisch ausdifferenziert und melodisch hochelaboriert rüde rumpeln lassen will, der sollte spätestens mit dem 'Planetenatmer' unbedingt MyGrain haben wollen müssen - klasse Platte!
Line-up:
Tommy (vocals)
Resistor (guitar)
Mr. Downhill (lead guitar)
Eve (keyboards)
Yonas (bass)
DJ Locomotive (drums)
Tracklist |
01:Incantation (1:04)
02:Waking Up The Damned (4:36)
03:Ambivalentine (5:42)
04:Black Light Supernova (6:14)
05:Dreamscape (6:09)
06:Rats In The Cradle (5:37)
07:The Ghost In Me (5:54)
08:Mechanimal Instinct (5:20)
09:The Final Skyline (6:22)
10:Planetary Breathing (6:37)
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