"Tunesmith Retrofit" ist bereits das achte Album, das der aus Portland, Oregon stammende Kelly Joe Phelps veröffentlicht, erstmals auf dem renommierten Rounder Label. Bei uns ist er, trotz guter Reputation seiner Vorgänger-CDs und einigen Auftritten in Deutschland, bislang wohl nur spezialisierten Fans bekannt. Der Gitarrist und Sänger hat einmal als Jazzer angefangen, ist aber inzwischen völlig in bluesigem Folk aufgegangen. Allerdings nicht im traditionellen, sondern in einem Stil, der frei von formal-enger Sprache ist.
Die Musik von Phelps ist leise, alle Stücke stammen aus der Feder des introvertiert klingenden Künstlers. Sein gezupftes Gitarrenspiel gehört zum Besten, was derzeit auf der Akustischen zu hören ist, er war lange als Lehrer für verschiedene Saiteninstrumente tätig. Inzwischen hat er auch seine alte Liebe, das Banjo wiederentdeckt und trötet sogar den Titeltrack auf der Melodica. Seine Stimme klingt mitunter wie die eines alten Barden, aber er ist, wenn ich die paar spärlichen Angaben in seiner 'Biografie' zusammenzähle, wohl ein Mittvierziger.
(Apropos Biografien: Was da vor allem bei amerikanischen Künstlern auf deren Homepages unter diesem Kapitel zu lesen ist, ist lachhaft. In der Regel wird hier nochmals auf den letzten Output hingewiesen, ein paar Umstände aus der jüngeren Vergangenheit dazu gezählt und diverse Kollegen zitiert, die sich wechselseitig lobend übereinander auslassen. Früher wurde das ehrlicherweise 'PR' genannt... . Schwach, was da den Fans über den eigenen Werdegang angeboten wird. Und auch wohlmeinenden Rezensenten wird damit die Lust genommen, noch ein bisschen 'Hintergrund' über den Künstler zu liefern und ihn damit künftigen Fans besser aufzuschließen.)
Nun lassen wir dann halt seine Musik sprechen. Auch wenn einer der renommierten Fürsprecher meint, dass das durch und durch Blues wäre, ich höre auf diesem Album feinen akustischen Folk, Blues auch, aber genauso andere Stile. Vielleicht sollte sich Mr. Earle einfach mal Bert Jansch oder John Renbourn anhören. Das sind zwölf klasse Songs, zehn wundervolle Gedichte, zehnmal Gitarrenzauber, zweimal Banjovirtuosität - gewürzt mit gut abgestimmten Zutaten. Phelps singt seine Geschichten zurückhaltend, aber mit wohl dosierter Spannung - ganz der lyrische Folksänger im trauten Freundeskreis, dem seine Zuhörer an Lippen und Händen hängen. Die alte Magie.
Die Gäste runden den Vortrag gekonnt ab, selten ist mehr als ein weiteres Instrument zu hören. Dann aber wie (Anspieltipp "Spanish Hands" mit seiner Pedal Steel)! "Big Shaky" hat Bandcharakter, zwei Gitarren, Kontrabass, Schlagzeugbesen, eine Musette-Melodica und die Stimme. Zwei Songs sind eine Hommage an Kollegen, wohl Brüdern im Geist. Das beschwingte "MacDougal" ist einem der wichtigsten Mentoren des Folk-Revivals in den 60er Jahren gewidmet, Dave Van Ronk. Dem im letzen Jahr verstorbenen Chris Whitley gilt "Handful of Arrows" im Stil einer englischen Folk-Ballade. Es gibt auch düstere Stimmungen - "Loud As Ears" und fröhlich Nostalgisches wie "Tunesmith Retrofit". Produziert haben das Meisterstück Steve Dawson und Kelly Joe Phelps selbst. Die Texte finden sich im Booklet.
Für mich und trotz starker Konkurrenz, bis jetzt das Folk-Album 2006!
Line-up:
Kelly Joe Phelps (vocals, guitar, banjo, melodica)
Guests:
Keith Lowe (acoustic bass)
John Raham (drums)
Chris Gestrin (pump organ, wurlitzer, piano, melodica)
Steve Dawson (tremolo weissenborn, pedal steel)
Jesse Zubot (fiddle)
Tracklist |
01:Crow's Nest
02:The Anvil
03:Spanish Hands
04:Plumb Line
05:Scapegoat
06:Big Shaky
07:Tight To The Jar
08:MacDougal
09:Loud As Ears
10:Red Light Nickel
11:Handful Of Arrows
12:Tunesmith Retrofit
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