Seit sechzehn Jahren existiert die Band New Cool Collective ( NCC) schon. Touren ist für das Oktett so selbstverständlich, wie für andere das Zähne putzen. Jedes Jahr stehen renommierte Festivals auf dem Programm und in Japan war man auch schon unterwegs.
Anscheinend sind die Musiker echte Workaholics, denn an Alben mangelt es ihnen nicht. Ebenso hat die Gruppe bereits einige Preise eingeheimst.
Darüber hinaus tritt das Kollektiv auch im Big Band-Format mit neunzehn Musikern auf.
Kleiner geht es für den Mitbegründer vom NCC auch... als Benjamin Herman Kwartet.
Die Formation ist ein Synonym für jede Menge Rhythmus, der in unterschiedlichen Genres verpackt ist. Jazz, Latin, Soul sowie Blues und deren Verwandte sind die langen Fäden der Musik, die bei dieser Combo in genialer Weise zusammenfließen und in einer grenzenlosen Mischung vorgetragen werden.
So konnte man auf das Konzert der umtriebigen Band gespannt sein.
Pünktlich war die Gruppe, bereits Stammgast auf Roepaen, in den Startlöchern und bei acht Musiker auf der Bühne des Nightclubs passte dort, genauso wie bei den Zuschauern fast keine Zeitung mehr dazwischen.
Klar, denn die Gruppe hatte mit einem Drummer und zwei Perkussionisten nicht nur in diese Richtung viel zu sagen. Benjamin Herman spielte Saxofon und Querflöte. In der vordersten Reihe stand auch David Rockefeller, wohl der betuchteste Musiker im Bunde, denn er konnte den Sound gleich mit drei Instrumenten bereichern: Trompete, Kornett und Posaune.
Musik war Trumpf.
Herman machte ab und an eine kleine Durchsage und ansonsten ging es fast ohne Pausen zwischen den Songs immer in die Vollen.
Draußen regnete es in Strömen und drinnen dauerte es keine Viertelstunde, bis der Schweiß floss. Diese Musik ging in die Beine, selbst wenn es im flirrenden Geflecht der Rhythmik zu ruhigeren Passagen kam.
Nicht nur die Musik war bewegend, auch die Künstler wechselten ihre Arbeitsplätze, wie andere ihre Hemden. Mal war es Jos De Haas, dann Frank Van Dok, die einen vorne reservierten Platz neben Herman einnahmen, wenn es zu besonderen Handtrommeleinsätzen kam. Und schwups, stand der etatmäßige Keyboarder Willem Friede an den Percussions bereit.
Bis zum Ende des Auftritts, nach satten zwei Stunden, hatten schließlich alle, mit Ausnahme der Gitarristen, die Felle bedient.
NCC zündete ein Feuerwerk nach dem anderen und die Zuschauer erlebten so etwas wie eine musikalische Weltreise der Extraklasse, denn mittendrin gab es auch noch einen Reggae ("Skuzzy Skank") mit viel Bass im Bauch. Friede lieferte zwischendrin unter anderem verträumt sphärische Tastenwelten. Nur noch eine Frage der Zeit, bis das Trommeltrio zum Zuge kam.
Beeindruckend! Es gab nicht nur jede Menge zu hören, sondern auch zu sehen. Alleine schon das ambitionierte Auftreten der zum größten Teil in Schwarz gekleideten Männer war fürchterlich ansteckend. Die Herren, besonders Herman, spielten sich bereits zu Beginn ("Elegua") in einen wahren Rausch.
Jeder stand mindestens einmal im Spotlight der Soloaktivitäten und der Berichterstatter konnte einfach nur feststellen, dass jeder ein Meister seines Instrumentes war.
Dann endlich trumpfte die Trommelabteilung auf.
