Ana Popovic / Ana! Live In Amsterdam
Ana Live In Amsterdam
Nach zwei von der Blueskritikergilde sehr positiv aufgenommenen Studiowerken, präsentiert die gebürtige Serbin Ana Popovic ein Live Album, dass es sowohl als CD wie auch als DVD seit Ende April zu erwerben gibt.
Bedingt durch die noch immer recht dünn währende Personaldecke unseres relativ jungen Magazins und die Flut von uns erreichenden Neuveröffentlichungen, gilt es schon, bedingt durch die hohe Auslastung der einzelnen Redakteure, den einen oder anderen Kompromiss in der Bearbeitung zu finden.
So landete mal wieder eine Blues Scheibe bei mir, obwohl ich nicht gerade als vehementer Freund des Genres verschrien bin.
"Soll der Daus doch bei seinen Countrymiezen bleiben, oder es ganz sein lassen", wird der Blues-Hardliner entgegenhalten, die Pfeiler seiner vom Denkmalschutz umwobenen Musikrichtung vom Einsturz bedroht sehend.
Zur Beruhigung jener, möchte ich allerdings offenbaren, dass ich peppig gestaltetem Blues Rock gegenüber immer recht offen gewesen bin (sh. z. B. mein Aynsley-Lister-Review), und Ana Popovic wird ja zweifellos zu einer Vertreterin der etwas moderneren Gangart gezählt. Somit war ich gespannt, was die 29-jährige bei ihrem Konzert in ihrer Wahlheimat Niederlande zu bieten hatte, denn die Gute ist ja auch öfter bei uns im Schwarzen Adler zu Gast, nur wenige Autominuten von meinem Wohnort entfernt.
Los geht es mit einem Instrumental-Intro des Titelstücks ihrer letzten CD "Comfort To The Soul", in dem Ana nach Vorstellung durch den Ansager ihr Publikum mit Hendrixschen Soloeinlagen begrüßt. Nett gemacht.
Im weiteren Verlauf folgt gleich einem halbes Dutzend Stücke von eben benannten Werk, wobei zum Teil Allman-Brothers-artige Improvisationen und die Beifügung souliger, jazziger Elemente vakant werden. Nicht sehr innovativ, aber alles recht druckvoll dargeboten, Ana beackert reichhaltig ihre beige Stratocaster (zum Teil slide-mäßig) im Stile anderer Gitarrenheroes der Marke Jimi Hendrix oder Jeff Healey.
Zu meinen Favoriten zählt das melodisch rockende "Love Me Again", dass übrigens aus der Feder von Ex-Lynyrd Skynyrd -Background-Sängerin Susan Marshall stammt, und in der Tradition einer Band namens The Motherstation dargeboten wird, für die Susan als Frontfrau bei deren einzigem Silberling "Brand New Bag" vorm Mikro stand. Schöne Tempobreaks, starkes Organ, wiederum Hendrix-Gitarren, sehr locker und flockig, macht Spaß die Nummer.
Ein weiteres Highlight aus meiner Sicht, das dezent angejazzte, sehr entspannende Instrumental "Navajo Moon", wobei gerade im zweiten Part Ana's Fingerfertigkeit offenbart wird. Gewidmet ihren Vorbildern Stevie Ray Vaughn und Ronnie Earl.
Leider kippt das Werk ab hier. Der relativ unspektakulären Nummer "Night By Night" folgt mit "Bigtown Playboy" trotz eines technisch sicher anspruchsvollen Slide-Gewitters, eine üble, klischeehafte Staubbluesklamotte, die bei mir Allergien auslöst.
Im weiteren Verlauf regieren Stücke ohne jeglichen Wiedererkennungswert, trotz Addition diverser souliger, funkiger oder swingender Groove-Zutaten, Langeweile macht sich breit.
Als kleine Entschädigung für's Durchhaltevermögen gibt es noch einen Studio-Bonustrack mit schöner Percussion, sehr melodisch, mit einem Hauch von südamerikanischem Flair.
Fazit:
Technisch, auch von der Stimme alles im grünen Bereich, für's alt ehrwürdige Blues Gefilde sicherlich ein willkommener weiblicher Farbtupfer, was sich angesichts der nicht so großen Anzahl von Kolleginnen im Genre allerdings relativiert. Hier ist mir persönlich eine Shannon Curfman trotzdem bei weitem lieber.
Besonders kritisch sehe ich das Verhältnis, wenn man dann doch den Vergleich zu anderen männlichen Blues Rockern hinzunimmt, wie beispielsweise einen anderen Ruf-Künstler namens Aynsley Lister , ganz zu schweigen von Acts wie Steve Schuffert oder Joe Bonamassa.
Da ist es dann doch ein wenig wie der Vergleich von Herren- und Damen Tennis, quasi wie wenn man Steffi Graf mit einem Pete Sampras gegenüberstellt. Während ‚unsere Steffi' mit einer technisch soliden Vorhand, einem Angsthasen-Backhand-Slice und einem für Frauenverhältnisse guten ersten Aufschlag (Niveau eines verunglückten Zweiten bei Sampras...) über viele Jahre die Konkurrenz größtenteils in Schach halten konnte, wären für den Amerikaner beim etwaigem Heranstürmen ans Netz durch den Return seitens des Grafschen Gatten oder hunderter anderer Spieler bald schon lebensbedrohliche Konsequenzen zu befürchten gewesen. Hier muss man dann doch den Ball flach halten, das sind einfach andere Dimensionen. Ersteres nett anzuschauen, Letztgenanntes eben wahrer Sport.
Liebe Bluesfreunde, nichts für ungut, das Teil ist schon in Ordnung, auch wenn mich Ana Popovic's "Live in Amsterdam" nicht wirklich vom Hocker reißt. Ihr macht mit der Scheibe sicherlich nichts falsch. Immerhin gibt es satte 70 Minuten Spielzeit und noch ziemlich aktuelles Material (aus Januar 2005) zu ergründen.
Mit einer Sache hat Ana mich, wenn auch nicht musikalisch, dann doch innerlich bewegt: Angesichts der auf uns wohl unvermeidlich zurollenden politischen 'Westerwelle' mit solch grandiosen Sympathieträgern wie Angela Merkel, Edmund Stoiber, Guido und Co. als Aushängeschildern dieser Republik wird es höchste Zeit, sich Gedanken darüber zu machen, seinen Wohnsitz in die nah angrenzende Niederlande zu verlegen...


Spielzeit: 67:44, Medium: CD, Ruf Records, 2005
1:Intro 2:Don't Bear Down On Me 3:Sittin' On Top Of The World 4:Love Me Again 5:Comfort To The Soul 6:Navajo Moon 7:Night By Night 8:Bigtown Playboy 9:Won't Let You Down 10:Jaco 11:Long Way Home 12:My Man 13:Long Lost Love
Daniel Daus, 24.05.2005