Nick Moss Band / 15.05.2015, Bluesgarage, Isernhagen
Bluesgarage
Nick Moss Band
Bluesgarage, Isernhagen
15. Mai 2015
Stil: Blues, Soul, R&B, Jam


Artikel vom 21.05.2015


Jürgen Bauerochse
Nick Moss Band Zu den besonders reizvollen Aufgaben von uns Konzertredakteuren gehören mit Sicherheit die Besuche von Shows mit Bands, von denen wir bislang wenig oder gar nichts gehört haben. Klar hat wohl jeder von uns seine ganz persönlichen Favoriten, von denen er weiß, was auf ihn zukommt, dass sowohl die Musik als auch die Bühnenshow passt. Aber es fehlt eben der Überraschungseffekt, das Neue und Unbekannte. Immer wieder habe ich diese Erfahrung gemacht und genossen - und bin bisher noch nicht einmal auf die Nase gefallen. Im Gegenteil, viele der mir bis dato unbekannten Bands und Musiker gehören inzwischen zu meiner ersten Wahl in Sachen Musik, und ich möchte sie um nichts in der Welt mehr missen.
Nick Moss Band Neuestes Objekt dieser persönlichen 'Weiterbildung' war an diesem Freitagabend die Nick Moss Band aus Chicago, Illinois. Nicht mal vom Namen her kannte ich den im Jahr 1969 geborenen Gitarristen und Namensgeber der Truppe. Aber sowohl die Ankündigung des Quintetts als auch einige Mitschnitte bei youtube machten mich ziemlich neugierig. Doch mehr wollte ich für den anstehenden Gig ganz bewusst gar nicht wissen. Mal ganz unbefangen in das Kozert gehen war mein Ziel. Trotzdem war ich bei den Recherchen zu diesem Mann ziemlich erstaunt, dass er mir noch nie über den Weg gelaufen war, denn die Vita des schwergewichtigten Musikers ist alles andere als kurz und unbedeutend. Hier war absolut kein musikalisches Greenhorn unterwegs, sondern einer der bedeutendsten Gitarristen Chicagos.
Nick Moss Band Nick Moss begann seine musikalische Karriere als Bassist schon im Teenie-Alter in der Band von Buddy Scott, bis er Jimmy Dawkins zwei Jahre lang begleitete. Im Jahr 1993 schloss er sich der Legendary Blues Band um Willie 'Big Eyes' Smith an, mit der er das Album "Money Talks" einspielte. Smith überredete ihn schließlich, an die Leadgitarre zu wecheln, was er dann auch tat. Als sich die Band auflöste, begleitete Moss Jimmy Rodgers für drei Jahre, bevor er seine Solokarriere startete. Zunächst firmierte die Truppe unter dem Namen Nick Moss & The Flip Tops. Der erste Longplayer kam in Jahr 1998 auf den Markt und hörte auf den Namen "First Offence". Auch als Produzent machte Moss sich einen Namen. So saß er z. B. beim Album "Mignight Blues" von Magic Slim an den Reglern. 2008 strich er den Zusatz The Flip Tops aus dem Bandnamen. Die Nick Moss Band war geboren.. Inzwischen sind zehn Alben erschienen (alle übrigns auf dem eigenen Label Blue Bella Records) und Nick Moss kann auf sechzehn Nominierungen zum Blues Music Award zurückblicken. Allein dieser Lebenslauf ließ für das Konzert so Einiges erwarten.
Nick Moss Band Der Status der in unseren Breitengraden noch relativ unbekannen Band sorgte auch an diesem Abend in der Bluesgarage für ein relativ überschaubares Publikumsinteresse. Es waren doch relativ große Lücken vor der der Bühne zu sehen, als die Nick Moss Band pünktlich um 21.00 Uhr ihren Auftritt begann. Und schon der Anfang der Show war sehr emotional, als ein sichtlich angefasster Nick Moss mit bewegenden Worten an B.B. King erinnerte, der am Morgen dieses Tages verstorben war. Es folgte eine Schweigeminute zu Ehren dieses großen Bluesmannes, bevor die Band mit einer improvisierten Version von "The Thrill Is Gone" den Gig eröffnete. Im Verlauf des Abends gab es noch mehrmals Titel dieser Legende zu hören. Eine großartige Idee, die auch vom Publikum sehr gut angenommen wurde, das sich überhaupt an diesem Abend äußerst diszipliniert verhielt. Dazwischengelabere war während des kompletten Auftritts absolut kein Thema. Wenn das bloß immer so wäre!
