Joe Perry / Have Guitar, Will Travel
Have Guitar, Will Travel Spielzeit: 47:33
Medium: CD
Label: Mailboat/Collectors Mine, 2009
Stil: Rock

Review vom 11.11.2009


Joachim 'Joe' Brookes
Es tut nicht Not, unserer RockTimes-Gemeinde Joe Perry vorzustellen.
Der Gitarrist füllt mit seinem Album "Have Guitar, Will Travel" die Schaffenspause der 'Luftschmiede', und das mit einer Platte, die so richtig schön abgeht.
Per Abstimmung im Internet haben die Fans mehrheitlich über den Titel des Albums entschieden und Perrys Frau hat mit Erfolg den YouTube-Dschungel nach einem weiteren Sänger durchforstet. Sie ist dort auf den Landauer Hagen Grohe gestoßen und einen Anruf von Perry hielt der Sänger zunächst für eine Verarsche. Wem wäre es nicht so ergangen? Schließlich wurde doch Ernst aus dem Angebot, für die fünfte Platte des Amerikaners zu singen. Auf einigen der zehn Tracks ist Hagen zu hören und er macht seinen Job verdammt gut.
Perry persönlich hat das Album produziert und wohl wenig am Sound herumgefingert. Vieles klingt so, wie im Studio gespielt. Selbst ein Brummen des Gitarrenverstärkers beendet einen Track.
"Have Guitar, Will Travel" ist keine personifizierte Gitarrenshow, sondern ein sehr kompaktes Album mit einer spürbaren Spontaneität. Im eigenen State Of The Art Studio wurden die Titel eingespielt und die Songs klingen alles andere als zusammengeschustert.
Mit den Tastenmännern Willie Alexander (unter anderem Herbie Hancock, Warren Zevon,
Al Di Meola) sowie Paul Santo (Jonny Lang, Ringo Starr), dem Dirty Angels-Bassisten David Hull (auch Buddy Miles, Ted Nugent, Pete Droge & The Sinners) und den drei Drummern Scott Meeder (Tinsley Ellis, Atlanta Rhythm Section), Marty Richards (Duke Robillard, Sax Gordon, The Peter Malick Group feat. Norah Jones) und Ben Tileston sind gestandene Musiker am Start.
Deren musikalische Arbeit zentriert sich im Blues beziehungsweise Blues Rock und so ist es auch mit "Have Guitar, Will Travel", in dem der 12-Takter die Basis bildet.
Dennoch lassen die ersten zirka vierzig Sekunden des Openers dieses nicht gerade erahnen.
Schwülstige Keyboards werden von einem Drumbeat unterlegt und der Songanfang lässt den Hörer bangen. Dann drückt man allerdings das Gaspedal bis in die Ölwanne durch und rockend wird die Sau durchs Dorf getrieben. Hagen macht von den ersten gesungenen Worten an einen prächtigen Eindruck, der sich über alle Songs mit seiner Beteiligung keinen Deut verändert. Gerade gehen Gerüchte über eine Trennung von Aerosmith-Sänger Steven Tyler über die Newsticker dieser Welt und ich will ja nicht vermessen klingen, aber dieser Hagen Grohe wäre mehr als nur eine Alternative.
Uh, ich mag die Hammond-Orgel im folgenden "Slingshot". Aber nicht nur die, denn hier geht es an die Blues Rock-Wurzeln und einfach herrlich ist der gedämpfte Teil des Stückes. Nach einem fulminanten Beginn scheint die Nummer in sich zusammenzufallen und groovt dann hingebungsvoll weiter. Am Ende bauen die Musiker wieder auf Dynamik.
Perry schultert die akustische Gitarre und "Do You Wonder" erschließt sich als mit mächtig viel Power aufgeladene Ballade sowie tollem Chorgesang. Leidenschaft macht sich auch in dieser langsameren Nummer breit, wie die Doppelsitze in den hinteren Reihen eines Kinos.
Mit "Somebody's Gonna Get (Their Head Kicked In Tonite)", von Jeremy Spencer geschrieben, gehen Perry & Co. ganz weit zurück in den Fleetwood Mac-Katalog. Blues und Punk finden hier eine gemeinsame Heimat und bis zu dieser Nummer gibt es kein Staubkorn im Albumgetriebe.
Das Mac-Cover ist die Startplattform für den längsten Track der Platte. "Heaven And Hell" ist eine siebeneinhalbminütige psychedelische Angelegenheit, in der Perry einmal sehr den Gitarristen heraushängen lässt.
Richtige schwere Gewichte bringt man mit "No Surprise" auf die Waage des rockenden Blues und auch diese Komposition wird auf der Habenseite verbucht. Der Protagonist setzt geschickt eine Talkbox à la Peter Frampton ein.
In dem vertrackten "Wooden Ships" verzichtet man gänzlich auf Gesang und gegenüber dieser Macht des Rock ist "Oh Lord (21 Grams)" ja fast schon ein Wiegenlied. Ein Track, bei dem die Drums klingen, als kämen sie aus der Abstellkammer. Das ist allerdings nicht so wichtig. Vielmehr steht dieses Stück ganz im Zeichen der akustischen Gitarre und einem umwerfenden Chor. Hier stecken also all die Backing Vocals-Leute!
"Scare The Cat" ist nicht erschreckend, aber ein klasse Rock'n'Roller und zum Schluss stülpt Perry für "Freedom" auch noch das Bottleneck über.
"Have Guitar, Will Travel" ist rundum eine genüssliche Angelegenheit. Mit diesem Soloding hat und wird man auch in der kommenden Zukunft Spaß an den Backen haben. Die Platte ist ein willkommenes Album im Aerosmith-Veröffentlichungsloch.
Line-up:
Joe Perry (vocals, guitar, synthesizer, percussion programming)
Hagen Grohe (vocals)
Willie Alexander (piano)
Paul Santo (organ, pipe organ, percussion)
David Hull (bass)
Scott Meeder (drums)
Marty Richards (drums)
Ben Tileston (drums, percussion)
Charlotte Chipolletti (backing vocals)
Dan Creed (backing vocals)
Pat Dawer (backing vocals)
Phil DellaNoce (backing vocals)
Vivian Doughty (backing vocals)
Brian Greenwood (backing vocals)
Lauren Mack (backing vocals)
Kerri MacLennan (backing vocals)
Kelly McElduff (backing vocals)
Tracklist
01:We've Got A Long Way To Go (4:39)
02:Slingshot (4:25)
03:Do You Wonder (5:17)
04:Somebody's Gonny Get (Their Head Kicked In Tonite) (4:12)
05:Heaven And Hell (7:37)
06:No Surprise (5:00)
07:Wooden Ships (4:59)
08:Oh Lord (21 Grams) (3:46)
09:Scare The Cat (3:59)
10:Freedom (4:51)
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