Axel Rudi Pell / The Ballads IV
The Ballads IV Spielzeit: 75:04
Medium: CD
Label: SPV, 2011
Stil: Hard Rock

Review vom 16.10.2011


Moritz Alves
Alle paar Jahre legt Axel Rudi Pell seine "The Ballads"-Kompilation neu auf und lädt Romantiker sowie 'Kuschelwuschel' zu einer neuen Runde Liebe, Lust und Leidenschaft ein. Der dieser Tage erschienene vierte Teil reiht sich auf den ersten Blick mühelos in die bisher erschienenen Balladen-Sammlungen ein.
Schaut man aber etwas genauer hin, fällt auf, dass es dieses Mal mit "Noblesse Oblige (Opus #5 Adagio Contabile)" und "Haunted Castle Serenade (Opus #4 Grazioso E Agresso)" zwei Instrumentalstücke auf die CD geschafft haben. Hier lässt Pell, der selbst gerne auf einer weißen Stratocaster fiedelt - wenn auch weniger exzentrisch - Parallelen zu Yngwie Malmsteen aufkommen. Darüber hinaus haben sich heuer ganze fünf Fremdkompositionen unter die Balladen geschlichen: Kiss' "Love Gun", Phil Collins' "In The Air Tonight" und "Like A Child Again" (The Mission) sind dabei schon länger bekannt. Der Block an unveröffentlichten Songs, der traditionell jede "The Ballads"-Scheibe aufwertet, besteht dieses Mal aber ebenfalls zu zwei Dritteln aus Coverversionen: Hier hat sich der Wattenscheider für Dios "Holy Diver" sowie Leonard Cohens "Hallelujah" entschieden.
Diese Masse an Coverversionen lässt die Frage aufkommen, ob Axel Rudi Pell und seine Mannen dieses Mal vielleicht zu schnell mit einem neuen "The Ballads"-Ableger ums Eck gekommen sind. Gut, rein rechnerisch gesehen passt der Termin, denn der Vorgänger erschien vor mittlerweile sieben Jahren. Dennoch scheint es in der Zwischenzeit offensichtlich nicht genügend hochkarätige Eigenkompositionen gegeben zu haben, so dass "The Ballads IV" auf diese Weise gestreckt werden musste.
Letztendlich mag jeder davon halten, was er will. Ich persönlich kann an dieser Stelle attestieren, dass die Cover zumindest allesamt gewohnt hochwertig aus den Boxen tönen. Hier muss sich natürlich niemand Sorgen machen. Insbesondere "Hallelujah" ist eine wahre Gänsehaut-Nummer, bei der Sangesgott Johnny Gioeli richtig mit seinem Können glänzen kann und den Song problemlos auf eine Stufe mit der Jeff Buckley-Version hievt. Gleiches lässt sich von "Like A Child Again" sagen, das Wayne Hussey solo auch nicht besser hinbekommt als Pell und Co. Bei "Love Gun" und "Holy Diver" in Balladenform erscheinen dem einen oder anderen Leser möglicherweise die Fragezeichen vor dem inneren Auge, sind es im Original doch waschechte Rocksongs. Beide Titel wurden hier aber so gekonnt umarrangiert, dass sie auch unter Kuschelrock-Gesichtspunkten eine sehr gute Figur machen. Wobei ich sagen muss, dass "Love Gun" als reine Akustikversion doch noch einen Tick besser funktioniert als "Holy Diver" in seinem Piano-Arrangement.
Der einzige wirklich neue Pell-Song ist somit der Opener "Where The Wild Waters Flow", dessen ausgefeilte Melodielinien sich mühelos in den Gehörgängen einnisten. Angesichts dieser kompositorischen Leistung ist es verwunderlich, weshalb die Musiker es nicht geschafft haben, mehr Stücke wie dieses für "The Ballads IV" bereitzustellen. Von den bekannten Nummern lohnen sich meiner Meinung nach besonders das opulente "Northern Lights", das wunderschöne "Glory Night" und das rockige "Touching My Soul", die wieder einmal eindrucksvoll beweisen, dass Pell im Bombastballaden-Segment zwischen Hard Rock und Heavy Metal niemand so schnell das Wasser reichen kann. Dieser Mann versteht sein Handwerk!
Insgesamt ist Axel Rudi Pell mit "The Ballads IV" wieder einmal eine gutklassige Neuauflage seines Erfolgskonzeptes gelungen, das den Fans genau das gibt, was sie sich wünschen. Schade wie gesagt nur, dass man dieses Mal auf so viele Coverversionen wie noch nie zurückgreifen musste. "Hallelujah" und "Like A Child Again" hätten als Kostproben sicherlich ausgereicht, auch wenn man Pell zugestehen muss, mit "Holy Diver" dem verstorbenen Metal-Magier und »Seelenverwandten« [O-Ton] Pell) Ronnie James Dio auf seine Art Respekt zollen zu wollen.
Line-up:
Johnny Gioeli (vocals)
Axel Rudi Pell (guitars)
Ferdy Doernberg (keyboards)
Volker Krawczak (bass)
Mike Terrana (drums)
Tracklist
01:Where The Wild Waters Flow (5:34)
02:Holy Diver (4:49)
03:Hallelujah (4:16)
04:Northern Lights (6:22)
05:Noblesse Oblige [Opus #5 Adagio Contabile] (4:08)
06:Love Gun (4:03)
07:Glory Night (5:44)
08:In The Air Tonight (8:37)
09:Touching My Soul (6:32)
10:Like A Child Again (4:47)
11:No Chance To Live (6:17)
12:Haunted Castle Serenade [Opus #4 Grazioso E Agresso] (3:51)
13:The Curse Of The Damned (9:57)
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