Die Outlaw-Country-Legende Willie Nelson & Family gastiert bei wunderschöner blauer und regenfreier Nacht auf der Freilichtbühne Killesberg in Stuttgart. Leider fehlen die sommerlichen Temperaturen. Diese ist zwar ein toller Auftrittsort, aber es finden sich nur zirka 2.200 Fans ein. An den Eintrittspreisen von 48 bis 72 Euro liegt es wohl nicht, eher an dieser Location. Trotz Denkmalschutz müssten die installierten Sitzplätze und der Komfort dringend verbessert werden.
Willie wirkt für seine 77 Lenze sehr agil, als er den Weg vom Tourbus zur Bühne bestreitet. Ein kurzer Zwischenstopp, um mit funkelnden Augen einem Kind zuzuwinken und für einige Fans Autogramme zu schreiben, zeigt die Lebensfreude, die dieser Mann hat und wie er berücksichtigt, dass er von seinen Fans lebt und diesen dankbar ist für das, was er in seiner langen Karriere erleben durfte. Welche Attitude! Die Plattenfirma, verbunden mit Geschäftssinn und die Grammy-, Country-Music-Awards könnten für ihn bei weitem wichtiger sein und den Vorrang haben.
19:45 heißt Mr. Nelson seine Fans mit erhobener Hand, sehr relaxter, strahlender Miene und sichtlicher Freude auf diesen Gig herzlich willkommen. Die Begrüßung durch das Publikum fällt aber unverständlicher Weise eher höflich reserviert mit schwäbischer Zurückhaltung aus. Dies, obwohl die Mehrzahl der Anwesenden in Country-Outfit, mit Hat und Boots gekleidet sind. Einige sogar mit Motörhead-Shirt. Ein klares »HELL-NO« an die Fans!
Willie gibt sich hiervon unberührt, hängt sich seinen Gitarrengurt im Texas-Stil um und sichert daran Trigger, seine Akustik-Gitarre, um die ersten Töne von "Whiskey River" zu spielen. Was hat 'Trigger' schon in der langen Karriere mitgemacht und erlebt. Man munkelt von Schießerei mit Einschuss, ein stattliches Loch hat sie ordentlich ramponiert. Doch für Willie ist diese sein Loving-Darling, von der er sich in keinster Weise trennt und die zu jeder Tour aus ihrem ehrenwerten Platz aus dem Willie Nelson & Friends-Museum von ihm entnommen wird. »Only Death Will Make Em Part.«
An diesem Abend ist Country-Musik pur angesagt, keine Jazz-Eskapaden - mit einer Stil-Ausnahme und die ist eine musikalische Hommage an meine Lieblingsstadt New Orleans und die Louisiana Swamplands mit "City Of New Orleans" von seinem Freund Arlo Guthrie und "Jambalaya On The Bayou". Willie äußert sich in seinen spärlichen Ansagen unpolitisch, doch er drückt seine Gedanken mit diesen Liedern aus. Sein stiller Protest an der unglaublichen Öl-Katastrophe im Golf von Mexiko.
Seine Live-Familie ist zuallererst Bobbie Nelson, die 80-jährige Schwester. Sie wirkt sehr gebrechlich, das Alter hat seine Spuren hinterlassen und sie muss von zwei Crew-Membern auf dem Weg zur Bühne gestützt werden. Doch als sie ihren Platz am Grand-Piano eingenommen hat und ihre Hände die schwarz-weißen Tasten liebkosen, spürt man sofort, dass dies ihr Lebenselexier ist. Die 'Little Sister' zelebriert ihren Rock'n'Roll-Honky-Tonk-Piano-Style mit ihren Soli besonders bei "Down Under".
Paul English ist eine Band-Institution. Er sorgt eindrucksvoll für den präzisen Rhythmus an seinem einzigen Instrument, der Snare-Drum und dirigiert seine Mannen und die Lady, wie ein Texas-General. Bruderherz Billy English verleiht dem Live-Sound mit seinem Percussion-Spiel mehr Diversität. Bee Spears ist der ruhige, solide Rhythmus-Pol am Bass. Sehr imposant sind die abwechselnden Gitarren-Harmonika-Soli von Willie mit Mickey Raphael an der Harmonica bei "Crazy".
Mr. Nelson beweist bei seinen Soli, welch versierter Gitarrist er ist. Dies vor allem, weil kein zusätzlicher zweiter Axe-Man, oder Lapsteel-Spieler in der Band ist. Mickey hat seinen musikalischen Stammplatz in Willies Band gefunden. Seine blues-getränkten Soli sind klasse. Einzig und allein könnte er etwas mehr abrocken, als Gegenpol zur Country-Legende, wie er es zu "Girls Girls Girls"-Zeiten bei Mötley Crüe tat. Aber dies wäre vielleicht zu viel des Guten gewesen. Sicher sehr spannend, wie der Chef hierauf reagiert hätte. Nach zwei Liedern wird der Country-Hut abgelegt und Willies neuer kurzer Haarstil kommt zur Präsentation - mit Stirnband ergänzt. Zwei Fans kommen sogar zur Ehre dieses begehrte Souvenir-Objekt zu ergattern.
Lied-Klassiker wie "Help Me Make It Through The Night", "Mama Don't Let Your Babies Grow Up To Be Cowboys" und "Georgia On My Mind" werden zu ersten Top-Songs, bis zum absoluten Höhepunkt der Live-Version von "On The Road Again". Hier werden die Zuschauer sogar zum Background-Chor und erheben sich kurzzeitig von den Stühlen. Nach etwas mehr als 75 Minuten ist das gefeierte Ende dieses Gigs gekommen, ohne
Zugabe.
Willie erfüllt an diesem Abend keine intensiven Autogrammwünsche mehr, wie einige Tage später in München. Sehr schade und bedauernswert für eine sehr attraktive Country-Lady und Malerin, extra aus Griechenland angereist, die ihm ein tolles, großes Schwarzweiß-Öl-Porträt schenken wollte und der er einen Traum erfüllt hätte, mit einer Autogramm-Widmung auf ihrem Duplikats-Gemälde. But that's life: »You can't always get what you want!«
Willie Nelson, danke für ein tolles Country-Konzert im Old-Style. Bleib uns noch einige Jährchen mit dieser musikalischen Kreativitaet und Lebensfreude erhalten. Wäre schön, dich nochmals auf Tour in Germanien verehren zu dürfen. Vielleicht hilft das 'good ole german beer' als Motivation …
Unser Dankeschön für die freundliche Akkreditierung gilt Raphaela Ciblis von Moderne Welt, als Konzertveranstalter.
Weitere Bilder vom Konzert.
Line-ip:
Willie Nelson (vocals, guitar)
Bobbie Nelson (piano)
Bee Spears (bass)
Paul English (drums)
Billy English (percussion)
Mickey Raphael (harmonica)
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