Sieht man uns im Winter, bei gefährlicher Wetterlage des Abends über die Höhen des Hunsrück fahren, dann kann das nur zwei Gründe haben:
CIA, FBI und Konsorten sind hinter uns her, oder aber im Ducsaal gibt es wieder mal was Feines für die Ohren. Wer den Ducsaal kennt, der weiß, dass das Programm dort immer gekonnt zusammengestellt ist und so war der Grund unserer abendlichen Hunsrückfahrt natürlich ein Konzertbesuch.
Ian Parker gab es zu hören und zu sehen, doch leider war die Zeit denkbar ungünstig. Erwähnte Wetterlage und dann die Zeit: kurz vor Weihnachten waren wohl viele auf den betrieblichen Weihnachtsfeiern - ihr wisst schon, diese Zusammenkünfte, nach denen man dann plötzlich am nächsten Montagmorgen den Chef duzt, die Sekretärin rot wird, wenn man das Büro betritt und die Ehefrau tagelang nicht mehr mit einem redet.
Jedenfalls war der Ducsaal nicht komplett gefüllt, was der Stimmung aber keinen Abbruch tat.
Vokalakrobatik und die passende Gestik bei Opener "Power To The Gospel" von Ben Harper. Meine Güte, was der Mann, der gerade mal 27 Lenze zählt doch für ein Organ hat. Sicher, wir haben seine CD Inside rezensiert und schon dort ist die Stimme ein Genuss. Aber live.....Wow!
Mucksmäuschenstill war es im Saal, als Ian diesen Titel zelebrierte. Die gelbe Strat hing unbeachtet nach unten, die Band gab spärliche Begleitung, so dass Ian's Stimme voll zum Tragen kam.
Nach diesem gefühlvollen Intro kam dann die Strat zum Einsatz. Und wie!
Ian Parker beherrscht das Teil und stellenweise spielt er uns mit seinen Soli schwindelig, welche aber nie in rein technische Frickeleien ausarteten. Daneben Picking und Hammering vom Besten, brutale Powerchords...
Ob nun Bluesnummern im eher herkömmlichen Stil, oder diese traurig wirkenden balladesken Titel - immer haben die Texte einen Bezug zum Leben. So wurde auch der Tod seiner Großmutter in einem Song verarbeitet. Ian benutzt die Musik, wie er selbst sagt, als Ventil, um seinen Gefühlen Ausdruck zu verleihen.
Nicht umsonst sagt Walter Trout über die Ian Parker Band, sie wäre das Beste, was er in den letzten 10 Jahren gesehen hat. Und nicht nur Walter findet die Band toll, anscheinend auch der "Rockpalast", denn dieses Jahr gab es Ian Parker dort im "Rockpalast-Corssroads" zu bewundern.
Die Band um Ian Parker agiert dienlich, ohne jedoch Beiwerk zu sein. 'Mork' Morgan an den Tasten steuert auch die backing vocals bei und es ist ein Genuss, neben dem Keyboardspiel auch seine Mimik zu beobachten.
Steve Amadeo, seines Zeichens Herr der tiefen Töne und Drummer Wayne Proctor (vorher bei Amor), sind eigentlich eine Einheit. Keiner ließ den anderen aus den Augen. Bis aufs i-Tüpfelchen stimmten ihre Timings.
Und wo wir gerade beim Timing sind: Gegen Wayne ist eine Schweizer Uhr ungenauer Mechanikschrott. Man muss das sehen, wie er mit gesenktem Kopf und leicht zusammengesunken hinter seinem Arbeitsplatz sitzt und jedem feinziselierten Beckenklingen nachhört, ob es nicht wirklich ein paar Millisekunden länger schwingt, als von ihm vorgesehen. Augenblicke später scheint er zu explodieren und bearbeitet die Felle mit brachialem Drive. Wayne lebt seinen Rhythmus.
Viel Zeit, den im Rhythmus versunkenen Drummer, den souverän zupfenden, schlagenden und Saiten-reißenden Basser, oder den fingerfertigen Keyboarder zu beobachten bleibt allerdings nicht, denn Ian schnappt sich die akustische Taylor 310-CE und gibt "Don't Hold Back" zum Besten. Gitarrenwechsel gab es fast nach jedem Song. Meistens musste die gelbe Strat der weißen Tele weichen - und dann wieder umgekehrt. An der Taylor zeigte Ian, dass er es auch akustisch kann. Stellenweise war nicht zu erkennen, ob nun die linke oder die rechte Hand schneller war.
