Nattefrost / Homeland
Homeland Spielzeit: 45:45
Medium: LP
Label: Sireena Records, 2014
Stil: Electronic

Review vom 25.11.2014


Ulli Heiser
Nach Different Stages ist "Homeland" bereits das zweite Album, das der dänische Musiker Bjørn Jeppesen in diesem Jahr veröffentlicht. Bei manchen Künstlern liegen Jahre zwischen zwei Veröffentlichungen. Allerdings stammen die sechs Stücke auf "Homeland" aus einer früheren Periode des Künstlers.
Wer RockTimes regelmäßig besucht, weiß, dass Bjørn unter dem Namen Nattefrost firmiert und elektronische Musik macht. Das Label Sireena hat den Nordmann unter seinen Fittichen und präsentiert seine Werke in adäquater Aufmachung. Limitiert auf 500 Exemplare liegt das Album in schwerem, goldenen Vinyl vor mir. Bevor es ans Eingemachte geht, fällt das tolle Coverartwork auf. Malene Lillien Sørensen ist die Künstlerin, die das stimmungsvolle Gemälde erschaffen hat, dessen Motiv trefflich zum musikalischen Thema passt.
Kurz gesagt, geht es um die Geschichte Skandinaviens. Um die Geschichte des alten Nordens, um etwas präziser zu sein. Das Album ist instrumental und so bleiben alleine die Tracknamen, um sich die Stories um die Musik selbst zu schreiben. Jeppesen hilft aber dabei, denn neben dem Coverbild ist auch die Musik derart choreografiert, dass man zu jeder Zeit weiß, um was es geht. "Dance Of The Elves" oder "At War" zum Beispiel lassen nicht den geringsten Zweifel aufkommen. So gibt es in "At War" Marschgetrampel dermaßen auch musikalisch dargeboten, dass man wirklich das Gefühl hat, da walzt eine gewaltige Wikingerarmee durchs Dorf direkt aufs Haus zu. Man hört vereinzelte Kampfrufe, die jedoch alsbald von bombastischen, orchestralen Wellen übertönt werden. Hammer, zu welch fast realer Bilderzeugung Musik in der Lage ist.
Ein 'dunkel' rhythmischer Bass in fast klassischem Umfeld beherrscht den 'Tanz der Elfen'. Überhaupt ist "Homeland" eine Platte, die sicherlich - wie die Vorgänger auch - elektronisch zu nennen ist. Aber dieses Mal schwingt eine enorme Portion Orchestralität, wenn nicht gar Sinfoniehaftes mit. Gewaltig ertönen die per Schaltkreis erzeugten Paukenhiebe. Gewaltig, aber auch irgendwie gedämpft, was die Brachialität noch verstärkt. Weiß der Geier woher, aber es ertönen Chorstimmen und in Verbindung mit der Musik, ergibt das einen Klassik-Touch, der wie nicht von dieser Welt scheint.
"Divine Light", das sind zum einen harte, technische Bass- und/oder Drumsequenzen mit einer sinfonisch anmutenden Süße dahinter. Die Verbindung von scheinbar kalter, gefühlsloser Technik und warmem sinfonischen Labsal ist erstaunlich. Zumal auch letzteres künstlich erzeugt ist. Bjørn Jeppesen weiß mit seinen Gerätschaften umzugehen und vor allem beherrscht er es, den Hörer dazu zu bringen, beim Hören der Musik ein Drehbuch zu schreiben.
Es soll zwar nicht auf die Länge ankommen, aber der Titeltrack mit seinen mehr als zwanzig Minuten könnte das Gegenteil beweisen. Hier ist Zeit genug, die Nordmänner in ihren Booten auf deren Abenteuern zu begleiten und der Faszination aus Elektronik und großer Sinfonie zu erliegen. Generell ist ja besonders diese Art der Klangerzeugung prädestiniert, um entweder zu entspannen, zu meditieren, durchs All zu fliegen oder wegzuspacen. "Homeland" lässt das alles auch zu, aber besser ist es, die Stereoanlage in den Kampfmodus zu bringen, sich an der Spitze des berühmten Dreiecks zu positionieren und mit Bjørn die alte Geschichte Skandinaviens fast hautnah und live mitzuerleben.
Line-up:
Bjørn Jeppesen (all hardware & software synthesizers, vocoders, backing vocals)
Tracklist
Seite 1
01:The Golden Age (1:30)
02:Dance Of The Elves (3:30)
03:Norse (6:28)
04:Divine Light (8:04)
05:At War (5:49)

Seite 2
01:Homeland (20:24)
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