RockTimes: Hi, Manu! Erstmal vielen Dank, dass Du Dir Zeit für die Beantwortung unserer Fragen nimmst. Manu: Es ist mir ein großes Vergnügen.
RockTimes: Ihr ward gerade auf Tour in Tschechien. Mit welchen Eindrücken kommt Ihr zurück? Manu:
Wir sind fantastisch aufgenommen worden. Persönlich war ich von dem Niveau der Bands, mit denen wir zusammengespielt haben, sehr überrascht. Ebenso von der Geschicklichkeit der Leute an den Mischpulten, von der tschechischen Musikkultur und auch ihr Bier ist ebenfalls sehr gut.
RockTimes: Letztes Jahr konnte Natchez das 25-jährige Jubiläum feiern. Konntet Ihr Euch am Anfang vorstellen, dass die Reise so lange andauern würde? Manu:
Nein, so richtig konnte sich das keiner vorstellen. Aber mit viel Leidenschaft gelang dies alles recht natürlich. Wir lieben es einfach, Leute zu treffen. Es bereichert unser Leben und deshalb machen wir immer weiter.
RockTimes: Was war damals (1987) für Euch die Motivation, Musik zu machen? Welche Bands hatten Euch inspiriert? Manu: Mein Bruder Thierry, der sechs Jahre älter ist als ich, hatte die Band mit ein paar Freunden gegründet, um ein bisschen Southern Rock zu spielen. Nach einigen Jahren und zahlreichen Besetzungswechseln, fragte er mich, ob ich bei diesem Abenteuer dabei sein möchte. Wir gründeten Natchez. Unsere Haupteinflüsse waren Lynyrd Skynyrd und ZZ Top.
RockTimes: Wenn Du jetzt eine Bilanz dieser Jahre ziehen würdest: Was ist gut gelaufen - was war vielleicht enttäuschend?
Manu: Im Großen und Ganzen gibt es keinen Grund, weshalb wir enttäuscht sein sollten. Vielleicht mit Ausnahme der Tatsache, dass die Menschen, die auf diese Art von Musik stehen, nicht sehr zahlreich sind ... Aber die Atmosphäre in der Szene ist sehr familiär orientiert - das ist sehr angenehm. Wir haben wirklich ein großartiges Publikum!
RockTimes: "Double Dose" ist das erste Album seit fünf Jahren - seit "Catch The Spirit". Warum habt Ihr Euch so viel Zeit dafür genommen? Manu: Wir hatten zwei Studioalben und eine DVD innerhalb kurzer Zeit veröffentlicht. Wir brauchten einfach etwas Zeit, um das zu verdauen. Und dann mussten wir 18 neue Songs für Double Dose komponieren. Wir taten unser Bestes, aber das war alles zeitlich ziemlich anspruchsvoll.
RockTimes: "Catch The Spirit" war ja Euer erstes englischsprachiges Album. Wie ist das Album in eurer Heimat aufgenommen worden - wie im Ausland? Manu:
Um Natchez' zwanzigjähriges Jubiläum zu feiern, wollten wir damals ein ganz besonderes Album veröffentlichen, mit Liedern in Englisch und einigen Coverversionen. Das war ziemlich erfolgreich und ist bis heute unser 'Bestseller'. Wir erreichten sogar die Nummer 1 der Play-Liste von einem Radiosender in Texas!
RockTimes: Was war die Überlegung dahinter, je eine CD für "Double Dose" in Englisch bzw. in Eurer Muttersprache aufzunehmen? Manu: Wir wollten damit die Fans entscheiden lassen, ob sie Natchez lieber in Französisch oder in Englisch bevorzugen. Das Ergebnis ist noch nicht klar, es ist wohl sehr geteilt. Es ist lustig, zu bemerken, dass englischsprachige Leute - wie Du - uns lieber in Französisch hören. Sie finden es wohl exotischer!!
RockTimes: Waren die englischen Texte ein 'Experiment' und wenn ja: Ist es geglückt?
Manu: Nun, mit Englisch ist es einfacher, unsere Musik ins Ausland zu exportieren. Darüber hinaus ist Englisch nun mal die Sprache des Rock'n'Roll. Also mussten wir es zumindest einmal versuchen! Zum gegenwärtigen Zeitpunkt ist es allerdings noch zu früh, um zu sagen, was für uns von Vorteil ist...
RockTimes: Ich höre bei Euch viel Southern Rock, Blues und klassischen Hard Rock heraus. Wie würdest Du euren Musikstil beschreiben? Manu: Du hast es schon perfekt definiert: Classic Rock mit einem Hauch Southern Rock und Blues, gelegentlich auch mal etwas Country.
RockTimes: Für mich ganz persönlich ist 'Southern Rock' in allererster Linie ein Lebensgefühl: Bodenständigkeit, Ehrlichkeit, Loyalität, Freundschaft, Konzentration auf das Wesentliche im Leben. Was bedeutet für Dich der Terminus 'Southern Rock', was verbindest Du mit dieser Stilrichtung? Manu: Das ist eine ganz heikle Frage. Jeder hat schließlich seine eigenen Vorstellungen von Southern Rock. Es ist vor allem die musikalische Seite, die mich interessiert. Aber ebenso die bodenständige Seite. Ich bin ein Kind vom Land und mag wohl auch deshalb den rustikalen Stil dieser Musik. Es riecht nach Schlamm und Schweiß!
RockTimes: Wollt Ihr mit Euren Songs ein bestimmtes Lebensgefühl ausdrücken?
Manu: In gewisser Weise ja, aber wir wollen mit unseren Texten offen für jedermann bleiben. In Frankreich sind Worte sehr wichtig, deshalb wollten wir nicht riskieren, zu engagierte [Anmerk.: im Sinne von kritisch] Songs zu schreiben. Wir bevorzugen es, von den großen Hochebenen des nordamerikanischen Westens oder den Freuden des Lebens zu singen!
RockTimes: Wie schreibt Ihr die Songs? Alle gemeinsam oder kommt einer mit der fertigen Idee in den Proberaum? Manu: Bei den vorherigen Alben kam meist jemand mit einer Idee zur Probe und dann machten wir das Beste daraus. Bei "Double Dose" gingen wir anders vor. Ich baute mir ein Homestudio und so konnte ich zu Hause komponieren. Auch mein Bruder Babach [Anmerk.: Spitzname von Thierry] kam, um seine eigenen Ideen aufzuzeichnen.
RockTimes: Was inspiriert Deinen Bruder Thierry zu seinen Texten?
Manu: Ich glaube, er entnimmt seine Ideen seinem Umfeld, der Familie, Freunden, oft ganz triviale Begebenheiten... aber da wäre es wohl besser, ihn persönlich zu fragen!!
RockTimes: Meine Favoriten von "Double Dose" sind vor allem "Rock'n'Roll Bitume" und "I Gotta Hit The Ground". Welche Songs findest Du besonders gelungen und warum? Manu Ich mag vor allem "Blues Outlaws", "For You" und "Climb Aboard", weil ich die komponiert und auch die meisten anderen Facetten gemacht habe. Aber ich liebe dieses Album als Ganzes. Ich bin wirklich stolz auf "Double Dose".
RockTimes Kannst Du unseren Lesern mal kurz schildern, wie es zu der Zusammenarbeit mit Archie Hooker bei "L'Homme à l'Harmonica" kam? Manu: Das kam eigentlich ganz einfach: John Lee Hookers Neffe Archie hat sich ganz in unserer Nähe in Frankreich niedergelassen. Wir trafen uns oft und jammten zusammen. Deshalb fragten wir ihn, ob er einen Text für uns schreiben könnte und er war sofort einverstanden. Er ist ein wirklich wahrer Freund!
RockTimes: Dieser Song erinnert mich gewaltig an Blackfoot, nicht nur wegen des Shorty Medlocke-Intros. Wer bläst denn diese verdammt coole Harp? Manu: Das war unser Freund Sebastien Delcroix. Dédé [Anmerk.: Natchez' Bassist] hat ihn uns vorgestellt. Ein toller Typ... und dazu noch sehr talentiert. Wir luden ihn ein, bei diesem Titel mitzuspielen.
RockTimes: Ein weiteres Highlight ist für mich "Seul au Monde". Hier habe ich in meinem Review Parallelen zu "Free Bird" gezogen. War das so geplant oder hat sich der Song während der Aufnahmen dahingehend entwickelt? Manu: Zuerst, als mein Bruder Babach die coolsten Parts schrieb, war das finale Solo länger, aber ich habe kein gutes Ende gefunden. Deshalb ist das Solo im Ergebnis verkürzt und ich habe dafür diesen schnelleren Part eingebaut. Meiner Meinung nach ist der Song eigentlich näher an .38 Specials "Just Wanna Rock'n'Roll" als an "Free Bird", aber fast jeder vergleicht "Seul au Monde" mit diesem mythischen Skynyrd-Titel.
RockTimes: In "For You" sind dezente Keyboards zu hören. Wäre ein fester Keyboardplayer in Zukunft für Euch eine Option? Die tollen Blackberry Smoke haben da ja in jüngerer Vergangenheit ebenfalls umgesteuert... Manu: Das ist Manu Ducros, der die Keyboards spielt. Er ist ebenfalls ein Freund von uns, der auf all unseren Alben zu hören ist. Er besitzt ein Heimstudio und weiß genau, wie man in unseren Stil switchen muss, auch wenn er außerhalb von Natchez in keinen Bands spielt. Allerdings ist es für uns unmöglich, einen Vollzeit-Keyboarder anzuheuern. Wir müssten viel höhere Gagen verlangen und bräuchten zudem auch größere Bühnen!
RockTimes: 'Supergroups' sind ja derzeit wahnsinnig angesagt. Formiere doch mal bitte eine Supergroup um Dich herum! Manu: Ohne das geringste Zögern würde ich den Bassisten und Schlagzeuger der Black Crowes fragen - ich bin ein riesiger Fan! Charlie Starr von Blackberry Smoke und Don Barnes von .38 Special für den Gesang. Um die Gitarrenparts aufzuteilen, würde ich Unterstützung von Chris Anderson von den Outlaws anfordern, Gregg Allman an die Keyboards setzen und entweder mit Dale Krantz oder Carol Chase für den Backgroundgesang Kontakt aufnehmen.
RockTimes: Die besondere Liebe eines jeden Musikers sind die Live-Shows. Welcher Gig war dermaßen geil, dass Du gar nicht mehr von der Bühne wolltest - und analog dazu: Bei welchem wärst Du am liebsten vor Scham im Erdboden versunken? Manu: Wir hatten in dieser Hinsicht viele gute Zeiten. Im Nachhinein betrachtet war unsere Jam-Session mit Blackberry Smoke vielleicht das Beste, das mir je passiert ist. Die Gitarrenparts mit dem Meister Charlie Starr zu teilen, war einfach unglaublich. Ein einzigartiger Moment, der vielleicht niemals wiederkommt. Die schlechten Zeiten blendet dagegen mein Gehirn automatisch aus. Ich will nur das Beste für mich behalten!
RockTimes: Natchez hat ja wirklich schon mit tollen großen Bands die Bühne geteilt. Welche Musiker waren denn am Coolsten drauf? Manu:
Wir haben mit Molly Hatchet jetzt viermal die Bühne geteilt, auch mit Doc Holliday, Point Blank, Little Caesar und vielen anderen mehr. Sie waren alle sehr nett und interessierten sich für unsere Musik. John Galvin besitzt sogar unsere gesamte Diskographie. Ich erinnere mich an Bruce Brookshire, wie er in einem Natchez-Shirt auf der Bühne stand. Aber es gibt auch ein paar 'schlimme Finger'. Popa Chubby ist der schlimmste von allen. Oder in jüngster Zeit auch Bobby Ingram und sein Roadie... Bobby ist nicht mehr so, wie noch vor ein paar Jahren...
RockTimes: Welchen Musiker würdest Du gerne mal kennenlernen? Manu: Ich würde gerne mal Jeff Carlisi, Don Barnes, Dickey Betts, Gary Rossington und Billy Gibbons teffen und mit ihnen spielen. Leider sind viele meiner 'Ziehväter' bereits tot...
RockTimes: Welche Ziele hat Natchez für die Zukunft? Wohin soll die Reise gehen? Manu: Ich weiß nicht so recht. Wir haben bereits eine Menge unserer Ziele erreicht! Natürlich spielen wir nicht auf so großen Bühnen wie Skynyrd oder ZZ Top, die Black Crowes oder Deep Purple. Der Gipfel des Erfolges wäre für mich der Status von AC/DC!! Generell wollen wir versuchen, die an uns gestellten Erwartungen zu erfüllen. Und vor allem: Freude bereiten und zurückbekommen...
RockTimes: Hast Du noch eine Botschaft für unsere Leser? Manu: Ich hoffe sehr, dass sich für uns noch viele Möglichkeiten ergeben, um in Deutschland zu spielen, sodass ich in der Lage sein werde, euch zu treffen. Ansonsten danke ich euch herzlich für eure offenen Ohren für unsere Alben. Erhaltet euch die Leidenschaft für Musik!
RockTimes: Meine obligatorische Scherzfrage zum Schluss: Was wolltest Du schon immer mal in einem Interview gefragt werden? Manu:
Ich wollte schon immer mal gefragt werden, ob ich die Musik mag, die ich mache. Meine Antwort ist JA!!!! ;-)
[Fotos authorisiert von Manu Aeschbach]
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