Als ob die Saiten der Gitarre nicht genug Betätigungsfeld wäre: Ian klopfte auf dem Teil herum und degradierte die Taylor zum Percussioninstrument.
Dass er auch ohne Micro kann, sagte ich schon. Hier der Beweis: Ian trat neben das Mikrofon und sang in den Saal hinein. Und seine Stimmbänder füllten den Saal. Unverstärkt und wenn man dann noch weis, dass er Halsschmerzen hatte und vor dem Auftritt Medikamente, aufgelöst in heißem Wasser, zu sich genommen hatte, dann muss man einen zweiten Hut ziehen.
Ian stellte nicht nur Titel seines neuen Albums vor; es gab auch Songs der Livescheibe "Lost & Found" und Nummern, die nicht auf diesen beiden CDs zu finden sind.
Je später der Abend, desto inniger wird die Beziehung von Ian mit seiner Strat. Bei "Sometimes I Wonder" kann man von "Gitarre spielen" nicht mehr reden. Bitte nicht falsch verstehen, es ist nicht obszön gemeint und die Gitarre hängt auch stets vor dem Bauch und wird mit den Händen gespielt, aber es ist fast so, als liebkost er die Gitarre, ja man könnte sagen sie schlafen miteinander und vereinigen sich. Gitarre und Mensch sind eins. Das haben wir selten gesehen.
Die Band brachte dann einen Titel den jeder kennt, aber fragt mich nicht wo der herkommt. Ist so eine Art Gospel mit dem bekannten, sich steigernden Refrain "Oh Lord, I'm Coming".
Alle im Saal sangen mit und die Stimmung war auf dem Siedepunkt.
Null Hänger in der Set-list und bei den Musikern. Beim Publikum sowieso nicht, denn kaum war die Band nach dem offiziellen Teil (es gab übrigens zwei Sets) backstage verschwunden, ging es los mit dem Rufen und Klopfen und flugs war die Ian Parker Band wieder on stage. Es gab eine Wahnsinnsversion von "Little Wing". Hendrix zählt ja zu Ians großen Idolen. Wer so beim Publikum ankommt, schafft es natürlich nicht, nach der Zugabe verschwunden zu bleiben. So auch hier: die Fans verlangten nach mehr und die Band kam ein zweites Mal in den Saal und lieferte noch mal geniale Musik.
Ian Parker verließ die Bühne und mischte sich unter die Besucher in den ersten Reihen. Plötzlich hörten wir neue Töne: ein Gast im langen Mantel begann ein paar Reihen weiter hinten auf seiner Blues-Harp die Gitarre zu begleiten, kam langsam nach vorne zu Ian und die Beiden jammten um die Wette. Nur toll, kann man da sagen. Sogar Wayne, der ansonsten voll in seinem Rhythmus lebte und dies mit angespannten Gesichtszügen nach außen dokumentierte, zeigte, dass er auch Lächeln kann.
Oh Leute, es war ein super Konzert und diejenigen, die morgen früh versuchen den Chef zu duzen, die Sekretärin zum Erröten bringen und vom Partner mit "Sie" angesprochen werden, hätten den Abend besser im Ducsaal verbringen sollen. Fast 160 Minuten Musik vom Allerfeinsten. Es war ein Highlight!
Wie wir aus gut unterrichteter Quelle wissen, soll es im Frühjahr eine Live-CD dieser Tour geben. RockTimes wird dann natürlich darüber berichten.
Wer jetzt ein bisschen mehr über Ian Parker wissen möchte: Wir hatten die Gelegenheit, vor dem Konzert ein Interview mit Ian
zu führen.
Unser Dank geht an Katrin von "Ruf-Records" und an die Konzertagentur "Tournado", die uns diesen tollen Abend und das Plaudern mit Ian ermöglicht haben.
Und natürlich auch an den Veranstalter Peter Hahn, den Clubchef Manfred Weber und an die gesamte Ducsaal-Crew, die mit Speis und Trank für das leibliche Wohl sorgten.
Bilder vom Konzert
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