Wenn man heute an Frauen im Metal-Genre denkt, kommen einem unweigerlich Damen wie z.B. Tarja Turunen (Ex- Nightwish), Floor Jansen ( After Forever), Vibeke Stene (Ex- Tristania), Sharon den Adel ( Within Temptation) oder Sabine Edelsbacher ( Edenbridge) in den Sinn. Die weibliche Singstimme in Verbindung mit harten Gitarrenriffs tritt im Zuge von derzeit beliebten Genres wie Gothic- und Opern-Metal also eher einseitig auf. Mehr am traditionellen Heavy Metal oder Hard Rock orientierte Sängerinnen gibt es heute dagegen nur wenige.
Alle Anhänger des traditionell metallischen Frauengesangs sollten jetzt aber besonders die Ohren spitzen, denn in Gestalt von Korry Schadwell tritt endlich eine frische, kraftvolle Stimme auf den Plan, die es in sich hat. Die Dame ist Frontröhre bei den deutschen Metallern The Mystery. Und obgleich es die Formation schon seit 1996 gibt, ist das mir vorliegende, "Soulcatcher" betitelte Langeisen das erste Album, das von dieser großartigen Stimme eingesungen wurde. Das Debütalbum "Scars" aus dem Jahr 2005 (ihm gingen zwei eigenproduzierte Demo-Alben voraus) wies zwar mit Denise Olbrich auch schon eine Frau am Mikro auf, doch tauschte die Band beim aktuellen Werk die Frontfrau aus. Da ich den Vorgänger nie gehört habe, kann ich somit keinen Vergleich zwischen den beiden Sängerinnen ziehen. Was ich aber sagen muss, ist, dass Korry Schadwell (übrigens seit Ende 2006 in der Band) einen unglaublichen Beitrag leistet!
Ihre Stimme kann herrlich rau und ungehobelt klingen, weist in den ruhigeren Momenten aber erfreulich warme Nuancen auf. Generell klingt sie sehr druckvoll und immer hochmelodiös. In den härteren Momenten von "Soulcatcher" (und davon gibt es natürlich einige) spielt sie ihre leicht Reibeisen-lastige Stimme voll aus. Gefällt mir wirklich sehr gut, dieser Gesang!
Musikalisch spielen The Mystery klassischen, im Hardrock verwurzelten Heavy Metal, der seine Wurzeln in den 1980er Jahren hat - »kerniger Metal mit Rock-Feeling«, wie es das Infoblatt so treffend formuliert. Das trifft es wirklich ziemlich genau, und ich lasse es deshalb einfach mal so stehen. Der Vierer zieht sein Ding gnadenlos durch, biedert sich dabei keinen aktuellen Trendströmungen an und vermittelt die traditionellen Werte des Heavy Metal. Die 15-Song-starke-Scheibe wird dabei niemals langweilig, sondern kann durch ihr vielfältiges Programm aus Uptempo-Nummern, stampfenden Stücken im mittleren Tempobereich sowie emotionalen (Halb-) Balladen auf ganzer Linie überzeugen. Die druckvolle Produktion lässt das Material dabei in einem amtlichen Gewand erscheinen. Ich freue mich wie ein Kind über diese Scheibe, die, ganz getreu ihres Titels, meine Seele bereits gefangen hat. Läuft seit Tagen bei mir rauf und runter, das Teil!
Beim Blick auf die Trackliste muss ich von vorn herein sagen, dass sich kein schlechter Song auf "Soulcatcher" befindet. Das Album wird vom Intro "Ascending Souls" gebührend eröffnet, das in bester Judas Priest-Manier auf die ihm folgenden 14 Stücke vorbereitet. Es schließt sich der energiegeladene Doublebass-Kracher "Take Me To The Light" an, gefolgt vom hitverdächtigen, formidabel riffenden "Judas Betrayed", dessen Refrain sich gnadenlos in den Gehörgängen festsetzt. Danach lässt mich das kurze, ruhige Pianostück "The Catcher's Prelude" aufatmen, das - der Titel deutet es an - auf den Titeltrack vorbereitet. Dieser stampft dann im mittleren, rhythmischen Bereich vor sich hin und greift mit seinem Refrain nach der Seele eines jeden Headbangers. Das darauf folgende "Turn Into Stone" steht dem in nichts nach und wartet, obwohl es das Tempo wieder ordentlich anzieht, mit einem ruhigen Mittelteil auf. Somit sind die ersten fünf Songs schon mal durch die Bank absolut großartig!
