Spielzeit: 39:21 Medium: CD Label: Nonesuch Records (Warner), 2011 Stil: Singer/Songwriter Review vom 09.05.2011 Markus Kerren

Auf geht's in Runde Zwei unter dem Motto 'Der große alte Mann und das Piano'. Wobei 'alt' hier keinesfalls als respektlos zu verstehen ist. Fakt ist dennoch, dass Randy Newman, der großartige Singer/Songwriter aus Los Angeles, mittlerweile auf eine mehr als vierzigjährige Karriere zurückschauen kann, die mit vielen Höhepunkten gepflastert ist. Dass ihm der ganz große Erfolg verwehrt blieb, mag an seinem manchmal etwas 'knödeligen' Gesang liegen, eventuell aber auch an seinen oft ironisch-sarkastischen Texten, die nicht selten mit Kritik an der Politik seines Heimatlandes bzw. Gesellschafts-Kritik hinter dem Berg hielten, was so mancher Yankee wie auch Redneck sicherlich als unangenehm empfand.

Dennoch komponierte Newman so manche Hits, die aber zumeist von anderen Interpreten an die Spitze der Charts manövriert wurden. Als Beispiel seien hier nur mal "You Can Leave Your Hat On" (Joe Cocker) oder "Sail Away" von u. a. Frankie Miller genannt. Und der Affe soll mich lausen, wenn Marius Müller-Westernhagen bei Randys einzigem eigenen Hit "Short People" (im Jahr 1977 Nr. 2 in den Billboard-Charts) nicht ganz genau zugehört hat und danach seinen eigenen Track "Dicke" verfasste. Darüber hinaus befasste sich der Kalifornier auch sehr stark mit Filmmusik, was ihm immer eine gute Einnahmequelle sicherte.

Nun also das "Randy Newman Songbook Vol. II", für das der Amerikaner sich einmal mehr an seinem eigenen Fundus bedient hat und die sechzehn hier vorgestellten Tracks lediglich mit einem Piano und seinem Gesang zum Besten gibt. Bis auf sein Debüt aus dem Jahr 1968, von dem hier mit "Cowboy" zumindest ein Song vertreten ist, greift er dabei zurück. Tatsächlich aber hat er (fast) jedes seiner Alben berücksichtigt, so auch meine beiden Favoriten "Good Old Boys" (mit "Birmingham" sowie "Kingfish" von 1974) und "Little Criminals" (mit "Baltimore" von 1977).

Und sämtliche Tracks kommen auch in der herunter gestrippten Version - wenn man so will 'Unplugged' - sehr gut. Nicht nur das, sie wirken speziell bei den persönlichen Titeln (von denen Newman ebenfalls jede Menge im Köcher hat) sogar noch intimer, noch gefühlvoller. Man kann sich fast vorstellen, man würde im Aufnahme-Studio dabei sein und dem Protagonisten aus einer stillen Ecke beim Einspielen der Stücke zusehen. Der Mann hatte immer schon die Fähigkeit, seinen Hörern in drei oder vier Minuten eine ganze Geschichte, einen ganzen Film zu erzählen, der, wenn man den Text mitverfolgt, dann vor dem geistigen Auge abläuft.

Nun kann man dieses Album jederzeit auch im Hintergrund als ruhige Berieselung laufen lassen, aber die wahre Qualität dieser Songs entfaltet sich - speziell wenn man die Qualität der Texte und das Feeling berücksichtigt - doch eher, wenn man sich die Zeit nimmt und sich auf sie konzentriert. Eines der Parade-Beispiele hierfür ist "Losing You", das durch Ehrlichkeit und Tiefe in seinen Bann zieht, ähnlich wie das superstarke "Guilty", das auf diesem Silberling leider nicht vertreten ist. Macht aber nichts, da Randy Newman auf soviel hervorragendes Material zurückgreifen kann, dass dies nicht negativ zu Buche schlägt.

Es gibt also nichts wirklich Neues hier, lediglich eine zweite, intime Rückschau auf das eigene Lebenswerk. Randy Newman ist witzig, zeitweise sehr tiefgehend und persönlich oder auch bitterböse-sarkastisch. Aber wer den Mann kennt, weiß dies sowieso schon seit langer Zeit. Und wer ihn kennt und mag, der kann auch hier bedenkenlos zuschlagen. Warum er sich in dieser 'Songbook'-Serie die Tracks "Short People", "Sail Away", "Guilty" oder auch "Mr. Sheep" bisher aufgespart hat, bleibt noch sein Geheimnis. Aber dieser Fakt lässt uns auch in der Hoffnung zurück, dass wir uns noch auf einen dritten Teil freuen dürfen.

Line-up
Randy Newman (piano, vocals)