'Dort, wo es weh tut'.
Eine Redewendung, die fast ausschließlich gebraucht wird, wenn es um physische Belange geht.
Die mittlerweile fünfzigjährige Engländerin, in Southampton geboren und aufgewachsen, versteht den Titel "Where It Hurts", ihre sage und schreibe zwölftes Album, allerdings ganz anders, denn unter anderem beschäftigen sich die Texte mit der vierundzwanzig Monate andauernden Trennung von ihrem Mann.
Erwartet man folglich ein persönliches Album? Ja, natürlich.
Ist 'persönlich' dann gleichbedeutend mit sentimentaler Musik? Nein, denn die Schmerzpunkte zu offenbaren ist die eine Sache und das Abschaben der Schale, um die Aspekte der Blicke nach vorne zu erkunden, ist auch das Anliegen einer Sarah Jane Morris.
Den Bund der Ehe hatte sie mit David Coulter geschlossen, der sechs Jahre Mitglied der Pogues war und auf Platten von Peter Hammill, The Dream Academy sowie The Handsome Family vertreten ist. Gemeinsam hat das Ehepaar auf Thea Gilmores Rules For Jokers mitgewirkt.
Morris ist eine Allround-Künstlerin, die sich auch Theatererfahrung auf ihre große Visitenkarte schreiben kann und macht Musik zwischen Soul, Blues, R&B, Jazz sowie verdammt gut gemachtem Pop.
Hier auf eine genauere Vita der Protagonistin einzugehen, würde wirklich den Rahmen dieser Rezension sprengen. Allerdings sollten zumindest einige Eckdaten nicht fehlen.
Richtig los ging es als Chorus-Sängerin auf der Communards-Scheibe "Don't Leave Me This Way".
Eine Sache, die sie in die Medien puschte und eine gute Ausgangsposition für ihr eigenes Weiterkommen bot. Was Jimmy Sommerville angeht, ist jede Frauenstimme tiefer als die des Communards-Sängers.
Bevor es so weit kam, war sie in den Bands The Republic (ab 1982) und einer 21-köpfigen Brass-Band mit dem Namen The Happy End aktiv.
Wie gesagt, Blitzlichter und ihr Einsatz als Schauspielerin soll an dieser Stelle keine Rolle spielen.
Zurückkommend auf vorliegendes Album war die Überraschung schon groß, mit welchen Musikern sie "Where It Hurts" innerhalb von drei Tagen im Brixtoner Studio The Diary eingespielt hat und im Kleingedruckten des fürchterlich kompliziert gefalteten Booklets steht unter anderem: »all songs were recorded live over three days and most were the first take.« Die Streicher wurden in Rom aufgenommen.
Na dann, ohne Zweifel kein größeres Problem für die beiden Gitarristen Tony Remy ( Pee Wee Ellis, Jean Toussaint, Herbie Hancock) sowie Dominic Miller ( Sting, King Swamp und viele, viele mehr).
Ebenso wenig wie für die Rhythmusabteilung, bestehend aus dem Drummer und Perkussionisten Martyn Barker, der bei Shrieckback und Billy Bragg And The Blokes aktiv ist, als auch Bassist Henry Thomas, den man auf Platten von Jim Capaldi und Ginger Baker hören kann. Abgerundet wird das engere Line-up durch den Pianisten Alastair Gavin sowie Stavros Miller an der Bousouki.
Im erweiterten Kreis bläst Ralph Carney sein Saxofon in "Good Night God Bless" und ein ganzes Streicher-Ensemble, das des Öfteren zum Einsatz kommt, ist auch noch mit von der Partie.
Berücksichtigt man alle Musiker, handelt es sich um ein lupenreines akustisches Album.
Martyn Barker spielt nicht einfach nur Schlagzeug.
Durch den perfekten Einsatz vieler Percussion-Instrumente gibt er nicht wenigen Tracks herrliche Farbtupfer, sodass die Kompositionen, mit wenigen Ausnahmen übrigens im Team Morris, Dominic Miller und Barker erdacht, einen Latin-, brasilianisches oder afrikanisches Flair bekommen.
Alle Songs strahlen eine tolle Atmosphäre aus, mit der ganz besondere Stimmungen entstehen.
Die begleitenden Streicher tragen trotz ihrer Präsenz nicht zu dick auf und gehen auch in den Klassik-Bereich über. Das gerade genannte Trio hat die Produktion der Scheibe nicht aus der Hand gegeben und man spürt einfach die langjährige Erfahrung der Künstler.
Sehr wohl gibt es eine Vielzahl von Stücken, die durch die Rhythmus-Betonung die Fußwippe aktivieren. Immer aus dem Verständnis einer Sarah Jane Morris betrachtet, befindet sich auf der Platte natürlich kein Rock.
Mit einem faszinierend transparenten Sound kann man sich bei jedem neuen Hördurchgang auf ein anderes Instrument konzentrieren. Selbstverständlich haben die Gitarristen und der hervorragende Pianist Gavin zahllose Möglichkeiten, auch mit klasse Soli zu glänzen.
Morris' Stimme ist wie geschaffen für die unterschiedlichen Song-Kolorite und der Hörer freundet sich ganz schnell mit ihrem Gesang an.
Meine Highlights befinden sich weiter hinten in der Tracklist, ohne vorher Gehörtes runter buttern zu wollen. Zunächst "Sunset", eine Jazz-Nummer mit viel Bar-Atmosphäre, in der Barker die Felle mit dem Jazz-Besen streichelt.
Den Blues befördert man in "Betrayal" ins Rampenlicht. Einfach hinreißend, wie diese Nummer, ohne Streicher, serviert wird. Dezent, aber höchst emotional!
Im abschließenden "I Learned To Love You" lässt sich die Sängerin nur von der akustischen Gitarre begleiten und nicht erst hier spielt sie alle ihre Stärken, die sie in der Stimme hat, aus.
Wem sehr gut gemachte akustische Musik aus Blues, Soul oder Jazz gefällt, kommt bei Sarah Jane Morris' "Where It Hurts" mit einem Ohr nicht aus. Hier wird die Fahne einer besonderen Musikrichtung ganz hoch gehalten.
Line-up:
Sarah Jane Morris (all vocals)
Dominic Miller (nylon string guitar)
Tony Remy (acoustic guitar)
Stavros Miller (bazouki)
Alastair Gavin (piano)
Henry Thomas (acoustic bass guitar)
Martyn Barker (drums, reco reco, cajon, shakers, calabash, hang drum, triangle, tamborine, guitar)
With:
Ralph Carney (saxophone - #12)
Luisiana Lorusso (violin)
Ilaria Cusano (violin)
Zita Musci (violin)
Nico Cinugno (viola)
Jacopo Di Tonno (cello)
Enrico Melozzi (cello - #6)
Diego Romano (cello - #6)
Sara Gentile (cello - #6)
Federico Perpich (cello - #6)
Sebastiano Severi (cello - #6)
Danilo Squitieri (cello - #6)
Gennero Della Monica (cello - #6)
Eugenia Di Bonaventura (cello - #6)
Tracklist |
01:A World To Win (3:51)
02:You Know Her (3:37)
03:Never Forget How To Dance (3:46)
04:You're Really Nowhere At All (4:16)
05:Warm Welcomes Cold Goodbyes (4:17)
06:Promised Land (5:23)
07:It's A Shame (4:02)
08:Under The Stars (3:27)
09:Illumination (4:07)
10:Sunset (3:41)
11:Betrayal (4:37)
12:Good Night God Bless (3:49)
13:I Learned To Love You (3:30)
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Externe Links:
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