Ein insgeheim gehegter Wunsch ging schneller als erwartet in Erfüllung: Clive Nolans Konzeptalbum Alchemy wurde vor ein paar Wochen auf DVD/Blu-ray veröffentlicht. Zu sehen ist die bereits seinerzeit angekündigte Uraufführung, die in diesem Frühjahr in Warschau aufwändig gefilmt wurde. Herausgekommen ist ein gut zweistündiges, gnadenlos fesselndes Kunstwerk, das in jeder Hinsicht zu begeistern vermag!
Die Arbeit der Band wurde, bis auf die orchestralen Keyboardklänge, stark in den Hintergrund gerückt. Bei der Live-Umsetzung von "Alchemy" konzentrierte man sich maßgeblich auf die Gesänge, was den Musical-Charakter der Aufführung eindeutig unterstreicht. Eine großartige Ergänzung stellt die Einbeziehung eines etwa zwanzigköpfigen gemischten Chores dar. Die Caamora Theatre Company verleiht so mancher Passage einen vielstimmigen, majestätisch-barocken Rahmen.
Die polnische Sopranistin Agnieszka Świta überzeugt bei der Live-Interpretation nicht nur gesanglich in der weiblichen Hauptrolle als Waisenkind Amelia Darvas. Sie offenbart zudem überzeugende theatralische Fähigkeiten und eine Anmut, die den Zuschauer unwillkürlich in den Bann ziehen. Dagegen verblasst ihr männlicher Gegenpart als Hauptakteur, Clive Nolan himself als Professor Samuel King, ein klein wenig - sowohl stimmlich als auch bezüglich der Ausstrahlung. Der bärenstarke Andy Sears, bekannt vor allem als Sänger der Neoprogger Twelfth Night, läuft ihm deshalb als Lord Henry Jagman den Rang des heimlichen (männlichen) Stars eindeutig ab.
Es sind aber auch die Charaktere der Nebenrolle, die in der Bühnenversion des Stückes (naturgemäß) stärker als auf Audiotonträgern zur Geltung kommen. Hier sei vor allem Vicky Bolley genannt, Nolan seit langem musikalisch verbunden, die die Rolle der (bösen) Eva Bonduce ausdrucksstark interpretiert. Der bekannte britische Cabaret-Sänger Daniel Clifford stiehlt - sowohl mit seiner Rolle als William Gardelle wie mit seinem geschmeidigen Bariton - der Riege bekannter Progrock-Sänger sprichwörtlich die Schau. Ebenfalls eindrucksvoller als auf der CD-Edition singt und spielt sich der Ex- IQ-Sänger Paul Menel in den Vordergrund, der die Rolle des Ben Greaves eindrücklich vorträgt.
Im Gegensatz zur bombastischen Umsetzung von Beethoven's Last Night gefällt "Alchemy Live" durch eine eher spartanische Realisierung, die die gesanglichen Charaktere stärker in den Fokus rückt. Die recht kleine Bühne und der relativ intime Rahmen in einem größeren Club (??) der polnischen Hauptstadt unterstreichen dieses Understatement. Die Lightshow verzichtet völlig auf 'Knalleffekte', sondern untermalt die Aktionen der Akteure dezent und geschmackvoll.
Dass die Band bis auf die Streicherkabinette des Keyboarders Claudio Momberg nur wenige Akzente setzt, prädestiniert "Alchemy" - nach meinem persönlichen Gusto - für eine noch sehr viel konsequentere Umsetzung: mit einem klassischen Orchester!! Das wär' dann der endgültige Gipfelpunkt der musikalischen Kulinarik...
Mit einer guten Stunde ist das Bonusmaterial der zur Besprechung vorliegenden DVD sehr ordentlich ausgefallen. In einer kleinen 'Making of'-Doku und vor allem den Interviews mit Musikern, Sängern und natürlich dem kreativen Kopf von "Alchemy", Clive Nolan, erfährt man so einiges über dieses Projekt, von der Grundidee bis zur endgültigen Umsetzung. Leider lässt hier manchmal die Bildqualität zu wünschen übrig. Zudem sollte man die englische Sprache einigermaßen sicher beherrschen, denn es gibt hier keine Untertitel zur Unterstützung.
Keine Wünsche lässt dagegen das Booklet offen, das das gesamte Libretto in einer sehr hübschen Art und Weise abgedruckt zur Lektüre bietet.
Für progressive, von Klassikmusen geküsste Rockfreunde stellt "Alchemy Live" einen Pflichtkauf dar. Vielleicht ist es obendrein dienlich, wenn man ein Faible für Musicals mitbringt.
Wer die Doppel-CD noch nicht besitzt, sollte den Erwerb der Special Edition-Box ernsthaft in Erwägung ziehen. Diese enthält neben der DVD bzw. Blu-ray noch eine Bonus-DVD, das Doppelalbum und eine Bonus-CD. Das macht fünf Silberlinge für nicht einmal fünfzig Mücken. Weihnachten steht schließlich vor der Tür und man gönnt sich ja sonst nichts... ;-)
Line-up:
Darsteller/Sänger:
Clive Nolan als Professor Samuel King
Agnieszka Świta als Amelia Darvas
Vicky Bolley als Eva Bonaduce
David Clifford als William Gardelle
Tracy Hitchings als Jane Muncey
Andy Sears als Lord Henry Jagman
Paul Menel als Ben Greaves
Chris Lewis als Thomas Anzeray
Damian Wilson als Captain Joseph Farrell
Paul Manzi als Milosh
Noel Calcaterra als Jessamine
Musiker:
Mark Westwood (guitars)
Kylan Amos (bass)
Claudio Momberg (keyboards, piano)
Scott Higham (drums)
Ian Stott (horns)
Penny Gee (violins)
The Caamora Theatre Company Choir
Tracklist |
Act 1:
01:Prologue/Overture
02:Deception
03:One For The Nose
04:The Warning
05:Amelia
06:King Explains
07:Desperate Days
08:Planning A Break-in
09:Quaternary Plan
10:The Unwelcome Guest
11:Waiting For News
12:The Girl I Was
13:Highgate
Act 2:
14:The Labyrinth (4:42)
15:Ambush (3:09)
16:Tide Of Wealth (5:57)
17:Jagman Arrives (1:47)
18:The End Justifies The Means (3:33)
19:Sanctuary (5:44)
20:Street Fight (3:26)
08:Amelia Dies (3:21)
09:Burial At Sea (6:22)
10:Share This Dream (3:37)
11:Treachery (4:21)
12:The Ritual (2:13)
13:Anzeray Speaks (5:04)
14:Aftermath (3:54)
Bonusmaterial
01:The Making Of Alchemy (18:13)
02:Interview with Clive Nolan (13:25)
03:Interview with Agnieszka Świta and David Clifford (13:25)
04:Interview with Scott Higham and Mark Westwood (16:34)
05:Photo gallery
06:Desktop images
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Externe Links:
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