Nighthawks / Gespräch mit Dal Martino
Nachdem wir die aktuelle CD Metro Bar erst kürzlich hier besprochen haben, nahmen wir selbstverständlich gerne die Gelegenheit wahr um Dal Martino ein paar Fragen zu stellen.
Das Interview lief über Jörg Timp von “Starcult Promotion”, dem wir herzlich dafür danken.
Ulli Heiser: Du warst von 1987 bis 1989 in Los Angeles. "Touring, hanging, living and playing with several Bands", lese ich in Deinem Lebenslauf.
Hat sich diese Zeit in den USA auf Deinen Musikstil ausgewirkt? Oder konkreter, hat man es als Jazzer in den USA einfacher als hierzulande? Von Rockmusikern weiß ich, dass dem so ist.
Dal Martino:” Meine Zeit in Los Angeles hat sich nicht unbedingt auf meinen Musikstil ausgewirkt, aber auf meine Einstellung zur Musik überhaupt und zu Kollegen.
Ich war doch sehr erstaunt, dass es bei der Auswahl eines Mitmusikers doch zu einem hohen Prozentsatz um Zwischenmenschliches geht und nicht so sehr ums ‘Können’.
Letzteres hatte ich immer vermutet. Ich habe übrigens in der Hauptsache mit Bands aus den Bereichen Rhythm & Blues/Pop, z. B. die Band von Jimmy Z. (Harpist u. a. bei Eurythmics), bei der Band Rugburns (Vorprogramm der Nina Hagen Tour Calif.) als auch bei Ivan Neville (Keyboarder bei Keith Richards) gespielt.
Daraus erkennst Du, dass ich in erster Linie gar kein Jazzmusiker bin, wenngleich ich als Schlagzeugpartner bei fast allen Projekten in den USA Michael Barsimanto an meiner Seite hatte, der ein bekannter Jazz-Fusion-Drummer aus L.A. ist (Jean-Luc Ponty, Andy Summers, Freddy Hubbart u.v.a.). Ich bin also stilistisch nicht festgelegt, sondern ein Crossover-Musiker, wie viele andere Kollegen auch.”
Ulli: Deshalb auch der Künstlername. Ein Musiker namens, Volker Vaessen hätte es womöglich schwerer auf internationalem Boden. Hat der Name Dal Martino eine tiefere Bedeutung?
Dal: ”Der Künstlername ist allerdings eine Erfindung meiner amerikanischen Bandkollegen aus "aussprachetechnischen" Gründen.”
Anmerkung: Ja das kenne ich. Ich heiße Ulli und muß mir von meinen amerikanischen Freunden immer ein Juuli anhören.
Ulli: Was mich schon immer einmal interessiert: Filmmusik - wie wird so etwas komponiert? Ich nehme mal an, der Film ist fertig und dann kommt die Musik.
Gibt es Filme, bei denen es schwerer ist als bei anderen, die richtige Musik zu schreiben
Dal: ”Die normale Herangehensweise ist, dass die Musik zu dem fertigen Film komponiert wird. Ich selber lasse zuerst die Bilder auf mich wirken und diskutiere dann mit dem Regisseur über meine Eindrücke, dann erst erarbeite ich die Musik. Es fällt mir schwerer, Musik zu Filmen zu komponieren, bei denen die Produzenten oder Regisseur sehr komplexe Vorstellungen haben, was z.B. die Instrumentierung (Orchester u.s.w.) angeht, weil ich lieber mit Bordmitteln arbeite.”
Ulli: Du bist Produzent und Musiker. Was macht mehr Spaß ? Dumme Frage, ich weiß. Wahrscheinlich die Musik, stimmt's?”
Dal: ”Das Produzieren hat für mich genauso viel mit Musik zu tun. Insofern macht mir beides Spaß.”
Ulli: Vielleicht hast Du mein Review zu "Metro Bar" in der Rocktimes gelesen.
Ich schreibe da von Stimmungen, die diese CD bei mir weckt. Szenen, die ich mir beim Hören vorstellen kann. Hast Du mit dem Ziel komponiert, diese Gefühle beim Hörer zu wecken, oder ist Dir -(Euch), nachdem die Tracks im Kasten waren - dieses erst aufgefallen?
(Du siehst, ich habe keine Ahnung vom Komponieren).
Dal: ”Ich glaube, dass ich Stimmungen, die ja Gefühle auslösen, nicht bewusst komponiere - wenn sie sich überhaupt komponieren lassen.
Die Stimmungen füllen den Rahmen der Komposition aus und werden vor allen Dingen von den beteiligten Musikern bedient. Trotzdem kontrolliere ich als Produzent natürlich zusätzlich den Sound des Ganzen, der letztendlich auch dafür sorgt, dass verschiedene Leute ähnliche Emotionen haben, wie Du sie beschrieben hast.”
Ulli: Wundert, freut es Dich in einem Rockmagazin besprochen zu werden, oder ist Dir das eher suspekt ?
Dal:”Es freut mich.”
Ulli: Rockfans sagt man ja nach, ziemlich tolerant anderer Musik gegenüber zu sein, solange sich Rockelemente in ihr finden. Sind Jazzer auch tolerant - magst Du auch Musik, die nicht im Jazz beheimatet ist ?
Dal: ”Ich glaube, dass es in jedem Genre tolerante und intolerante Musiker gibt.”
Ulli: Gerne höre ich von Musikern, welche andere Interpreten/Bands sie so mögen. Gibst Du uns Auskunft ?
Dal: ”Ich bin stilistisch wirklich nicht festgelegt, manchmal mag ich allerdings nur ein Stück oder wenige Stücke von einer Band. Ich bin mit Deep Purple, T. Rex u.ä. groß geworden, habe in den späten 70ern viel Jazz gehört (Mahavishnu Orchester, Miles Davis etc.), natürlich auch Zappa, später dann Peter Gabriel, auch viel Funk (George Clinton etc.), dann Prince u.s.w. Aus dem Rockbereich stehe ich sehr auf ZZ Top, AC/DC und Motörhead.”
Ulli: Reiner ist ja Teil des Duos Nighthawks. Ein sehr wichtiger, denn ohne die Trompete wäre zumindest für mich die Stimmung nicht dieselbe. Mit Gitarre z.B. ist die Richtung, die vorgegeben wird, nicht zu erreichen. Ist der Rest des Lineups auf "Metro Bar" ebenfalls Stammpersonal, oder besteht Nighthawk ausschließlich aus Dal und Reiner?
Dal: ”Alle Musiker, außer Reiner und mir, sind Freunde und Gastmusiker.”
Ulli: Du machst auch Musik zu Werbespots (Ramazzotti, VW, Guiness, E-Plus, Toyota und andere). Ich nehme an, das dient in erster Linie dem Lebensunterhalt.
Profimusiker in Deutschland haben es schwer gegen die künstlichen Stars, die momentan die Radio- und TV Stationen beherrschen. Siehst Du das ähnlich, oder ist das Zeitgeist, der vorüber geht, und irgendwann den "richtigen Musikern" wieder den Platz einräumt, den sie verdienen?
Musik ist ja Kunst und dafür bedarf es Künstler und keiner Marketingstrategen.
Dal: ”Du hast es erfasst!”
Anmerkung: Ich möchte nochmals darauf hinweisen: "Metro Bar" lohnt auch für Hardcore Rockfans. Es gibt Gelegenheiten, bei denen diese CD einfach laufen sollte.
Interview mit Dal Martino von Nighthawks
Ulli Heiser, 05.11.2001