Nergard / Memorial For A Wish
Memorial For A Wish Spielzeit: 64:52
Medium: CD
Label: Battlegod Productions, 2013
Stil: Melodic Metal

Review vom 24.05.2013


Boris Theobald
Nergard - ein Melodic Metal-Allstar-Treffen ... und es glitzert so richtig beim Blick auf die Besetzungsliste, vor allem bei den Sängern: Ralf Scheepers, Göran Edman, Mike Vescara, Andi Kravljaca (Silent Call, Aeon Zen, Nils K. Rue, David Reece, Michele Luppi, Åge Sten Nilsen und Tony Mills sowie als weiblicher Gegenpart die weniger prominente Sunniva Unsgård - nicht übel. Beim Hören von "Memorial For A Wish" funkelt es ebenfalls ... hier und da. Zuweilen verblasst der Glitzer aber auch ein wenig - schlecht ist die Scheibe aber weiß Gott nicht.
Wir haben es mit dem Debütalbum (zuvor gab es schon eine EP) des gerade mal ein paar zwanzig Jahre alten Norwegers Andreas Nergård zu tun, seines Zeichens Songschreiber, Drummer, Basser und Keyboardspieler bei dem Projekt, dem er seinen Namen leiht. "Memorial For A Wish" ist ein Konzeptalbum und erzählt die Geschichte eines Mannes, der im Irland Ende des 19. Jahrhunderts zu Unrecht verurteilt und in ein Arbeitslager gesperrt wird, seine schwangere Frau und sein Leben sowieso zurück lassen muss und 20 Jahre später, zurück in Freiheit, an seinem Schicksal zu Grunde geht.
Mit einem theaterhaften Sprech-Part beginnt das erste Stück des Albums, "20 Years In Hell", recht vielversprechend. Es kann die hohen Erwartungen aber nicht halten. Ein pompöser Melo-Bombast-Part à la Magnum weckt gewisse Erwartungen - doch die Spannung fällt schnell wieder ab und man verzettelt sich schon in der allerersten Nummer in langatmiger Ereignislosigkeit. Die theatralisch-elegischen Wechselgesänge verschiedener Lead Sänger in ruhiger Atmo mit Effekten kommen zwar mit einigem Ausdruck daher - letztlich plätschert der Opener dadurch aber minutenlang ohne Highlights und Hooklines vor sich hin - ein Fehlstart.
Das folgende "A Question Of God" wetzt diese Scharte etwas aus - ein kraftvoller, melodiöser Melodic Power Metal-Track mit Effekten und Dramatik, ein wenig im Stile von Ian Parrys Consortium Project. Auch die Powerballade "Is This Our Last Goodbye" kann mit einfühlsamen Passagen aus Cello, Percussion und auffällig groovendem Bass durchaus gefallen - die expressiven Vocals sind stark. Bei "Hell On Earth" geht es nun regelrecht thrashig zur Sache. So böse, wie Mike Vescara hier singt, klingt es sogar etwas nach Metallica - krasser Gedanke, oder?
Abwechslung ist garantiert - es wird wieder ein Gang zurückgeschaltet. "An Everlasting Dreamscape" ist sogar ein echtes Melodie- und Atmo-Highlight. Butterweich kommt der Song daher, warm und kribbelig und dann mit einem euphorisierenden Chorus. Tolle Nummer! Es folgen noch drei Stücke - und mit denen wird es gegen Ende des Albums zunehmend epischer. "Nightfall" ist noch ein recht gutes Beispiel dafür, wie exakt die richtigen Stimmen für genau die richtige Gangart eingesetzt werden: Die Strophe ist recht hart und aggressiv - es singt Nils K. Rue und schon klingt es nach Pagan's Mind, während es Richtung Refrain 'weicher' und getragener wird, inklusive passender Stimmwechsel.
Die abschließenden, überlangen Tracks "Angels" und "Requiem" - beide überschreiten die Zehn-Minuten-Marke - offenbaren allerdings ein paar dramaturgische Schwächen. "Angels" kommt zwar mit einem durchaus gutklassigen pompös-melodischen Chorus à la Avantasia daher, geschickt umrahmt von aggressiveren, Metal-lastigen Parts und feiner Frickel-Arbeit. In einem ausgedehnten Break tummelt man sich aber wieder zu ausgiebig in balladenhaften Sphären. Gut, aber zu lang und der Faden geht verloren.
Ähnlich kommt das abschließende "Requiem" daher. Nach ausgedehntem Aufbau inklusive wortloser weiblicher Gesangspirouetten kann der unverwechselbare Göran Edman durchaus glänzen - eine einfühlsame Strophe mit gelungenen Atmo-Synthies, dann ein Power-Balladen-Refrain, erneut im Stile von Avantasia - das hat schon klasse und verursacht sogar wohlige Gänsehaut. An sich ist der Song aber nach fünf Minuten zu Ende. Es folgt ein langes Potpourri aus Streicherparts, Orgel plus Sprechgesang, fiesen Growls und ur-metallischen Screams, bei dem letztlich zu viele Stimmen mitmischen. Manchmal ist weniger mehr ...
Der vermeintliche Hauptakteur Edman taucht erst nach 13 Minuten wieder auf - in erhabener Finalstimmung, aber ohne den Chorus wieder aufzugreifen. Auch nach dem vierten, fünften, sechsten Hören wirkt die längste Nummer des Albums allzu unzusammenhängend und dramaturgisch willkürlich. Es gibt also durchaus Momente, in denen Namensgeber Andreas Nergård vielleicht ein bisschen zu viel wollte. Das sind die Schönheitsfehler im Bereich 'musikalisches Drehbuch'. Die vielen starken Momentaufnahmen machen "Memorial For A Wish" trotzdem zu einem grundsoliden Album für 6 von 10 RockTimes-Uhren.
Line-up:
Andreas Nergård (drums, bass, keyboards)
Vocals:
Åge Sten Nilsen
Ralf Scheepers
Göran Edman
Mike Vescara
Nils K. Rue
Michele Luppi
Andi Kravljaca
David Reece
Tony Mills
Ole Martin Moe Thornæs
Sunniva Unsgård

Guitar solos:
Helge Engelke
Stig Nergård
Tracklist
01:Twenty Years In Hell (9:12)
02:A Question Of God (5:12)
03:Is This Our Last Goodbye (6:33)
04:Hell On Earth (5:11)
05:An Everlasting Dreamscape (4:07)
06:Nightfall (7:51)
07:Angels (11:50)
08:Requiem (14:52)
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