Das Trio an den Fellen wurde zunächst noch locker von Friede begleitet, aber schließlich gönnte er seinen Händen und der Fender Rhodes eine Pause. Was sich nun abspielte, war mit allen Wassern der Rhythmik gewaschen. Minutenlang wurde hervorragend getrommelt und als die Gebläsemänner wieder an die Mikrofone wollten, gab es nur ein kleines Signal vom Schlagzeuger, der noch nicht genug hatte... weiter ging es.
Beat, Beat und nochmals Beat.
Auch bei einem Gig vom New Cool Collective lebt der Rock'n'Roll. Für die Klappen und Ventile der Blech- sowie Holzblasinstrumente war Rost ein Fremdwort. Herman stellte die Oktavklappe seines Saxofones vor eine Belastungsprobe nach der anderen. Dem Zuhörer wurde bewusst, wie viele Arten des Grooves es gibt. Unglaublich, wie reichhaltig das Repertoire war. Zwischenzeitlich machte man sich echt Sorgen um die Finger der Trommelmannschaft.
Wie weit der musikalische Horizont der Band ging, verdeutlichten sie mit dem Stück "Lang Lang" von ihrer Platte "Out Of Office". Lang Lang ist ein bekannter chinesischer Pianist und auf Roepaen stand diese Nummer klar im Zeichen des Gitarristen. Ohne Herman und Rockefeller stellte er sein Können auf der von Gebrauchsspuren gezeichneten Gibson unter Beweis.
Respekt musste man der Mannschaft um Herman zollen, denn die konnte beeindruckend mit Rhythmus- und Stimmungswechseln jonglieren. Gesungen wurde auch, allerdings weder in niederländischer Sprache noch Englisch. Irgendwie klang es nach einer afrikanischen Sprache.
Einer der Standardsätze trifft zu: Die Zeit verging wie im Flug.
Eine Zugabe war klar wie Kloßbrühe.
Es ging genauso fetzig auf die Zielgerade, wie das Konzert begann und schließlich hatte auch der Bassist Leslie Lopez sein Solo.
Dann folgte ein doch etwas längeres Statement von Herman, der betonte, dass dieses eigentlich ein Geheimnis bleiben sollte. Zufällig konnte man beobachten, wie ein Mann, seitlich an der Bühne stehend reagierte, dem Herman den Stinkefinger zeigte und aus dem Nightclub verschwand. Der Saxofonist erzählte dennoch etwas über die Fahrt nach Ottersum. Dazu nur kurz in Stichworten: mitten im Stau auf der Autobahn, runter vom Highway, Abfahrt gesperrt, nächste nehmen und zurück fahren, falsche Ausfahrt... man stand am Ende des Staus. Herman zum Zweiten: Er holten ein Handy aus der Tasche hervor und bekundete, in etwa zehn Minuten mit Radio 6 ein Interview zu haben.
Zunächst allerdings verarbeitete die Band die Hinfahrt. Und wie? Mit Kraftwerks "Autobahn". Ein gigantisches Finale, diese prägnant furiose Zugabe des freien Spiels.
Dann wurde das Interview auch noch auf der Bühne gehalten, denn via Handy waren alle plötzlich im Radio. Herman hielt sein mobiles Telefon ans Mikrofon, sodass die Anwesenden mithören konnten. Ich glaube, origineller geht ein Interview nicht. Mit Livemusik und Stimmung (Gröhlen) aus dem Zuschauerraum. Es war ein kurzes Gespräch mit dem überraschten Radiomoderator. Danach kam New Cool Collective zum Thema "Autobahn" zurück.
Das Fazit ist noch kürzer, als das Interview: Wow, welch eine Party mit hochinfektiöser Musik auf verdammt hohem Niveau.
Wir bedanken uns bei Chris Tangelder vom Cultureel Podium Roepaen für die problemlose Akkreditierung.
Line-up:
Benjamin Herman (saxophone, flute)
David Rockefeller (trumpet, cornet, trombone)
Anton Goudsmit (guitar)
Willem Friede (keyboards)
Frank Van Dok (percussion)
Jos De Haas (percussion)
Lesile Lopez (bass)
Joost Kroon (drums)
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