Das ändert sich aber, wie gesagt, die gesamte Spielzeit über nicht mehr. Keine schwachen Momente, dafür aber Edelstahl en masse. Songschmied Alex 'Thunder' Martin und seine Mitstreiter haben hier ganze Arbeit geleistet, denn es fällt mir äußerst schwer, mich noch zu irgendwelchen Anspieltipps durchzuringen! "My Heart Lies Bleeding" rifft in den Strophen sehr rhythmisch und sein Refrain zwingt mich in die Knie. "Suicidal Thoughts" geht als Halbballade durch, offenbart eine schöne Gitarrenmelodie am Anfang und lässt in den Strophen teilweise akustische Gitarren erklingen. Abermals ein großer Refrain, dem sich wieder die anfängliche Melodie anschließt.
Und das geht dann so weiter: "Heaven At War", "World Downfall" und "Coming Home" sind die absolut härtesten Songs des Albums, gerade die knackigen Strophen-Riffs bei "World Downfall" in Verbindung mit der geilen Gitarrenarbeit im Refrain offenbaren das Können, das Alex 'Thunder' Martin an der Axt hat! Der Mann kann es einfach! Das akzentuierte Riffing wird optimal von Bass und Schlagzeug getragen - alles zusammen schmiedet dann ein reinrassiges Metal-Brett, herrlich! Bei "Coming Home" fallen die schönen Stimmungswechsel auf: Während die Strophen vor Härte nur so strotzen, ist der Refrain geradezu episch und dramatisch. Frontröhre Korry Schadwell liefert hier exzellente Arbeit ab!
Die darauf folgenden drei Stücke "The Fire Keeps On Burning", "Faithless" und "Angel" schlagen in dieselbe Kerbe wie das übrige Material, sind dadurch aber nicht weniger gut. Die Band zieht ihr Ding eben gnadenlos durch, wie ich weiter oben schon bemerkte. Es ist aber die halbakustische Ballade "Unready To Die", die das Album "Soulcatcher" unglaublich gefühlvoll ausklingen lässt. Hier zeigen sich The Mystery von einer gänzlich unbekannten Seite: Die wunderschön gefühlvollen Strophen (herrliches Zusammenspiel von Akustikgitarre und Singstimme) münden in einen kraftvollen Refrain! Anlehnungen an Metallica und besonders Savatage findet man bei diesem Song des öfteren, was aber die nötige Eigenständigkeit zu keiner Sekunde vermissen lässt. Wundervoll!
Alles in allem bekommt der Metal-Fan mit "Soulcatcher" ein überaus starkes Gesamtkunstwerk präsentiert, das er sich nicht entgehen lassen sollte. Es wäre wirklich sehr, sehr schade, wenn diesen 15 Songs nicht die Aufmerksamkeit zukommen würde, die sie ohne Zweifel verdienen. Jeder Headbanger sollte sich diese Scheibe unbedingt zulegen!
Line-up:
Korry Schadwell (vocals)
Alex 'Thunder' Martin (guitar)
Christian J. Rüther (bass)
Daniel Kahn (drums & percussion)
Tracklist |
01:Ascending Souls (1:15)
02:Take Me To The Light (4:22)
03:Judas Betrayed (3:54)
04:The Catcher's Prelude (0:49)
05:Soulcatcher (3:38)
06:Turn Into Stone (3:18)
07:My Heart Lies Bleeding (3:30)
08:Suicidal Thoughts (4:26)
09:Heaven At War (4:04)
10:World Downfall (4:10)
11:Coming Home (4:09)
12:Fire Keeps On Burning (4:10)
13:Faithless (3:52)
14:Angel (4:12)
15:Unready To Die (6:33)
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