Koninginnedag, Thronwechsel von Beatrix zu Willem-Alexander in Amsterdam, Oranje boven ... selbst auf einem Satellitenbild der Niederlande hätte man die Farbe Orange erkennen müssen. Die Nachbarn waren im Feierrausch und Ryan McGarvey sorgte mit seinen Begleitmusikern für einen Blues-rockigen Tanz in den Mai. Symbolisch für sein Konzert im V.O.F. De Poort hätten Chilischoten und Waberlampen am Bühnenrande platziert werden müssen, denn der aus Albuquerque (New Mexico) stammende Amerikaner hatte den Zuschauern offenbart, wie Blues Rock in all seinen Facetten zu klingen hat. Mittlerweile muss sich der Musiker wohl ernsthafte Gedanken darüber machen, ob er nicht einen besonderen Platz in den eigenen vier Wänden findet, um seine vielen Preise unterzubringen. Das Konzert belegte in allen Belangen, dass er diese Anerkennungen verdient hat. Gespannt sein durfte man ein brandneues Instrument, dass der Künstler in Hannover überreicht bekam und auch gleich beim Konzert in der Blues Garage zum Einsatz brachte. Es handelt sich um eine Lap Steel-Gitarre der Marke Duesenberg. Die Gitarrenbauer haben ihren Sitz in der niedersächsischen Landeshauptstadt.
Allerdings hatte dieser besondere Sechssaiter zunächst noch Pause. Schon vom Songtitel her passte die Konzerteröffnung perfekt ... "Blues Knockin' At My Door". Das Stück aus dem Redefined-Album war so etwas wie das Tischdecken vor dem Eintreffen von Freunden, denen man ein tolles Essen servieren möchte. Toll waren auch die knackigen ersten Minuten des Openers. Ryan McGarvey gab Gas, das von der Rhythmusabteilung in ordentlichen Schub umgesetzt wurde. Krachende Riffs erfüllten den Saal und über den Gesang des Amerikaners müssen an dieser Stelle nun wirklich keine Worte verloren werde. Das erste Solo war so etwas wie die Vorspeise. Brillantes sollte noch folgen. Mit Logen Miles Nix (welch eine Name!) hatte der Frontmann einen neuen Schlagzeuger mit über den Teich gebracht. Für den Drummer war Europa Neuland, denn in unseren Breitengraden war noch nie. Er kann auch ruhig wieder mit Ryan MyGarvey für eine zukünftige Tour zurückkommen, denn sein Spiel brachte ihm mehr als nur Anerkennung ein. Differenzierter Umgang mit den Fellen und Becken war angesagt. Er präsentierte sich als melodischer Schlagzeuger und bei seinem hervorragenden Einsatz wäre ein Solo seinerseits bestimmt nicht von schlechten Eltern gewesen. Vielleicht bei nächsten Mal.
"The One's That Got Away" vom Debütalbum heizte die Stimmung weiter an, obwohl man in entspannteren Bereichen der Baumwollfeldes unterwegs war. Dennoch hielt man die Dynamik hoch und mit "Downright Insane" ging es deutlich in Richtung Texas Blues. Erst psychedelische Momente flossen in den Gig ein. Dieses Song-Trio war einfach klasse! Zum gerade genannten Lied passte dann auch perfekt das Instrumental "Texas Special". Dabei hatte Stevie Ray Vaughan ein Lächeln im Gesicht. Das Gas wurde gelupft und das Trio bewegte sich mit einem hervorragenden "Cryin' Over You" deutlich in Richtung Slow Blues. Die Licks waren zum Niederknien und nach vielen bereits erlebten Konzerten hatte man nicht nur jetzt den Mund vor Staunen geöffnet. Es war deutlich zu erkennen, dass Ryan McGarvey in seiner Entwicklung einen weiteren großen Schritt nach vorne machte.
Insider wussten zu berichten, dass er nach langer Zeit auf dieser Tour mit "Hey Joe" seinen Hut vor Jimi Hendrix zog. Im V.O.F. De Poort wartete er mit seiner ganz persönlichen, von ihm geschriebenen Hommage für den Saitenhexer auf. "Hey Jimi" war eine über zwanzigminütige Zelebration des Blues Rocks mit allem, was man sich bei einem Ryan McGarvey vorstellen konnte. Diese Nummer hat sich mittlerweile zu einem seiner Klassiker entwickelt. Allerdings ließ der Protagonist neue Ideen in das monumentale Stück einfließen. Typisch für ihn! Seinen Songs verpasste er immer wieder andere Outfits ohne den Wiedererkennungswert außer Acht zu lassen. Der Gitarrist vollführte mit seinen Fingern Freudentänze auf den Saiten. Feedback-Spielereien, die ganz zum Schluss abermals auftauchten, waren angesagt und bei dieser natürlich auch psychedelischen Performance kam nicht nur der Musiker ins Schwitzen ... Pause.
Nach einer kurzen Erholung wurde mit "Joyride" die Luft abermals elektrisiert. Bassist Justin McLauchlin zeigte Flagge, denn er hatte sich in der Pause einen orange Schal um die Hüfte gebunden. Seinen Bass ließ er allerdings viel bunter klingen. Man muss nicht betonen, dass sich die Begeisterung parallel zum Blues Rock in traumhafte Höhen schraubte. Die zeitlose Ballade "So Close To Heaven" war gigantisch und dann erlebte man das Trio darüber hinaus auch noch mit individuell geprägtem Boogie sowie Funk. Die Lap Steel hatte man noch nicht so ganz aus den Augen verloren. Nach "Sweet Angel" war es dann soweit. Das Mikrofon wurde eine Etage tiefer platziert, Ryan McGarvey setzt sich auf einen Stuhl und was dann folgte, war trotz einer langen, an Led Zeppelin orientierten Zusage, das Highlight, der Überflieger des Konzerts. "Right In All The Wrong Ways" war das Objekt der Begierde. Hammer, wie er mit diesem Instrument umging, welche Töne er ihm entlockte. Pures Staunen! Wahnsinn! Außerdem aktivierte er "Rollin' And Tumblin'" in seine Ideenfabrik. Man hat ja schon so einige Lap Steel-Spieler erlebt, aber noch keiner entwickelte derartige Klänge darauf. Hats off, Ryan! Zum Schluss noch eine Randbemerkung: Wie lange muss man noch auf ein Livealbum warten?
Wir bedanken uns bei Manni Küsters für die problemlos Akkreditierung.
Line-up:
Ryan McGarvey (electirc guitars, lap steel, vocals)
Justin McLauchlin (bass)
Logan Miles Nix (drums)
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