"Malpensa" heißt das fünfundzwanzigste Album der niederländischen Band Nits. Der Mailänder Flughafen trägt den gleichen Namen und hat so eine Art Symbolcharakter, denn die Combo reicht uns beide Hände für eine Reise um die halbe Welt. Auch für die Aufnahmen ist man ordentlich unterwegs gewesen. Utrecht, Amsterdam sowie Piemont waren die Stationen.
Nits war immer ein besonderer Kunstgenuss. Musik zwischen Kammer Pop, Avantgarde, Alternative Music und "In The Dutch Mountains" macht die mittlerweile als Trio agierenden Musiker zu genreübergreifenden Ästheten der Gilde. In ihrer über nun schon achtunddreißigjährigen Karriere sind sie immer noch unkalkulierbar, kritisch, innovativ und nach dem Stand der "Malpensa"-Dinge auch zeitlos.
Mit einer nicht von der Hand zu weisenden Triebfeder serviert uns Nits Songs, die in der Oberklasse anzusiedeln sind und nach denen sich so manche junge Musiker weit strecken müssen, um nur annähernd dieses Niveau zu erreichen. Die Gruppe um den Bandleader Henk Hofstede hat internationales Ansehen, auch wenn ihr die ganz großen Erfolge nicht vergönnt geblieben sind, aber Nits ist Kult.
Beim vorliegenden Album liegt die Kraft in der Ruhe. Einerseits kann man bei "Malpensa" die Seele baumeln lassen, andererseits braucht die Platte die gesamte Aufmerksamkeit, denn sowohl Songwriting als auch Arrangements sind eine Klasse für sich. Das Trio war und ist verliebt in Details, die es zu entdecken gibt. Mit dem Avalance Quartet widmet sich Henk Hofstede ausschließlich dem Leben und Wirken von Leonard Cohen und da kommt es nicht von ungefähr, dass seine Stimme mit dem Künstler zu vergleichen ist.
Neben den vielen Song-Perlen ist "Bad Government And Its Effects On Town And Country" wohl das zentrale Stück der Scheibe. Inspiriert durch ein Gemälde von Ambrogio Lorenzetti aus dem vierzehnten Jahrhundert hat der Track eine politisch-wirtschaftliche Aussage... »bankers and robbers are parnters in crime.« Diesen Track hat man zusammen mit dem Jazz-Trompeter Colin Benders eingespielt und er prägt auch die Komposition. Brillant dazu sind die Keyboard-Facetten von Robert Jan Stips. Die Musik führt uns nicht nur an verschiedene Ort der Welt, sondern ist auch eine Art Geschichtsunterricht, denn "Man On The Wire" zum Beispiel bezieht sich auf einen gewissen Philippe Petit, der 1974 auf einem Drahtseil von einem zum anderen Tower des World Trade Centers balancierte.
"Schwebebahn" wird in deutscher Sprache gesungen. Zu dieser herrlich-luftigen Nummer steht auf der Nits-Homepage geschrieben: »Berlin 1963... Kennedy and the Wall... Willy Brandt... a man walks in the snow... Wuppertal 2011... there's a woman thinking of him...« Dagegen trägt "Minus Second Floor" eine mächtige Portion Melancholie in sich. Nicht nur mit einem solchen Song setzt Nits Akzente.
Es ist schon erstaunlich, wie diese Band mit ihren Sound-Zaubereien immer noch beeindruckt. Die Klangfülle ist zum mit der Zunge schnalzen. Oh, wie intim ist der Bonus-Track "Bricklayer"!
Nits ist eine der Konstanten in unserer ach so schnelllebigen Zeit. Nits macht Musik für jede Gelegenheit. Die Vorliebe für Klangspielereien wirkt nie kitschig. Rob Kloet verfeinert die Nummern ein ums andere Mal mit Handtrommeln und anderen kleinen Percussion-Instrumenten. Liebeslieder ("Blue Things") bestechen in ihrer Einfachheit und mit wunderschöner Melodie. In "Paper" schwingt Nits den musikalischen Pinsel und versieht weißes Papier zu Streicher-Klängen mit pastellfarbenen Tupfern.
"Malpensa" ist ein weiteres herausragendes Ausrufezeichen der Niederländer. Nits ist Meister der Klang-Miniatur und man kann nur hoffen, dass die drei Männer ohne Rast, aber mit Ruhe weiterhin solche Alben veröffentlichen.
Line-up:
Henk Hofstede (guitars, vocals)
Robert Jan Stips (keyboards)
Rob Kloet (drums)
Colin Benders (trumpet)
Tracklist |
01:Five Fingers (2:13)
02:Love-Locks (4:51)
03:Man On A Wire (3:59)
04:Blue Things (3:06)
05:The Poor (2:09)
06:Schwebebahn (4:35)
07:Turn – Minus Second Floor (4:22)
08:Big Black Boats (3:07)
09:Thing Thing (4:06)
10:Bad Government And Its Effects On Town And Country (7:48)
11:Paper (2:19)
Bonustrack:
12:Bricklayer (3:13)
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