"War Is Your Business (Sang The Crow On the Cradle)" ist verdammt noch mal einer der emotionalsten Songs, den ich in den letzten Jahren gehört habe. Hätte Steve Noonan den so vor vier Jahrzehnten auf irgendeiner bekannten Bühne vor laufenden Kameras gesungen, dann würde er heute gleich nach "Blowin In The Wind" und "Eve Of Destruction" weltweit an den Lagerfeuern angestimmt. Und Noonan wäre berühmt.
Der trat schon vor über 40 Jahren in Kalifornien auf und hatte sogar einen Album-Deal mit dem damals großen Elektra-Label. Er gehörte zu einer jungen Riege von befreundeten Singer/Songwritern mit Tim Buckley und Jackson Browne, die als "The Orange County Three" auf das Cover eines Szenemagazins kamen. Aber weil die Plattenbosse samt Doors-Producer Paul Rothchild in New York einen zweiten Buckley aus ihm machen wollten, wurde es nichts mit der großen Karriere. Ohne Unterstützung floppte das 68er Album und Noonan kehrte, weiter unbekannt aber unverbogen, in die Clubs nach L.A. zurück, in denen er heute noch spielt. So liest sich seine Geschichte im Pressetext für sein nun zweites Album, das letztes Jahr entstand. Auf seinen immerhin zwei Homepages stellt sich Noonan auch als Kunsthandwerker vor, der Gitarrengurte nach Maß fertigt.
Was ihn nun bewogen oder ermutigt hat, auf eigene Faust dieses Album mit selbstgeschriebenen Songs herauszubringen, wird aus dem, was an PR zur Verfügung steht, nicht klar. Soll uns aber auch nicht weiter interessieren. Das, was wir auf der komplett eigenhändig gefertigten Promo-CD hören, reicht völlig! Ein Singer/Songwriter der alten Schule, der größtenteils nur mit seiner gekonnt gespielten Akustikgitarre Geschichten erzählt. Einer wie Woody Guthrie, Phil Ochs, Tim Hardin oder auch wie ein junger Bob Dylan mit der Stimme des späteren. Oft verblüffend ähnlich die Phrasierungen, genauso engagiert und glaubhaft die Worte. Aber mit wesentlich mehr Zärtlichkeit, die sich der große Meister der zornigen Zeilen nur ausnahmsweise gönnt.
"Bringin' It Back Home" ist kein 'Alterswerk' und schon gar kein 'letzter Versuch' eines ausgebrannten Sängers. Steve Noonan ist weder daran zerbrochen, dass er nicht berühmt wurde, noch dass er sein Leben lang in kleinen Läden spielen und nebenbei noch als besserer Sattler für andere Künstler arbeiten musste. Der Mann klingt locker, hat Humor und ist offensichtlich zufrieden mit seinem Karma. Und singt nun seine Songs, die, wie weiter zu lesen steht, erst in den letzten Monaten vor der Aufnahme entstanden sind. Wenn er durch all die langen Jahre halbwegs so ein Händchen für das Schreiben hatte, was hat er dann alles noch in der Schublade?
RockTimes sind in den letzten Jahren wirklich gute Songschmiede und Interpreten aus der aktuellen Szene untergekommen, reichlich auch auf meinen Plattenteller zum Besprechen. Künstlerisch anspruchsvolle, die ihre Stücke in gut ausgestatteten Studios oder gelungenen Homerecordings mit teilweise hervorragenden Musikerkollegen auf CD bringen konnten. Große Talente und auch einige alte Meister, die kontinuierlich und meist auch noch kreativ arbeiteten. Aber ich könnte nicht sagen, dass irgendeine dieser Produktionen so viel Wirkung auf mich hatte, wie dieses schlichte Album, das voller subtiler Emotionen steckt und diese auch vermittelt. Hut ab vor Steve Noonan!
"Crow On the Cradle", mittlerweile ein beliebter Standardsong im Folkbereich, wurde in seiner ursprünglichen Form von Sydney (nicht Sidney, werter Herr Noonan) Carter geschrieben, einem Engländer. Der wird auch als Co-Autor angegeben, der neue (wesentlich längere) Text, noch eindrücklicher, stammt von dem Kalifornier. Auch der einzige Track, der mit den weiteren Stimmen von Virginia Lee und Dave Hall etwas kräftiger arrangiert ist. Auf "Battle Mountain" ergänzt das Piano von Joe Turano die Gitarre und am Ende heulen die Kojoten. Die anderen Tracks sind vielleicht nicht so emotional, aber teilweise genauso engagiert, wie etwa "Fair Trade Boogie", das sich für eine ökologische Landwirtschaft einsetzt.
"Bringin' It Back Home" ist sicher nicht das neue Singer/Songwriter-Referenzwerk, aber eines, das sich mit den alten Tugenden eindrucksvoll von den heutigen Produktionen in diesem Bereich abhebt. Dicke Empfehlung an alle 68er-Folkies!
Tracklist |
01:Bringin' It Back Home
02:Why Things Happen
03:It's No Big Deal
04:Just A Short Time
05:Fair Trade Boogie
06:My Beautiful Luz
07:Sleepin' In the Daytime
08:Battle Mountain
09:War Is Your Business (Sang The Crow On the Cradle)
10:The Bhakti Waltz
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