Spielzeit: 72:10 Medium: CD Label: Bear Family Records, 2013 (1957- 1962) Stil: Balladen Review vom 15.04.2013 Markus Kerren

Der gute Ricky Nelson hatte es in jungen Jahren nicht unbedingt immer leicht. Zumindest mit der Presse nicht, denn obwohl er eine erstaunliche Menge an Schallplatten unters Volk bringen konnte, wurde er von dieser zumeist abfällig als lediglich ein weiteres Teen Idol beschrieben, das viel mehr von seinem Aussehen statt von seiner Musik lebte. Diesen Ruf wurde er dann auch zeitlebens nicht mehr los und erst nach seinem frühen Tod am 31.12.1985 wurde im allgemeinen (vor allem in seinem Heimatland) damit begonnen, etwas milder und positiver über seine Vergangenheit zu berichten.

Was den Verfasser dieser Zeilen etwas erstaunt, besaß er doch mal zwei richtig gute Country (Rock)-Platten des Amerikaners aus der zweiten Hälfte der sechziger Jahre. Am meisten bekannt ist Ricky Nelson heute wohl für seine ganz frühen Jahre und Rock'n'Roll- bzw. Rockabilly-Nummern wie "Be-Bop Baby", "Stood Up", "Waitin' In School" oder "Believe What You Say". Wobei sich die Bear Family auf der vorliegenden Scheibe eines ganz anderen Themas angenommen und sich vornehmlich - wie es der Titel bereits sagt - auf die Balladen von Nelson konzentriert hat.

Ganze dreißig Stücke sind hier vertreten, von denen etwa die Hälfte auch in den amerikanischen Top100-Charts vertreten waren. Die restlichen Stücke sind ausgesuchte Single-B-Seiten und Albumtracks. Was ihnen allen gemein ist, ist dass sie in den Jahren 1957 bis 1962 entstanden sind. Dreißig Schmachtfetzen im Stil der damaligen Zeit also, die auch heute noch - mal mehr, mal weniger - gefallen und für gute Laune sorgen. Oder zumindest zarte nostalgische Gefühle hervorrufen und den Hörer im Kopfkino über fünfzig Jahre zurück in die Vergangenheit reisen lassen.

Interessant zu erfahren ist auch, dass Ricky Nelson den Spitzengitarristen James Burton (u. a. Elvis Presley, Gram Parsons) - der immerhin auf zwanzig der dreißig Songs vertreten ist - für sich gewinnen konnte. Und Burton war bereits damals so gefragt, dass er nicht unbedingt für jeden spielte. Er konnte sich praktisch aussuchen, mit wem er ins Studio oder auf die Bühne ging. Dass er dann mit dem guten Ricky arbeitete, rückt für sich alleine schon die Qualität Nelsons in das richtige Licht.

Wieder einmal sehr vorbildlich und liebevoll wurde das Booklet von der Bear Family gestaltet. Nicht nur wird hier nochmal ein großzügiger bzw. ausführlicher Rückblick auf Nelsons Karriere geboten, sondern es gibt erneut sämtliche Daten der Aufnahmesessions zu jedem einzelnen Song. Alleine darin kann man sich - grundsätzliches Interesse natürlich vorausgesetzt - schon verlieren und eine gute zeitlang damit beschäftigen. Wieder mal ein dickes Lob in Richtung Label also!

Logischerweise sollte man schon etwas für die Musik aus dieser Zeit und vor allem für sehr balladige Balladen übrig haben, um dieses Album genießen zu können. Aber wenn dem so ist, dann wird einem hier so richtig das Herz aufgehen. Und wenn man dazu noch die schöne Aufmachung (kommt im Digipak) und das bereits erwähnte Booklet hinzu addiert, haben wir es hier mit einer sehr runden und gelungenen Geschichte zu tun!