Roger McGuinn / Back From Rio
Back From Rio Spielzeit: 41:37
Medium: CD
Label: SPV (Yellow Label), 2009 (1991)
Stil: Rock


Review vom 16.04.2009


Markus Kerren
Zu beweisen brauchte Roger McGuinn um 1990 eigentlich schon sehr lange nichts mehr. Selbst wenn es zuvor fast zehn Jahre sehr still um den Mitgründer der Byrds (die Mitte der sechziger Jahre auch als 'Amerikas Antwort auf die Beatles' bezeichnet wurden) geworden war. Nachdem The Byrds im Jahr 1973 nach einem letzten Kraftakt endgültig zu Grabe getragen worden waren, veröffentlichte McGuinn in den darauf folgenden Jahren fünf Solo-Alben, bis es in den späten Siebzigern zu einer Teil-Reunion kam und er sich wieder mit Gene Clark und Chris Hillman als (Vorsicht: Überraschung!!) McGuinn, Clark & Hillman zusammenraufte.
Der immer sprunghafte und rastlose Gene Clark stieg jedoch während der Produktion des zweiten Albums "City" wieder aus, und auch Roger hatte nach einem weiteren, letzten Album mit Hillman (1981) keine Lust mehr. Bis dann, wie er selbst süffisant im Booklet von "Back From Rio" erzählt, im Jahr 1990 irgend jemand die Idee hatte, dass es wieder mal allerhöchste Zeit für ein neues Roger McGuinn-Album sei.
Selbstverständlich hatte der ehemalige 'Bandleader' nie aufgehört Musik zu machen und hatte wohl auch nichts gegen die Idee einzuwenden. Das Ergebnis war schließlich ein zehn Song starkes Album mit dem geheimnisvollen Titel "Back From Rio", der natürlich Anlass zu Spekulationen gab, ob die brasilianische Metropole der Grund war, warum unser Protagonist so lange untergetaucht war.
Was umgehend, sprich direkt mit dem ersten Song "Someone To Love" auffällt, ist, dass der gute Roger, unter anderem durch die allseits präsente 12-saitige Rickenbacker, wieder sehr stark zum Sound und Vibe seiner ersten großen Band zurück gekehrt war. Im ersten Eindruck inbegriffen ist auch, dass man es hier mit geradezu unverschämt guten Songs zu tun hat, die einem dazu gnadenlos im Ohr hängen bleiben. Sowohl die Licks seines patentierten Gitarren-Sounds wie auch die Gesangslinien kommen überzeugend und machen ein ums andere Mal Lust auf Mehr.
Es ist allerdings auch nicht alles Gold, was auf "Back In Rio" glänzt. Zum Beispiel wirkt das Thema des Tracks "Car Phone" heutzutage, obwohl das Problem immer noch aktuell ist, etwas aufgesetzt. Und obwohl gegen Ende die Textzeile »…he blew his mind out in a car…« von John Lennons "A Day In The Life" und Gitarren-Zitate von "Eight Miles High" im Arrangement sehr wirkungsvoll eingebaut wurden, lässt die gestellte Telefon-Konversation (eine 'gute' Idee des damaligen Labels und aufgenommen von den Schauspielern Stan Ridgeway und Kimmy Robertson) doch einen eher schalen Nachgeschmack zurück, der den Song nahezu ruiniert.
Dem gegenüber stehen jedoch starke Rocker wie zum Beispiel "The Trees Are All Gone", das mit Tom Petty co-komponierte und zusammen eingesungene "King Of The Hill", "Someone To Love" oder der McGuinn von Elvis Costello auf den Leib geschriebene Track "You Bowed Down". Und auch der McGuinn'sche Sinn für's Balladieren kommt mit "Without Your Love", "Your Love Is A Goldmine (Back From Rio Interlude)" und "If We Never Meet Again" gut und effektiv zum Zug. Ein direktes Nachfolge-Album gab es leider nicht. Roger ging mit "Back From Rio" auf große Tour und beschloss danach, dass er erstmal wieder genug vom Rock'n'Roll hatte. Er kehrte nach dieser Tournee zu seiner großen Liebe, der Folk Music, zurück.
"Back From Rio" (kommt in schönem Digi-Pak und neuen Liner-Notes sowie aktuellen McGuinn-Statements zu der Platte, jedoch ohne Bonus-Tracks) ist ein sehr starkes Album und hätte sogar ein absolutes Highlight in McGuinns Karriere sein können, wenn, ja wenn man es nicht mit dem damals so angesagten watteweichen Sound zugekleistert hätte. Leider wird der Gesamt-Eindruck von diesem nicht unwesentlichen Punkt dann doch etwas getrübt. So stark die Songs fast ausschließlich sind, sie klingen einfach eine Spur zu glatt und auf Radio sowie Zeitgeist getrimmt. Aus diesem Grund kann "Back From Rio" mittel- bzw. langfristig auch nicht gegen des Meisters beste Solo-Werke "Cardiff Rose" und Thunderbyrd bestehen.
Ach ja, Roger McGuinn war eigentlich auch gar nicht in Rio, wie es einem der Albumtitel suggerieren mag, aber diese kleine (scherzhafte) Irreführung sollte keinen großen Geist stören. Die Scheibe lohnt sich definitiv, nimmt man sich den Sound nicht allzu sehr zu Herzen. Wenn man dazu andere
Jeff Lynne-Produktionen aus dieser Zeit mag, dann wird man mit "Back From Rio" unbegrenzten Spaß haben.
Line-up:
Roger McGuinn (lead & background vocals, 12-string electric guitar)
Stan Lynch (drums & percussion)
George Hawkins (bass)
John Jorgenson (acoustic & electric guitars, mandolin, bass, sitar, saxophone)
Michael Thompson (acoustic & electric guitars)

With:

Tom Petty (lead vocals - #6, background vocals - #5,6)
Benmont Tench (organ - #3, keyboards - #7,8,9)
David Crosby (background vocals - #4,7,9)
Chris Hillman (background vocals - #4,7,9)
Elvis Costello (background vocals - #3)
Timothy B. Schmit (background vocals - #8,9)
Dan Higgins (saxophone - #2)
David Cole (percussion - #2, piano - #3, acoustic guitar - #5, MPC-06 - #7)
Michael Penn (background vocals - #4, 9,10)
J.Steven Soles (background vocals - #8,9)
Stan Ridgeway (telephone voice - #2)
Kimmy Robertson (telephone voice - #2)
Tracklist
01:Someone To Love
02:Car Phone
03:You Bowed Down
04:Suddenly Blue
05:The Trees Are All Gone
06:King Of The Hill
07:Without Your Love
08:The Time Has Come
09:Your Love Is A Gold Mine (Back From Rio Interlude)
10:If We Never Meet Again
Externe Links: