Antun Opic / No Offense
No Offense Spielzeit: 48:59
Medium: CD
Label: Antuned, 2013
Stil: Singer/Songwriter


Review vom 05.10.2013


Sabine Feickert
Hoppla, was'n das?
»Mit Balkanmusik hat das nichts zu tun« wird der Deutsch-Kroate Antun Opic, Namensgeber und Frontmann dieser Band aus der Münchner Gegend zitiert.
Obwohl beim ersten Song "Hospital" durchaus ein leichter Hauch von Knobi und Mokka in der sonnengeschwängerten Luft, respektive den Gitarrensaiten mitschwingt, vermischt sich das ganz kosmopolitisch-swingend mit 'nem dicken, fetten, groovenden Bass und 'ner rau-versoffenen Stimme, die ein bisschen nach Tom Waits an fitten Tagen klingt. Überhaupt – der gute Tom könnte einige viel gehörte Regalmeter in Opics Plattensammlung einnehmen. Direkt neben Louis Armstrong vielleicht?
Ein warmer Windhauch pustet Percussionklänge von der afrikanischen Küste zu "Bulletproof Vest" mit seinem leicht bluesigen Thema. Von ganz tief unten knarzt sich die Stimme am Kehlkopf vorbei, schaukelt in höheren Regionen hin und her und pausiert immer wieder mal, um Gitarre und Bass Raum zu geben. Am Strand sitzt ein Singer/Songwriter mit Klampfe... "No Offense" heißt der nachdenkliche und auf seine Art doch eingängige Titel.
Husten, Räuspern und dann pulsiert ne kräftige frankophile Ader in "The Informer", das Antun Opic mit krächzender Stimme vor diesem kraftvollen Bass und dem Durcheinandergebrabbel verschiedener Stimmen beim Refrain darbietet. Klingt abgefahren? Aber so was von!
Biblisch wird’s in "Moses" – aber nur auf den ersten Anschein. Eine bitterböse Kirchenkritik versteckt sich in dieser etwas gospeligen Nummer. Ganz harmlos und nett leitet die Gitarre den nächsten Titel ein und ich hab ein bisschen das Gefühl, dass sogar Antun selbst beim Singen das Grinsen und Lachen nur schwer verhindern kann, wenn er losknarzt »mr. testosterone bought a fancy new car, dr. sex pumps the boobs till they burst« und in Begleitung von Bass und Saxofon energisch verkündet "We Don't Give A Damn!"
Seine "Juanita Guerolita" bringt süd- oder lateinamerikanisches Temperament mit ins Spiel und bitterbösen, skurillen Zynismus in den Text. Schräg, aber dabei einfach hinreißend und mitreißend. "Don't Forget" – nee, vergesst bloß nicht, in diese Scheibe reinzuhören, die swingt und groovt und jazzt und macht Riesenspaß. Antun Opic hat 'nen wirklich wilden Mix aus Stilrichtungen am Start, vereint die aber mit schlafwandlerischer Sicherheit.
Schnipsel von Blues, Jazz, Balkan und Chanson vermischen sich mit Singer/Songwriter und über allem liegt ein ganz leichter Hauch gut gemachter Pop, in genau der Dosierung, dass das Album leicht und beschwingt, an keiner Stelle aber auch nur im entferntesten seicht wird. In "Troubled Waltz" vorwitzt die Ukulele vor tatsächlich im dezenten Walzertakt agierenden Bass und Bassklarinette. Noch mal so richtig austoben dürfen sich die Bläser in "Good Friends", dem netten kleinen »Ich bring dich ganz groß raus, aber zahlen kann ich dir dafür nix«-Liedchen, in das wohl viele Musiker einstimmen können.
Antun Opic vereint viele Einflüsse, unternimmt eine weitreichende Zeit- und Weltreise, von der er ein sehr eigenständiges Resultat mitbringt. Ich sehe Ricks Bar vor meinen inneren (...schau mir in die...) Augen (...Kleines!) und Szenen aus Jim Jarmusch-Filmen mit Tom Waits (schon wieder!) und John Lurie. Hört euch das wunderbar warme und variantenreiche "Warm" mit Gänsehaut-Saxofonspiel von Freddy Engel mal genau an, vielleicht versteht ihr, was ich meine.
Immer wieder blitzt schräg-hintergründiger Humor auf und gerade durch die etwas holprigen englischen Texte und den ganz leichten Akzent funktioniert das hervorragend. Obwohl hier so viel Unterschiedlichstes zusammengewürfelt ist, zieht sich doch eine ganz klar erkennbare Handschrift durch die Tracks. Langeweile is' nicht auf dieser Scheibe und jedes weitere Mal Zuhören offenbart immer neue feine Details.
In die 'Bloß nix riskieren'-Mainstream-Charts wird Opic es damit zwar wahrscheinlich nicht unbedingt bringen. Dafür aber hoffentlich auf die Bühnen der netten kleinen Clubs und in die Wohnzimmer ganz vieler aufgeschlossener RockTimes-Leser. Hört mal rein, dicker fetter Tipp von mir!!
Line-up:
Antun Opic (vocals, guitar, lap steel, percussion)
Tobias Kavelar (guitar, banjo, drums, backing vocals, ukulele, e-guitar)
Horst Fritscher (bass)
Manuel da Coll (drums - #1,7,8)
Bani Silva (percussion - #2,9)
Freddy Engel (sax - #4,6,9,11, bass clarinet - #10)
Michael Kavelar (trumpet - #4,7,8, horn - #11)
Anna Gruber (trombone - #4,7,8,11)
Mira Mazumdar (backing vocals - #4)
Tracklist
01:Hospital
02:Bulletproof Vest
03:No Offense
04:The Informer
05:Moses
06:We Don't Give A Damn
07:Juanita Guerolita
08:Don't Forget
09:Warm
10:Troubled Waltz
11:Good Friends
12:Rootless Tree
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