Dolly Parton / Jolene
Jolene Spielzeit: 14:11 (Side 1), 12:38 (Side 2)
Medium: LP
Label: Music On Vinyl, 2015 (1974)
Stil: Country



Review vom 01.10.2015


Markus Kerren
Die heute weltweit bekannte Country-Musikerin Dolly Parton tauchte erstmals mit ihrem Debüt "Hello, I'm Dolly" im Jahr 1967 im größeren Rampenlicht auf. Etwa zur selben Zeit begann auch ihre Zusammenarbeit mit Porter Wagoner, mit dem sie über einen Zeitraum von sieben Jahren immerhin 13 (!) Duettalben aufnahm und Stammgast in dessen damaliger TV-Show war. Immer wieder als Highlight ihrer frühen Karriere genannt werden die Scheiben "Just Because I'm A Woman" (1968) und "Coat Of Many Colors" (1971), dessen Titelsong später unter anderen auch die göttliche Emmylou Harris coverte.
Aber Dolly Parton war schon damals alles andere als bloß eine Sängerin und Performerin. Noch vor ihrem Plattendebüt verdiente sie sich ihre ersten Sporen als Songwriterin, wenn ihre Tracks zu dieser Zeit auch noch von anderen Sängern zu Hits umgesetzt wurden. So ist es dann auch nicht erstaunlich, dass die Lady bereits sehr früh in ihrer Karriere die Songs ihrer Alben selbst schrieb, was im damals noch ziemlich altmodischen Nashville alles andere als selbstverständlich war. Und wenn man das Arbeitspensum mal genauer betrachtet und dazunimmt, mit welcher Geschwindigkeit Miss Parton die Songs aus ihrer Feder flossen, lässt einen das geradezu mit den Ohren schlackern.
Das im Februar 1974 erschienene Album "Jolene" war seit dem Debüt bereits ihr dreizehntes Soloalbum. Nimmt man dazu die bereits oben erwähnten dreizehn Duettalben und die Arbeit fürs Fernsehen... Respekt! Im Jahr 1973 stand jedoch eine große Veränderung an. Eine, die für ihre Karriere zwingend nötig war, ihr dennoch fast das Herz brach. Sie wusste, dass sie sich von ihrem musikalischen Partner Porter Wagoner trennen musste, damit sie ihr eigenes Ding durchziehen und endlich auch künstlerisch als selbstständig anerkannt werden konnte. Der erste große Schritt dorthin war die mir nun auf bretthartem und soundmäßig so vollen wie warmen 180g-Vinyl vorliegende Scheibe.
Was sie Porter Wagoner (der ihre Entscheidung nicht akzeptierte und nicht mal mehr mit ihr sprach) aber hinterließ, war der Song "I Will Always Love You". Ich bin aufgrund meiner Wissenslücke fast vom Glauben abgefallen, dass dieser von Whitney Houston im Jahr 1992 zum Welthit gemachte Song tatsächlich von Dolly Parton geschrieben und original gesungen wurde. Die Nummer war auch damals schon ein Hit, aber lange nicht in den Ausmaßen, den er knappe zwanzig Jahre später einnahm. Und Dolly ist hier richtig klasse, sehr sensibel, man nimmt ihr die Gefühle ab, die mehreren Quellen zufolge tatsächlich echt und ehrlich waren. Ein wahrer Klassiker!
Der zweite 'Übersong' der Platte ist natürlich der Titeltrack, den wahrscheinlich jeder Musikinteressierte irgendwann und irgendwo in seinem Leben schon einmal gehört hat. Wie alle anderen Tracks sehr stark gesungen und versehen mit einem nahezu existenzialistischen Thema. Nicht unbedingt für den Geist, für den Bauch aber allemal und umso mehr... und der (Bauch) zählt auch! Das ist aber noch lange nicht alles, denn Stücke wie "When Someone Wants To Leave", "Early Morning Breeze", "Living On Memories Of You" und alle anderen stehen den großen Hits zwar aufgrund des Bekanntheitsgrades hinterher, kaum aber deren Qualität.
Das einzige, was mir gemessen an den Standards der letzten Jahrzehnte eher Schweißperlen auf die Stirn treibt, ist die Gesamtspielzeit des Albums. Was dagegen wieder beschwichtigt, ist das hohe Qualitätslevel des vorhandenen Materials, das mich jedes Mal dazu führt, die Scheibe gleich zwei oder dreimal nacheinander laufen zu lassen.
Wer Dolly Parton bisher nur als olle Country-Mama auf dem Plan hatte, der sollte unbedingt einen weiteren Versuch starten. Wer überhaupt nix mit dieser Mucke anfangen kann, den wird auch "Jolene" wahrscheinlich keines Besseren belehren. Aber einen Versuch ist es allemal wert, denn in diesem Album steckt wesentlich mehr drin, als ein bisschen 'Tra-la-la' zu Pedal- und Steel Guitars. Und genau das macht den Unterschied und hat Dolly Parton zu dem Superstar empor gehoben, zu dem sie verdientermaßen geworden ist.
Line-up:
Dolly Parton (guitars, lead vocals)
Jimmy Colvard (guitars)
Dave Kirby (guitars)
Bobby Thompson (guitars)
Chip Young (guitars)
Stu Basore (pedal steel guitar)
Pete Drake (pedal steel guitar)
Buck Trent (banjo)
David Briggs (piano)
Hargus 'Pig' Robbins (piano)
Johnny Gimble (fiddle)
Mack Magaha (fiddle)
Onie Wheeler (harmonica)
Bobby Dyson (bass)
Jerry Carrigan (drums)
Larrie Londin (drums)
Ralph Gallant (drums)
Kenny Malone (drums)
The Nashville Edition (background vocals)
Tracklist
Side 1:
01:Jolene
02:When Someone Wants To Leave
03:River Of Happiness
04:Early Morning Breeze
05:Highlight Of My Life

Side 2:
01:I Will Always Love You
02:Randy
03:Living On Memories Of You
04:Lonely Comin' Down
05:It Must Be You
Externe Links: