Native Window, das sind Kansas ohne Steve Walsh. So einfach ist das. Der Grund, warum es Kansas ohne Walsh gibt, ist ganz einfach: Vor ein paar Jahren beschlossen die einstigen Haupt-Songwriter der Band, Kerry Livgren und Steve Walsh, dass sie kein neues Material mehr schreiben wollen - zumindest nicht in voller Album-Länge.
Somit dürfte "Somewhere To Elsewhere" aus dem Jahr 2000, für das Livgren sich nochmal kurzzeitig mit den Ex-Kollegen zusammengetan hatte, das letzte Produkt einer Traditionsmarke gewesen sein. Und weil Kansas sich ohnehin seit langem als Tourband verstehen, kann man doch den Frust der übrigen Bandmitglieder gut verstehen. Wie, das soll es nun gewesen sein? Trotz so vieler neuer Ideen?
Billy Greer, Rich Williams, Phil Ehart und David Ragsdale, der inzwischen zum zweiten Mal und wohl für immer Kult-Gitarrist Robby Steinhardt ersetzt, zogen Konsequenzen und machten ihren eigenen Laden auf. Native Window ist dabei keine 'Gegenveranstaltung' zu Kansas, sondern im Einvernehmen mit Steve Walsh entstanden, der seinen Kollegen von Beginn an alles Gute mit ihrer Zweitband wünschte. Lead Sänger der 'Neuen' ist natürlich Bassist Billy Greer, der ja bei Kansas den Großteil der Backings übernimmt und seines Zeichens auch ein großartiger Lead Sänger ist - siehe Seventh Key.
Für ihren späten Neustart haben sich die vier Herren im gesetzten Alter die Unterstützung eines alten Weggefährten gesichert: Jeff Glixman, der Producer der großen Kansas-Klassiker, hat das Native Window-Erstlingswerk in seinem Studio abgemischt und der Band mit dem von ihm geführten Label Star City Recordings auch gleich ein zu Hause gegeben. Und noch ein Name ist wichtig: Steve Rawls, der als Produzent des Albums auch einen wesentlichen Anteil am Schreiben der Songs hatte.
Diese entstanden allesamt an der Akustikgitarre - was unverstärkt gut klang, das wurde auch weiterverfolgt. Diese Herangehensweise hört man den Stücken deutlich an. Sie klingen Singer/Songwriter-geprägt, sehr melodiös und eher ruhig in ihrer Grundausrichtung. Eine Hand voll der Songs kommt ziemlich locker, folk-rockig und mit leichtem Country-Touch rüber. Das liegt natürlich auch an der immer wieder markant im Vordergrund stehenden Geige mit ihren hübsch verspielten Melodien, die in diesem Bandgefüge traditionell die zweite Gitarre ersetzt. Mandoline steuert David Ragsdale übrigens auch noch bei.
Rich Williams arbeitet viel mit Akustik- und Clean-Gitarre. Aber natürlich wird auch mal etwas härter gerockt - vor allem in den Refrains - und mit Verzerrung soliert. Die Solo-Tätigkeiten halten sich aber in einem sehr überschaubaren Rahmen. Ein symphonisches Rock-Album wie von Kansas in den 70ern darf man ohnehin nicht erwarten. Hier gibt es kompakte Rock-Songs in ganz normaler Verse-Chorus-Struktur und ganz kurzen Solo-Spots. Dort liefern sich Gitarre und Geige (sehr) kurze Mini-Duelle (naja, eher Duette...), bei denen dann aber sofort ein Hauch von alter Kansas-Atmosphäre aufkommt.
Die Songs auf Native Window sind aber viel mehr mit den straighten Kansas der 80er Jahre zu vergleichen, oder - gerade durch den unverkennbaren Songwriter-Input Billy Greers - mit straightem, aber sehr emotionalem Melodic Rock à la Streets, Seventh Key oder Mike Slamer, alles überaus gelungener 'Non-Prog', bei dem Greer irgendwie die Finger und/oder die Stimme im Spiel hatte. An Seventh Key erinnern besonders die positiven Vibes von "Still", "Surrender" und "Miss Me" mit ihren ruhigen Strophen und den raschen Crescendos zu kraftvollen, traumhaft schönen Chören im Refrain, an deren Spitze Greers durchdringende Stimme steht.
Mit dem dynamischen "Got To Get Out Of This Town" erinnert man dann auch noch an frühe Kansas'sche Country-Rocker wie "Can I Tell You", allerdings (leider) ohne größere instrumentale Werksschau. In den (jedoch etwas zu großen Fußstapfen) von "Dust In The Wind" wandert die rein akustisch gehaltene, nachdenkliche Ballade "The Light Of Day". Heavy, cool und bluesrockig wird's dagegen mit "Blood In The Water" - ein Hauch von "Not Man Big" vom "Somewhere To Elsewhere"-Album. Und dann covert sich Billy Greer noch selbst: "An Ocean Away" ist ein wunderschöner Song mit Gänsehaut-Melodien vom Seventh Key-Album "The Raging Fire" (2004) - dieses Mal genial verfeinert mit Zupf-Geige.
'Seventh Key meets Kansas' könnte man unterm Strich sagen. Native Window ist ein guter Tipp für Melodic Rocker mit Geigen-Faible und für Kansas-Fans, die auch ohne Steve Walsh und epische Arrangements einfach auf gute Songs stehen. Denn genau das ist Native Window. Ihre Live-Karriere startete die Band übrigens tatsächlich als Opener für Kansas. Praktisch, denn erstens kennt die Band da schon ihr Publikum und umgekehrt, und zweitens braucht man für den Haupt-Act gar nicht umzubauen - es stürmt bloß noch ein Sänger auf die Bühne, und die Fans schreien ein wenig lauter.
Line-up:
Billy Greer (bass, vocals)
Richard Williams (guitar)
Phil Ehart (drums)
David Ragsdale (violin, mandolin)
Additional Musicians:
Steve Rawls (12 string guitar - #3, acoustic guitar - #5)
Sloan Hayes (organ - #1)
Renée Mixon, Yvette Tilton, Shana Alverson, Rachel Williams, Lauren Williams, Stephanie Giraldo, Jamie Greene, Steve Rawls (vocals - #2)
Tracklist |
01:Money (4:18)
02:Still (We Will Go On) (4:23)
03:Surrender (3:23)
04:The Way You Haunt Me (4:01)
05:The Light Of Day (3:30)
06:Blood In The Water (4:44)
07:An Ocean Away (3:39)
08:Miss Me (5:15)
09:Got To Get Out Of This Town (4:03)
10:The Moment (3:47)
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