Phil May & The Fallen Angels / Fallen Angels
Fallen Angels Spielzeit: 56:32
Medium: CD
Label: Sanctuary Records, 2003 (1978)
Stil: Rock


Review vom 19.08.2009


Markus Kerren
Es ist mal wieder zum 'mit den Ohren schlackern', wenn man sich die Geschichte der Fallen Angels zu Gemüte führt. Eine Geschichte, wie sie wohl nur in der Rock'n'Roll-Welt stattfinden kann! Kurze Abhandlung gefällig?
Die Band wurde 1976 von Mickey Finn (Ex- Steve Marriott's All Stars) und Greg Ridley (Ex-Spooky Tooth, Ex-Humble Pie, Ex-Marriott's All Stars) gegründet. Dazu gesellten sich Bob Weston (Ex-Fleetwood Mac), John 'Twink' Alder (Ex-The Pink Fairies) und gerüchteweise auch Guy Humphries. Auch der Ex-Fleetwood Mac-Gitarrist Jeremy Spencer, der von seinem religiösen Trip zurück in der echten Welt war (und dem es ausgesprochen gut gefiel, nun ein 'Gefallener Engel' zu sein), spielte für ein paar Monate in der Band. Bis er sich eines Abends 'nur mal kurz' Finn's Auto und eine dessen Gitarren ausborgte, um dann spurlos von der Bildfläche zu verschwinden. Mickey Finn wartet, so munkelt man, übrigens noch heute auf die Rückgabe der geborgten Güter...
Der Schlagzeuger 'Twink' Alder wurde bereits im Gründungs-Jahr wieder gefeuert, da er zu einem Konzert, das als Showcase für anwesende Label-Bosse in der Hoffnung auf einen Platten-Vertrag gespielt wurde, einfach nicht erschien. Als der damalige Band-Manager endlich einen Geldgeber für die Produktion eines Albums gefunden hatte, hatte dieser Sponsor nichts besseres zu tun, als Mickey Finn seine populären Mitstreiter Greg Ridley und Bob Weston auszuspannen und für andere 'Projekte' zu verwenden, den Bandgründer Finn somit sprichwörtlich alleine dastehen zu lassen.
Im Frühjahr 1977 kam es, nachdem Phil May und Wally Allen von den gerade aufgelösten
Pretty Things eingestiegen waren, endlich zu einem mehr oder weniger stabilen Line-up. Außerdem waren zu diesem Zeitpunkt neben Finn noch Brian Johnston (Ex-The Streetwalkers) und Bill Lovelady mit an Bord. Als die neuen Fallen Angels endlich einen Geldgeber gefunden hatten, verzogen sie sich für die Album-Sessions sechs Wochen lang nach Genf in der Schweiz.
Ergebnis dieser anderthalb Monate waren gerade mal zehn Tage im Studio und acht angefangene, unvollständige Tracks, da die Musiker in dieser Zeit viel zu sehr damit beschäftigt waren, sich ihre Zeit mit den lokalen Drogen-Dealern und in Bars zu vertreiben. Als man schließlich wieder zurück in England war, lösten sich die Fallen Angels sang- und klanglos auf. Phil May wollte das Album aber unbedingt fertig stellen, nahm John Povey (Ex-The Pretty Things) und Fran Byrne sowie Ed Deane (beide Ex-Frankie Miller Band) mit ins Studio, wo die acht angefangenen Tracks fertig gestellt wurden, und man die brandneuen Nummern "California" und "Shine On Baby" hinzufügte.
Nun aber zur Musik: Das Album, das schließlich unter dem Namen Phil May & The Fallen Angels herauskam, ist - trotz des ganzen Chaos - genauer betrachtet eine sehr starke Rock-Pop-Scheibe, die über jede Menge toller Tracks mit teilweise Ohrwurm-Charakter verfügt. Dass Phil May, der die meisten Stücke (mit-) komponiert hat, hier im Mittelpunkt steht, ist alleine schon durch seinen geilen, gefühlvollen und charakteristischen Gesang vorgegeben.
