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Mystic Force / The Eternal Quest
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Es muss um die Jahrtausendwende gewesen sein ... ein Autoradio - ein Tape, das mein Kumpel irgendwo aufgetrieben hatte - und aus den maroden Primitivboxen der rostigen Klapperkiste erklang unsere musikalische Neuentdeckung aus dem Untergrund der Metalwelt. Es war "The Eternal Quest" von Mystic Force - und einer dieser Momente, in dem man spontan überzeugt ist, die beste Band der Welt und aller Zeiten und sowieso und überhaupt zu hören. Übertreibungen liegen im Auge des Bewerters - und erst rückblickend nach einigen Jahren und x-maligem Hören weiß man totsicher, was 'ne saisonale Überbewertung war und was ein Klassiker. Und 'that's what we call a Klassiker', um's mit dem Kaiser zu sagen ...
Mystic Force, 83 in Baltimore gegründet, machen einen formvollendet-edlen US-Power Prog Metal mit feinsten Einflüssen von Genre-prägenden Bands melodischer Gangart wie Crimson Glory, Fifth Angel oder Vicious Rumors, der elitären Extravaganz von Fates Warning der 80er-Jahre und einem schieren Überfluss an Ideen, bei dem Liebhaber der Queensrÿche-Frühwerke "The Warning" und "Rage For Order" sich eigentlich nur noch flach auf den Boden legen, die Hände vors Gesicht halten und vor Ungläubigkeit mit den Füßen auf den Boden trampeln können. Nach diversen Demos, EPs und Singles zwischen 1987 und 1992 gab's anno 1993 mit diesem ersten Album in Komplettlänge den ultimativen Genialitätsnachweis - einige der Songs sind älteren Datums und stammen von besagten frühen Vorab-Veröffentlichungen.
"The Eternal Quest" pendelt irgendwie zwischen zwei Ebenen. Auf der einen stehen majestätische Melodien, süchtig machende Strophen und Chorus Lines zwischen positiver, fast schelmisch wirkender Dynamik bei "Shipwrecked With The Wicked" und mystisch angehauchter Dramatik bei "Another World" oder auch dem Titeltrack "Eternal Quest". Zu erwähnen sind hier auch die Zauber-Ballade "Reach For Tomorrow" und "Broken Heroes" mit einem so eingängigem Refrain, dass es schon fast 'Hit'-Charakter hat. Und auf der anderen Ebene steht bei Mystic Force der pure schwermetallische Aberwitz. Stücke wie "Divinity Within", "Temples Of Exile", "Premonitions" oder "Vicious Obsessions" sind abgefahrene Synapsen-Salti mit Spannungsbögen, bei denen es pausenlos knistert.
Sensationell, wie der Vierer hier komplex vertrackte Abnormalitäten teils in gerade mal gut zweieinhalb Minuten lange Stücke presst! Auch Freunde avantgardistischer Handwerkskunst à la Psychotic Waltz oder Watchtower werden im Halb-Minuten-Takt um die Fassung gebracht. Ein Stück weit 'normaler' ... oder sagen wir mal, straighter arrangiert sind die Stücke schon - 'klassisch'-metallisch klingende, kreativ wohl portionierte Kunstwerke irgendwo zwischen Genie und Wahnsinn, absurd-genialen Wechseln zwischen heavy pumpenden Drives und technisch hochkomplizierten Fingerübungen einer traumhaft zusammenspielenden Instrumentalgruppe, die ihre kleinteilig-detaillierten Sperenzchen wie beiläufig aus dem Hut zaubert.
Mit Bobby Hicks hat(te) man außerdem einen begnadeten Sänger der allerbesten 80er-Metal-Schule in den Reihen. Auf "The Eternal Quest" gibt es eine Hand voll Gesangseinstiege, die locker um den geilsten 'ersten Ton' der Metalgeschichte konkurrieren könnten, wenn man diesen Wettbewerb mal ausrufen würde. Top-Kandidat: sein Einsatz beim Titeltrack, der einem die Sinne nachhaltig aufs Angenehmste vernebelt, wie so manch anderes lautliches Lustwandeln des Herrn Hicks im Counter-Tenor-Bereich sowieso. Aber auch in gefühlvollen Gänsehautsphären hat er's voll drauf ...
»What you see is a mystery / Staring into the glass you'll see Reflections hold the key / The answers of what's to be ...« ... wenn er im Intro von "Answers Of The Mystery" zu dieser atmosphärischen Akustikgitarre singt und über Wohl und Wehe der Welt philosophiert, über das Schicksal der Menschen im Zeitalter der Technologie, über Fragen nach Leben, Tod und dem Hier- und dem Jenseits, über mystische Mächte und alte Weissagungen.
»Look into my crystal ball / And you will see The power of a dream / Can change the course of a wintery stream Tomorrow will we see / The answers of what's to be ...« Gedanken an Fates Warnings "The Guardian" werden wach, und an die emotionale Bannkraft eines Geoff Tate ... doch es würde der Eigenleistung der Band auch nicht gerecht, zu viel Namedropping zu betreiben. Denn Mystic Force sind noch viel stärker technisch orientiert, jonglieren mit verzwickten Rhythmen und zeigen uns in Sachen Instrumentenbedienung so manchen einhändigen Handstand auf dem Lenker. Jedes kleine Fill von Chris Lembach ist ein Kleinod der hohen Trommelkunst; Keith Kensers Basslines rauben einem reihum alle sieben Sinne (das Instrumentalstück "Structure Of Uncertainties", whoaah!); und die Lead Gitarren von Rich Davis machen Sachen, die kein Mensch vor ihm gemacht hat.
Auf "The Eternal Quest" sind in einer knappen dreiviertel Stunde so viele Ideen verpackt, wie sie bei anderen Bands für ganze Karrieren langen ... und doch haben Mystic Force nie eine wirklich große solche gemacht. Mit 'nem großen Deal wurde es nie etwas - vielleicht kamen sie 'zu spät' ... Keith Menser ist wohl durch seine Kurzzeit-Mitgliedschaft bei Iced Earth fast noch bekannter als durch die Gründung von Mystic Force. Mit "A Step Beyond" gab es 1995 ein klasse Nachfolgealbum im selben Line-up. Und 2000 mit "Man vs. Machine" ein moderner klingendes, avantgardistisches, völlig abgedrehtes Album, bei dem Neu-Sänger William Wren allen Zweiflern ein fettes Ausrufezeichen ins Hirn shoutet. Und der aktuelle Bandstatus: 'still active' ... schaumermal.
Line-up:
Bobby Hicks (vocals) Keith Menser (bass, keyboards) Rich Davis (guitar) Chris Lembach (drums)
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