Grandiose 40 Jahre alt werden Nazareth im nächsten Jahr! Vier Jahrzehnte, die für ungezügelte Rockmusik, großen Erfolg (vor allem) in den Siebzigern, den unaufhaltbaren Abstieg in den Achtzigern, nur noch sporadische Studioalben ab den Neunzigern, aber auch ein gehöriges Maß an Durchhaltevermögen stehen. Mit der Begleiterscheinung, dass zumindest der Sänger und der Bassist sämtliche Autobahnausfahrten Europas alphabetisch im Schlaf aufsagen können.
Von der 1969er Besetzung sind heute noch der Mikrophon-Killer Dan McCafferty und der das Langholz bedienende Pete Agnew dabei. Gitarrist Manny Charlton hatte irgendwann um 1990 keine Lust mehr und Original-Drummer Darrell Sweet hatte Jahre später ein unerwartetes Meeting mit Gevatter Tod, das seinen Drumhocker danach zwangsweise verwaisen ließ. Rekrutiert wurden Agnews Sohn Lee für die Felle und Jimmy Murrison an der Gitarre, die auch auf der vor ca. anderthalb Jahren in RockTimes besprochenen DVD Live From Classic T Stage schon mit dabei waren.
Nach zehn Jahren liegt nun also der Nachfolger von "Boogaloo" vor, das mir dubioser Weise noch nie und aus nicht nachvollziehbaren Gründen in die Hände gefallen ist. Nazareth im Jahre 2008 starten "The Newz" mit einem vertrackten Gitarrenriff und einem fast als Sprechgesang vorgetragenen Text. Viele Breaks und ein moderner (Gitarren-) Sound brechen also erst mal das Eis, selbst wenn der Track an sich noch kein Überflieger ist. McCaffertys Röhre ist selbstverständlich unverkennbar, aber kompositorisch bekommt man hier wohl am ehesten die Visitenkarte von Gitarrist Murrison überreicht.
Ganz anders dagegen "Day At The Beach", das von einem eher getragenen Gitarrenriff und vor allem dem Gesang bestimmt wird, der hier neben einer ganz starken Melodieführung zum ersten Mal diese Gänsehaut-erzeugende Magie entfacht, wie sie eben nur diese so extrem rauen und nicht weniger gefühlvollen Stimmbänder McCaffertys aus dem Hut zaubern können. "Liar" kann man im Prinzip als Fortsetzung des Openers "Goin' Loco" betrachten. Abgelöst dann von dem starken "See Me", das mit flotter Akustik-Gitarre, super Gesangsmelodie und treibendem Bass und Percussions sehr cool rüberkommt. Abwechslung und starke Songs, so macht das Spaß
Auch "Enough Love" und "Warning" sind Midtempo-Rock-Stampfer, die nie einen Hauch von Abgenutztheit oder Alter aufkommen lassen, sondern sehr kraftvoll und spritzig durchstarten. Dan McCaffertys Gesang ist jederzeit auf der Höhe und bei "Loggin' On" bringt er dann auch noch echte Werte in den Text ein, bei dem von der Entfremdung der Menschen die Rede ist, die ein Leben vor dem PC vorziehen, anstatt aus dem Haus zu gehen und sich mit leibhaftigen Leuten zu treffen, bzw. auseinanderzusetzen. Alte Schule eben!
Ausgelassen wird auf "The Newz" nichts und so beweisen die Schotten mit "Road Trip" und "Keep On Travellin'", dass sie auch immer noch richtig hart rocken können. Ist wie Schwimmen, einmal gelernt, dann hat man's für immer drauf. Die geile Ballade "Dying Breed" beschließt das Album in großem Stil, aber besonders möchte ich noch den Song "Gloria" erwähnen. Ebenfalls ein größtenteils ruhiges Stück, dient es einmal mehr als Plattform für Dan McCaffertys großartige, die Häarchen aufstellenden Vocals.
Von einer Band wie Nazareth wirklich etwas komplett Neuartiges zu erwarten, wird wohl ebenso unerfüllt bleiben, wie die Hoffnung, dass Bayern München jemals aus der Bundesliga absteigen wird. Sei's drum, was die Veteranen hier abgeliefert haben, ist durchgängig grundsolide. Dazu mit absoluten Sahneteilen wie dem Ohrwurm "Day At The Beach", "Dying Breed", "Road Trip" und "Gloria" gesegnet. Erfreuliche 7,5 von 10 RockTimes-Uhren an die Rock-Urviecher!
Line-up:
Dan McCafferty (vocals)
Pete Agnew (bass, background vocals)
Jimmy Murrison (guitars)
Lee Agnew (drums)
Tracklist |
01:Goin' Loco
02:Day At The Beach
03:Liar
04:See Me
05:Enough Love
06:Warning
07:Mean Streets
08:Road Trip
09:Gloria
10:Keep On Travellin'
11:Loggin' On
12:The Gathering
13:Dying Breed
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