Der Titel-Track, mit dem die Scheibe startet, ist ein sehr atmosphärischer Soft-Rocker, der, wenn die Welt gerecht und die Geschichte dieser Truppe nicht so chaotisch wäre, eigentlich ein dicker, fetter Radiohit sein müssen. Nicht nur der Gesang, sondern auch die die gesamte musikalische Einspielung ist blitzsauber, die Gesangsmelodie geht sofort ins Ohr und als Sahne-Häubchen gibt es auch noch starke Background Vocals. Mein absolutes Lieblings-Stück ist das folgende "California", bei dem mich Phil May mit seinem Gesang einfach eiskalt erwischt und auf die Bretter schickt. So eine geile Gesangsmelodie, so atmosphärisch und mit tonnenweise Feeling versehen, dass es mir einfach nur immer wieder kalt den Rücken runterläuft.
"13 1/2 Floor Suicide" rockt in bester Humble Pie-Manier das Haus und Phil beweist, dass er nach wie vor auch in dieser Materie zu Hause ist. Wesentlich ruhiger geht es bei dem mit einer coolen Akustik-Gitarre ausgestatteten "Dance Again" zu. Es handelt sich um eine wunderschöne Ballade und langsam fange ich wirklich an zu staunen, wieso dieses Album eigentlich so in Vergessenheit geraten konnte. "Shine On Baby" ist eine funkige Disco-Nummer im besten Sinne und "My Good Friend" ein weiteres Highlight der ruhigeren Stücke dieses Albums, bei dem May mit seinem einzigartigen Gesang einmal mehr allen anderen die Show stiehlt.
"Cold Wind" rockt noch einmal richtig schön geradeaus, während "I Keep On" wieder in groovigen Gefilden unterwegs ist. Mit "Dogs Of War" wird einmal mehr sauber auf die 'Zwölf' gerockt, bevor "Girl Like You" als Midtempo-Stampfer mit einer starken Slide-Gitarre das Album beschließt. Der entschieden poppigste und wahrscheinlich schwächste Track der Scheibe.
Zurück zu den traurigen Fakten dieses Albums, bzw. Projektes: Als "Fallen Angels" schließlich im Jahr 1978 veröffentlicht wurde, gab es die Band schon gar nicht mehr. Phil May hatte die Pretty Things wieder belebt und die weiteren Musiker waren in alle Winde zerstreut.
Veröffentlicht wurde die Scheibe in Holland... und nur in Holland!! Jahre später, und damit logischerweise VIEL zu spät, um noch irgendwas reißen zu können, dann auch auf Bull Records in England und schließlich in den Achtzigern auch auf Line Records in Deutschland.
Ach ja, mehrere Monate, nachdem Phil May dieses Album abgeschlossen hatte, ging der Bandgründer und nach den Genf-Sessions ausgestiegene Mickey Finn mit einigen (ungenannten) Ex-Fallen Angels noch mal ins Studio und spielte drei weitere Tracks ein, die bisher aber nicht veröffentlicht wurden. Bei der mir vorliegenden und auch der neuesten CD-Ausgabe aus dem Jahr 2008, sind sie als Bonus-Tracks ebenfalls vertreten.
Phil May & The Fallen Angels schienen von Anfang bis Ende zum Scheitern verurteilt gewesen zu sein. Wenn man sich die chaotische Band-Geschichte zu Gemüte führt, dann ist es eigentlich absolut erstaunlich wie stark dieses Album trotzdem ausfiel. Ein von der breiten Masse ungehobener Schatz, den ich eigentlich Jedermann (-frau) nur ans Herz legen kann!!
Tracklist
01:Fallen Angels
02:California
03:13 1\2 Floor Suicide
04:Dance Again
05:Shine On Baby
06:My Good Friend
07:Cold Wind
08:I Keep On
09:Dogs Of War
10:Girl Like You

Bonus-Tracks:
11:When The Russians Came Back
12:Chance
13:Lazy Days
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