Aus dem kanadischen Calgary kommt der mir bisher völlig unbekannte Singer/Songwriter Cam Penner, der mit "Gypsy Summer" sein bereits sechstes Album vorlegt. Laut den Promo-Angaben war seine Musik bisher eher heruntergestrippt und auf wenige Instrumente beschränkt, zu denen er seine Geschichten auf intensive Art und Weise erzählte. Sein neues Werk soll dagegen verstärkt autobiographisch, dafür aber wesentlich üppiger instrumentiert sein. Neben einigen Neuzugängen hat er hier wieder auf die Dienste von Jon Wood (E-Gitarre) und Laura Reid (Violine) zurück gegriffen.
Mit einer todtraurigen Harmonika beginnt "Driftwood" das Album und verbreitet so was wie Western-Stimmung, was sich aber schnell ändert, sobald der Gesang einsetzt. Penner singt sehr gefühlvoll und man nimmt ihm ab, dass er sich gerade wie ein Stück Treibholz (Driftwood) fühlt. Die Harmonika kommt einfühlsam zurück, während im Hintergrund eine klagende Pedal Steel die Trübsal mit lang gezogenen, klagenden Tönen noch untermauert. In sehr ähnlicher Stimmung ist auch "Cool Cool Nights" gehalten. Die Vocals des Kanadiers werden dabei nur sehr sparsam von der Akustischen und einem leisen Bass begleitet. Für das Solo ist dann die Harmonika wieder zur Stelle und all dies zusammengefügt ergibt ein sehr stimmiges Bild.
Deutlich flotter kommt da schon "Throw Your Hands Up" mit elekrischer (aber sehr cleaner) Gitarre daher, die Akkorde werden 'geschrubbt', zwischen den guten, melodischen Strophen gibt es feine Sechssaiter-Licks und auch das Schlagzeug treibt mehr. Die Charaktere (oder singt er über sich selbst?) in Penners Songs stehen weitab von der Sonnenseite der Straße. Man hat durchgehend das Gefühl, dass sie sich zwar noch nicht aufgegeben haben, dennoch aber gerade mal einen halben Schritt vom Abgrund entfernt stehen. So auch in "Hour Of Need", in dem eine zweite Person sehr eindringlich um Beistand gebeten wird. Ebenfalls guter Gesang auch bei "Flesh & Bone", einmal mehr sehr sparsam begleitet.
"Gypsy Women" besticht durch erstklassige Gitarren-Arbeit von Jon Wood, beginnt zunächst verhalten und steigert sich dann in einen druckvollen und losgelösten Refrain. Das swingt klasse und die Schlagzeug-Felle werden (nicht nur hier) mit Jazz-Besen gestreichelt. Bei "My Lover & I" wird mutig nach vorne geshuffelt und ein nach meinem Geschmack etwas zu tief im Mix begrabener Hammond-Sound dient als warmer Teppich. Für die zusätzlichen Farbtupfer sorgen Laura Reid (Violine) und Marcin Swoboda an der Viola. Cam Penners Gesang kommt sehr angenehm und persönlich, der Stimme hört man die ein oder andere harte Zeit ebenfalls an.
Schön beschwingt ist "Hey My My My", was eher im Gegensatz zu dem traurigen Text steht (Frau verlässt Mann) steht, der aber eher achselzuckend statt zu Tode betrübt gebracht wird. Auch hier sind wieder die Streicher im Spiel, die sich aber dezent im Hintergrund halten und so hauptsächlich zur Abrundung des Gesamt-Sounds dienen. Dennoch sehr wirksam. Eine der fröhlichsten und positivsten Nummern ist "Ghost Car", die sich alleine schon durch den geradezu befreit wirkenden Gesang von den anderen Stücken abgrenzt. Nach dem etwa zweiminütigen Instrumental "Driftwood (Reprise)", bei dem die Streicher deutlich im Vordergrund sind, steht am Ende "Come As You Are", das die Scheibe schließlich sehr ruhig ausklingen lässt.
"Gypsy Summer" ist ein Album, das den Hörer nicht bereits beim ersten Anhören vom Hocker haut, sondern erst erobert werden will. Spätestens nach einer Hand voll Durchläufen 'versteht' man den Kandier dann aber und kann seinen Kosmos für sich entdecken. Mit "Driftwood", "Gypsy Women", "My Lover & I" oder auch "Throw Your Hands Up" sind auch richtig gute Stücke vertreten, die Cam Penners sechste Scheibe zwar noch nicht zu einem meiner Genre-Highlights dieses Jahres werden lässt, die aber durchaus ihre Berechtigung hat. Der durchgehend angenehm-erdige und warme Sound ist ein weiterer Pluspunkt. Ganz sicher kein schlechtes Album, aber für ganz oben reicht es eben auch nicht.
Line-up:
Cam Penner (vocals, acoustic & electric guitars, harmonica, bass, drum programming, keyboards, piano, tambourine, maracas)
Jon Wood (electric guitars, piano - #8,11)
Tim Leacock (bass, baritone guitar, pedal steel)
Jon May (drums, congas, tambourine, shaker)
Laura Reid (violin)
Marcin Swoboda (viola)
Chris Young (keyboards - #2,3)
Tracklist |
01:Driftwood
02:Gypsy Women
03:Ghost Car
04:Cool Cool Nights
05:Hour Of Need
06:Flesh & Bone
07:My Lover & I
08:Hey My My My
09:Throw Your Hands Up
10:Driftwood (Reprise)
11:Come As You
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