Nick Moss Band Und schon dieser erste Song ließ mich echt aufhorchen. Was da aus den Boxen kam, war einfach großartig. Die Rhythmus-Sektion um den Bassisten Matthew Wilson und Patrick Seals auf dem Schlagzeuhocker sorgte für einen unglaublich dichten Sound. Da gab es Druck ohne Ende. Allerdings zeigten die Beiden im Verlauf der Show, dass es auch anders geht, wenn Feeling angesagt war. Keyboarder Bryan Rodgers war ebenfalls immer präsent, egal ob treibend nach vorne, oder zart und einfühlend. Es passte einfach alles zusammen. Bei den Vocals wechselten sich Nick Moss und Rhythmus-Gitarrist Michael Ledbetter ab, wobei Letzterer für die Soul und Rhythm And Blues-Sounds zuständig war und auch am Mikrofon stand, wenn es funkig wurde. Dabei konnte er, der acht Jahre lang an der Chicago Opera in ganz anderen Gefilden tätig war, durchaus mit den Soul-Legenden früherer Jahre mithalten.
Nick Moss Band Nick Moss himself nahm sich eher den Bluessongs an, von denen es natürlich reichlich gab. Dazu knallte er richtig geile Gitarrensounds raus, die nur so vor Bluesfeeling strotzten. Der Mann hat den Blues - ohne jede Einschränkung. Und trotzdem drängte er sich nie in den Mittelpunkt, sondern ließ seinen Bandkollegen jede Menge Freiraum zum Improvisieren. Und genau das ist einer der wichtigsten Bestandteile in der Musik der Nick Moss Band. Selten habe ich einen vielseitigeren Auftritt einer Band erlebt wie an diesem Freitagabend. Da wechselte sich reiner Chicago Blues mit Soulballaden ab. Dazu gab es Funk auf die Ohren, um unmittelbar danach in den Country Blues überzugehen. Und um dem Ganzen noch die Krone aufzusetzen, ließen die Allmänner ein ums andere Mal grüßen, wenn die Nick Moss Band zum Jam Rock ansetzte als gäbe es kein Morgen mehr. Auffalllend war dabei das geniale Songwriting. Titel, die als süßliche Soulballade begannen, entwickelten sich zu kraftvollen R&B-Songs, um dann urplötzlich wieder zurückzufahren. Müßig zu erwähnen, dass fast alle Stücke Überlänge aufwiesen.
Nick Moss Band So erlebte das Publikum eine zweiteilige Show der Superlative. Zweieinhalb Stunden, in denen fast jeder Song irgendwelche Überraschungen bereithielt. Selbst die extrem leisen Parts, bei denen Michael Ledbetter seine überragende Stimme auch ohne Mikrofon-Verstärkung darbot, beeindruckte die Zuhörer dermaßen, dass aus dem Publikum kein Zwischenton zu hören war. Ganz großes Kino! Sowohl von den Musikern als auch von den Leuten vor der Bühne.
Wenn ich diesen Abend nochmal Revue passieren lasse, so kann mein Fazit nur lauten: Die Nick Moss Band hat mich richtig stark beeindruckt. Großartige Musik von großartigen Musikern. Diese Band habe ich mit Sicherheit nicht das letzte Mal live gesehen. Alle, die die Chance haben, diesen Fünfer aus Chicago zu erleben, sollten sich diese Möglichkeit nicht entgehen lassen! Außerdem wurde es höchste Zeit, diese Band in unserem Index zu haben.
Line-up:
Nick Moss (guitar, vocals)
Michael Ledbetter (rhythm guitar, vocals)
Nick Fane (bass)
Patrick Seals (drums)
Taylor Streiff (keyboards)
Externer Link: