Nine-T-Nine / Keep The Flame Alive
Keep The Flame Alive Spielzeit: 61:57
Medium: CD
Label: Whiterock Records, 2009
Stil: Melodic Rock


Review vom 15.09.2009


Boris Theobald
Ein guter Wein wird mit der Zeit nur noch besser. Ein Fußball-Trainer dagegen hat nach ein paar Jahren meistens fertig und muss gehen. Aber es gibt auch großartige Dinge, die sind und bleiben einfach so gut, wie sind, klassischer Rock der 80er Jahre, zum Beispiel - zeitloser Melodic Rock, wie er von Nine-T-Nine praktiziert wird. Bislang blieb die Musik der Band vor allem regionalen Kennern und absoluten Genre-Spezialisten vorbehalten. Doch es sollte nicht zu spät sein, das zu ändern - diese Band verdient Anerkennung!
Nine-T-Nine wurden bereits im Jahre des Herrn 19-'Nine-T-Nine' gegründet und haben nun passend zum zehnjährigen Jubiläum das Album "Keep The Flame Alive" am Start. Das ist insofern bemerkenswert, als dass wir es mit dem ersten Studioalbum der Band überhaupt zu tun haben. Zuvor gab es neben der Veröffentlichung eines Tracks auf dem US-Sampler "Classic Rock - Unchained" (2008) das Album "Nine-T-Nine Live 2004", aufgenommen im Bremer Meisenfrei. Schon bei diesem Konzert-Mitschnitt beschränkte man sich ausschließlich auf Eigenkompositionen. Coversongs braucht es nicht - zu stark ist das eigene Songwriting, zu gut die Ideen, und das, obwohl man stilistisch ziemlich innovationsfrei unterwegs ist. Dass es dafür per se keinen Punktabzug geben muss, beweist dieses Album mit jungen, mittelalten und gut gereiften Songs, die in den vergangenen zehn Jahren entstanden sind.
Der Opener "Caught In A Trap" lockt den Hörer gleich buchstäblich in eine 'Falle' und lässt ihn nicht mehr los. Markante Staccato-Keyboards erinnern an die Allererste von Bon Jovi; dazu kommt eine melodisch ausgereifte und rhythmisch gekonnt 'angespitzte' Hookline, die aus der Schatztruhe vergessener Toto-Songideen der Spät-70er und Früh-80er stammen könnte. Die Kombination macht süchtig, ohne Zweifel...
Wunderbar zeitlos geht es weiter - als ob es niemals Grunge gegeben hätte; als ob die Blütezeit dieser herrlich emotionalen Musik ewig gedauert hätte und nie enden würde. Mit Tempo nach vorn drängende Rocker sind Teil des Repertoires, beispielsweise "Sunshine" oder "Not Easy", das mit pulsierenden Bässen, verzaubernden Glitzer-Keyboards und einem dynamischen Klavier-Drive in allerbester Journey-Manier mitreißt und überzeugt. Am anderen Ende der Skala stehen Balladen wie "Bringin' My Love" in atmosphärischer Steve Lukather-Machart, die akustische Liebeserklärung ans "Radio" oder "Bus Stop" und "Can You Feel All The Days" - beide klingen wie diese kraftvollen und zugleich butterweichen Schmachtfetzen von KuschelRock-CDs aus Zeiten, in denen diese Compilations noch voller traumhaft schöner Rockballaden von Bands wie Bad English oder Warrant waren.
Leidenschaftlich wie Foreigner klingt "The Way You Touched Me", mit leichtem Magnum-'Bombast' angehaucht das folgende "Light My Life" mit seinem Wechsel aus pushenden Heavy-Gitarren und balladenhaft schwebenden Piano-Breaks. Der mehrstimmige Gesang verleiht den Refrains eine intensive Atmosphäre - ganz und gar nicht Poser Rock-mäßig, sondern 'ernst' (ohne dass wir jetzt von 'E-Musik' sprechen würden...) und voller starker Emotionen, erinnert das an House Of Lords (besonders der eindringliche Mid Tempo-Song "Faith"). Die leidenschaftlichen Vocals von Sänger Sharky tun ihr Übriges dazu. Mit Corina Elvers steht eine Etat-mäßige Background-Sängerin im Line-up, die den Chören den letzten Feinschliff verleiht - ab und an hört man ihre Stimme auch deutlich und angenehm durchschimmern.
Mit "Sandy" haben Nine-T-Nine noch einen potenziellen 'Hit' in petto - ein straighter Power-Rocker, mit dem Survivor seinerzeit bestimmt in den Charts gelandet wären. Und dann gibt es noch den vom Instrumentalstück "The Escape" eingeleiteten Geheimfavoriten des Reviewers: "Shoreline" kommt mit einer zauberhaft wehmütigen Strophe im Country-Flair daher, die an Bon Jovis "Dead Or Alive" erinnert und überrascht dann mit Tempowechsel und Synthie-getriebenem Power-Chorus. Den ein oder anderen Schauer jagt's einem da schon über den Rücken. Und trotz der mehr als sechs Minuten Spielzeit wird das Stück kein bisschen langweilig. Auch viele der anderen Songs sind für diese Stilrichtung 'lang' ausgefallen, bleiben aber spannend bis zum Schluss. Das liegt zum einen an der vielschichtigen Zusammensetzung der Stücke, die mit Breaks und Wechseln zwischen ruhig und druckvoll gespickt sind, statt monotone Endlos-Schleifen abzuspulen. Zum anderen ist es die positive Rollenverteilung zwischen dem Keyboard, das kontrolliert präsent statt kitschig und klebrig den Gesamtklang durch eigene Drives (und Soli) unterstützt und gar nicht versucht, den zwei Gitarren Konkurrenz zu machen. Die Instrumente ergänzen einander anstatt des anderen Konkurrent sein zu wollen. Es gibt hier keine Keyboard- oder Gitarrensongs - es gibt nur Nine-T-Nine; und das heißt ausnahmslos starke Nummern ohne Ausfall.
Diese CD lässt einen von der ersten bis zur letzten Sekunde nicht mehr los - wie viele Alben schaffen das schon in der immensen Flut an Neuerscheinungen im AOR-Sektor? Da muss man schon Rosinenpickerei betreiben, und kann sich glücklich schätzen, wenn man dabei in Form von Nine-T-Nine fündig wird. Es wird sicherlich auch Kritiker geben, die der Band ankreiden, in der Vergangenheit hängen geblieben zu sein. Aber es gibt nun mal solche, die mit der Zeit gehen und/oder den eigenen Sound neu erfinden - siehe Bands wie Tesla oder Europe - aber auch solche, die sich mit Leib und Seele einer Musikrichtung verschrieben haben, so wie sie ist. Beides kann mit Karacho in die Hose oder perfekt aufgehen.
Nine-T-Nine haben sich entschlossen, Bewährtes zu bewahren; und das gelingt ihnen sehr überzeugend. "Keep The Flame Alive" wird damit zu weit mehr als einem Albumtitel - es ist eine Mission.
Line-up:
Sharky (lead vocals)
Jürgen Bärmann (keyboard)
Corina Elvers (backing vocals)
Oliver 'Turner' Sztukowski (guitar, vocals)
Stefan Theil (lead guitar)
Lorenz Cornelisen (drums)
Helge Reichard (bass)
Tracklist
01:Caught In A Trap (5:19)
02:Not Easy To Forgive (3:44)
03:Faith (5:14)
04:Bus Stop (5:27)
05:The Way You Touched Me (5:07)
06:Light My Life (5:43)
07:Bringin' My Love (6:11)
08:Can You Feel All The Days (5:06)
09:Sandy (4:00)
10:The Escape (1:54)
11:Shoreline (6:02)
12:Sunshine (3:50)
13:Radio [Bonus Track] (4:18)
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