Natural Gas / Same
Natural Gas Spielzeit: 35:02
Medium: CD
Label: Itsaboutmusic, 2010
Stil: Rock


Review vom 23.01.2011


Markus Kerren
Böse Zungen könnten behaupten, dass sich da vier (teilweise mittlerweile) erfolglose Typen zusammengetan hatten, die sich eines Abends zum Frust runterspülen zufällig in einem Londoner Pub getroffen hatten. Verkauft werden Natural Gas dagegen als eine einzigartige Supergroup der Mittsiebziger, die vier unglaubliche Talente durch eine höhere Macht zusammenkommen und gemeinsam Musik machen ließ. Und die Wahrheit? Die liegt wie so oft wahrscheinlich irgendwo in der Mitte.
Die Band entstand 1975 und bestand aus solch klangvollen Namen wie Joey Molland (Ex-Badfinger), Jerry Shirley (Ex-Humble Pie), Mark Clarke (Ex-Uriah Heep) und dem Keyboarder Peter Wood (Ex-Quiver). Glaubt man den Berichten von damals, so war das Zusammenkommen der vier Musiker tatsächlich eher zufällig, man kannte sich natürlich, jeder hatte Zeit und so wurde auch nicht lange gezögert und sofort an die Arbeit gegangen. Das gleichnamige, von Felix Pappalardi (Ex-Mountain) produzierte Debüt-Album erschien Anfang 1976 und war bereits wenige Jahre später für lange, lange Zeit vollkommen von der Bildfläche verschwunden, bzw. aus dem Katalog gestrichen.
Nun hat sich das Label Itsaboutmusic dem Album im letzten Jahr noch einmal angenommen und es remastert auf den Markt gebracht. "Natural Gas" enthält insgesamt zehn Tracks, von denen die Hälfte von Joey Molland beigesteuert wurden. Und obwohl sich auch Peter Wood sowie Jerry Shirley mit je einem Co-Credit einbringen konnten, ist es ansonsten vor allem Mark Clarke, der zum Songwriting beitrug. Mollands "Little Darlin'" startet die Scheibe schön rockig und treibend, macht aber auch umgehend deutlich, dass der Band ein guter Sänger fehlte. Im Prinzip sind die Vocals nicht schlecht, was aber leider nicht vorhanden war, war ein Frontmann mit einer größeren Reichweite und mehr Ausdruckskraft.
Joey Mollands Gitarre kommt dagegen sehr gut und auch Clarkes Bass pumpt raumfüllend und druckvoll. Naja, und dass Jerry Shirley ein sehr starker Drummer war (und ist), hatte er schon beeindruckend während seiner Zeit mit Humble Pie unter Beweis gestellt. Peter Woods Piano kommt zum ersten Mal bei der schönen Ballade "Once Again, A Love Song" zum Tragen. Auch der Gesang wird hier besser in Szene gesetzt, wenn er auch wie vorher etwas zu 'flach' wirkt. "You Can Do It" rockt dann wieder sauber geradeaus, mit starken, perlenden Pianoläufen versehen. Der vielleicht stärkste Track der Scheibe ist "I've Been Waitin'", der flott sowie treibend groovt und dabei sogar noch ziemlich eingängig ist.
Song für Song strömt mir aus den Boxen entgegen und da ist tatsächlich keine einzige Niete dabei. Was dem Quartett trotz gutem Songwriting allerdings nicht gelang, war seine Stücke eingängig genug zu komponieren, dass diese auch mit Langzeitwirkung in der Erinnerung hängen bleiben. Nach der zweiten, ebenfalls guten Ballade "I Believe It's Love" folgt das damals als Single ausgekoppelte "The Right Time". Und einmal mehr glänzt die powervolle Rhythmusabteilung, das rollende Piano und Mollands Gitarre, die die Streusel auf diesem Kaffeestückchen ausmachen. In den Charts konnte Natural Gas allerdings auch damit nicht landen.
Durch die Jerry Shirley-Connection zu seinem alten Humble Pie-Kumpel Peter Frampton wurde die Band damals als Vorgruppe zu dessen "Comes Alive"-Tour eingeladen, aber durch die schlechten Plattenverkäufe war danach schnell Schicht im Schacht. Somit bleibt das Debüt auch das einzige Vermächtnis dieser Formation. Zum Reinhören würde ich "I've Been Waitin'", "The Right Time", "Christmas Song" und "I Believe It's Love" empfehlen, die auf dem Album alle sehr eng beieinander liegen und den stärksten Part des Silberlings ausmachen.
"Natural Gas" ist keine schlechte, sondern vielmehr eine grundsolide Siebziger-Rockscheibe, die aber wohl einen besseren Sänger gebraucht hätte, um mehr Eindruck zu schinden. Weitere Gründe für das Scheitern der Band waren sicher auch, dass das Album in der Blütezeit des Punk Rock erschien und dass eben der oft so notwendige Hit fehlte. Trotzdem waren hier klasse Musiker am Werk und ich höre mir das Album zwischendurch immer noch sehr gerne an. Denn es ist bei Weitem nicht so schlecht, wie man auf gewissen Seiten im weltweiten Netz nachlesen kann.
Line-up:
Joey Molland (guitars, vocals)
Mark Clarke (bass, vocals)
Peter Wood (keyboards)
Jerry Shirley (drums, lead vocals - #5)
Tracklist
01:Little Darlin'
02:Once Again, A Love Song
03:You Can Do It
04:I've Been Waitin'
05:I Believe It's Love
06:The Right Time
07:Christmas Song
08:Miracle Mile
09:Dark Cloud
10:St. Louis Blues
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