"Ich glaube, dass der Melodic Rock und AOR, genauso wie Heavy Metal, zeitlos und 'unkaputtbar' ist."
Rocktimes Interview Mit ihrem Album "Keep The Flame Alive" hat die Hamburger Band Nine-T-Nine 2009 für einen Überraschungs-Volltreffer in Sachen Melodic Rock der ganz klassischen Gangart gesorgt. Warum diese Musik einfach nicht kleinzukriegen ist, und wieso die Band zehn Jahre für ihr erstes Studioalbum gebraucht hat, das hat uns Gitarrist Oliver 'Turner' Sztukowski im Interview erklärt.



Interview vom 08.11.2009


Boris Theobald
RockTimes: Glückwunsch zu einem bärenstarken Album! Wie kommt es, dass ihr erst nach sage-und-schreibe zehn Jahren euer erstes Studioalbum fertig hattet?
Oliver "Turner" Sztukowski: Erst einmal fehlte das nötige Kleingeld. Um ein gutes - und darum ging es uns von Anfang an - Album zu produzieren, benötigt man jede Menge davon. Auch dauerte es sehr lange, bis sich die Band in ihrer heutigen Formation zusammengefunden hatte, so dass wir sagen konnten: 'Jetzt lohnt es sich'!
RockTimes: Wie würdet ihr selbst eure Musik beschreiben?
Oliver: Also unsere Beschreibung ist: 80er-Jahre-Melodic Rock mit dem Sound von heute!
RockTimes: Was ist euer musikalischer Background, früher und heute - hört ihr selbst viele Bands aus dem Bereich Melodic Rock?
Oliver: Ich persönlich bin mit Melodic Rock groß geworden. Da dürfen Bands wie Shy, FM,
Fair Warning, Gotthard und tausend weitere natürlich nicht fehlen. Da wir aber mit sieben Bandmitgliedern eine recht große Band sind, ist unser musikalischer Background dementsprechend weit gefächert. Ich zähl mal ein paar Favoriten auf: Toto, Eagles, Genesis, Joe Satriani, Melissa Etheridge, Giant, Magnum und noch so viele mehr. Das nenn' ich abwechslungsreich!
RockTimes: Seit ein paar Jahren blüht der Melodic Rock/AOR ja wieder regelrecht auf und es gibt viele Veröffentlichungen - wie empfindet ihr die Szene und in weit verfolgt ihr sie?
Oliver: Ich bin seit Anfang der 80er ein Fan der melodischen Rockmusik - für mich der beste Musikstil überhaupt, somit habe ich auch immer an ihn geglaubt. Damals holte man sich die Informationen aus den Magazinen, heute ist man ständig durch das Internet auf dem aktuellsten Stand. Auf Konzerten findet man uns natürlich auch immer wieder. Es freut uns alle sehr, dass es wieder viele gute CD-Veröffentlichungen gibt. Auch ältere Bands hatten bereits ihre Comebacks, und laufend werden weitere angekündigt. Wenn nicht jetzt, wann dann?
RockTimes: Blickt ihr auch 'über den Tellerrand hinaus'? Was sagt ihr zur Musikszene allgemein in der heutigen Zeit?
Oliver: Natürlich, man muss doch wissen, was die 'Konkurrenz' so macht (lacht). Die Musikszene ist meiner Meinung nach sehr viel schnelllebiger geworden, es wachsen irgendwie kaum noch 'Stadionbands' wie z.B. Bon Jovi nach. Das finde ich persönlich sehr bedauerlich. Trotzdem - obwohl unser Musikstil nicht gerade der bevorzugte im Radio und in den allgemeinen Medien ist, ist es immer wieder bemerkenswert, welch musikalisch hochwertige Rock-CDs regelmäßig produziert werden. Vielleicht ist ja jetzt endlich die Zeit für unsere Art von Musik dran...
RockTimes: Der Nine-T-Nine-Sound ist sehr 'klassisch' - wie findest du das, was beispielsweise Europe oder Tesla machen, die im neuen Jahrtausend mit deutlich gewandeltem Klangbild daher kommen?
Oliver: Hatte mich tierisch gefreut, als ich vor ein paar Jahren vom Comeback von Europe hörte. Die CD war natürlich für mich ein Pflichtkauf. Nach dem Hören musste ich aber feststellen, dass mir der alte Stil besser gefallen hat. "Superstitious" und ein "Final Countdown" sind halt für die Ewigkeit geschrieben. Aber jede Band muss halt für sich entscheiden, ob sie ihren musikalischen Weg verändern möchte oder meint zu müssen. Das Konzert mit einem Mix aus neuen und alten Songs war aber ein Kracher!
RockTimes: Was sagst du zu dem möglichen Argument, eure Musik sei von gestern und überhaupt nicht mehr zeitgemäß?
Oliver: Ich glaube, dass der Melodic Rock und AOR, genauso wie Heavy Metal, zeitlos und 'unkaputtbar' ist. Die vielen positiven Resonanzen, die wir erhalten, scheinen das zu bestätigen. Eddie van Halen sagte einmal: 'If it sounds good, it is good!' Recht hat er.
RockTimes: Warum glaubst du gestaltet sich für euch trotz 'wieder besserer Zeiten' die Suche nach einem Label so schwierig?
Oliver: Gute Frage, nächste Frage (lacht). Nein im Ernst - wir wissen es auch nicht, aber wir haben ja auch gerade erst angefangen zu suchen. Wir konnten aber schon Michael Wagener dafür gewinnen, mit uns das nächste Album aufzunehmen, vielleicht lässt das ja einige Leute aufhorchen. Unsere mittlerweile weltweiten guten CD-Rezensionen können dabei hoffentlich noch zusätzlich die Entscheidungen unterstützen.
RockTimes: Mach doch mal ein bisschen Werbung für die Band - warum müsstet ihr - gaaaanz subjektiv, versteht sich - unbedingt gesignt werden?
Oliver: Gaaanz subjektiv? Zehn Jahre langes Warten, eineinhalb Jahre harte Produktions-Arbeit, bis zum letzten Cent alles selber finanziert und dann das Ergebnis: Eine Hammer-CD! Ohne dabei überheblich zu sein - wir haben es soooo verdient!
RockTimes: Nicht, dass ihr es nötig hättet... aber schaffen es bei euch live auf der Bühne auch Coversongs in die Setlist?
Oliver: Ja, ein Zugeständnis an die Leute, die uns noch nicht kennen. Es macht einfach Spaß, wenn alle mitsingen (lacht). Wobei 'covern' jetzt vielleicht auch ein wenig weit hergeholt ist, da wir den Songs unseren eigenen Stempel aufdrücken. Sagen wir lieber: Wir interpretieren!
RockTimes: Mit Corina Elvers habt ihr eine 'hauptamtliche' Background-Sängerin mit im Line-up, die man ja auch in manchen Refrains deutlich raushören kann. Könnt ihr euch vorstellen, diesen 'Trumpf noch stärker auszuspielen', sprich Corina auch mal in den Vordergrund zu bringen, zum Beispiel in einem Gesangsduett?
Oliver: Das ist eine Idee, die uns auch schon durch den Kopf geistert. Man darf gespannt sein, vielleicht schon auf dem nächsten Album?
RockTimes: Nine-T-Nine gibt es mittlerweile seit zehn Jahren. Was geht dir rückblickend durch den Kopf, wenn du an Nine-T-Nine im Jahr 1999 denkst?
Oliver: Bevor es mit Nine-T-Nine losging, hatte ich eine dreijährige Bandpause - und dann auf einmal hatten sich wieder sieben Musiker gefunden. Die Anfangsphase war sehr spannend - wie kommt man miteinander zurecht und was für Songs werden entstehen? Und jetzt sind mittlerweile über zehn Jahre vergangen, eine lange Zeit, in der es natürlich viele Höhen und Tiefen gab. Auf jeden Fall hat bei der Bandgründung keiner daran gedacht, dass wir einmal soweit kommen könnten. Aber der Wille dazu war schon von Anfang an vorhanden.
RockTimes: Wie war es denn zur Bandgründung gekommen; kanntet ihr euch alle schon länger?
Oliver: Als wir uns 99 gründeten, kannte ich bereits Sharky und Stefan von vorherigen Bands, in denen wir zusammen gespielt hatten. Mit Sharky spielte ich von 89 bis 91 bei Chiara, und mit Stefan war ich bei Alison D., von 93 bis 96. Jürgen und Corina haben wir über Anzeigen in einem Hamburger Szene-Magazin gefunden. Jürgen hat vorher bei den Hamburger Bands Maroon und St. Out gespielt und Corina kam von einem Chor zu uns. Um einen neuen Schlagzeuger zu bekommen, machten wir am schwarzen Brett des Übungsraum-Komplexes einen Aushang. Lorenz übte nur ein paar Räume weiter. Er spielte vorher in Amerika u.a. bei den Stoned Romeos und bei Chromata. Helge kannte ich noch aus den frühen Neunzigern, da spielte er noch bei Nightcry. Ich musste zwar ein bisschen recherchieren, kam aber schließlich an seine Telefonnummer und schoss ihn förmlich von der Couch zu uns. Eigentlich hatte er schon den etwas ruhigeren Weg eingeschlagen, das war mit meinem Anruf aber schlagartig vorbei. Man muss aber auch noch dazu sagen, dass die heutige Formation erst seit ca. drei Jahren so besteht. Die Umbesetzungen haben wesentlich dazu beigetragen, dass wir erst nach so vielen Jahren ins Studio gekommen sind.
RockTimes: Dass ihr von der Band nicht leben könnt, scheint klar zu sein - wer kann das heute schon noch, ohne auf MTV hoch und runter zu laufen? Seid ihr trotzdem allesamt professionelle Musiker?
Oliver: Wir gehen zwar alle noch unseren 'bürgerlichen' Berufen nach, aber die professionelle Einstellung zur Musik haben alle von uns mitgebracht. Wir hätten sonst auch nicht seit über zehn Jahren Nine-T-Nine bestehen lassen können.
RockTimes: Was sind eure Pläne und Ambitionen?
Oliver: Also erst einmal versuchen wir bei einem Label unterzukommen; und natürlich möchten wir gerne möglichst oft auf die Bühne - ist doch der Applaus das Lebenselixier eines jeden Musikers! Neue Songs für eine weitere CD werden auch bereits wieder fleißig geschrieben.
RockTimes: Bei Label-Suche und Schreiberei wünscht RockTimes: auf jeden viel Erfolg! Vielen Dank, dass du dir die Zeit für das Interview genommen hast.
Oliver: Gern geschehen, kann ich jetzt jemanden grüßen? (lacht)
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