Old 97's / The Grand Theatre Volume One
 The Grand Theatre Volume One Spielzeit: 44:45
Medium: CD
Label: Blue Rose Records / New West, 2010
Stil: Country Rock

Review vom 21.12.2010


Steve Braun
Von einer Band mehr als siebzehn Jahre nichts gehört zu haben, so etwas kann einem eigentlich nur im Country- und Americana-Bereich widerfahren. Die Veröffentlichungsflut in diesem Bereich ist mindestens so riesig wie der endlose mittlere Westen der US, in dem diese Musik entsteht. Old 97's ist so ein Fall. Sieben Studioalben, zwei EPs, eine Compilation und eine DVD sind bereits vorbeigezogen, ehe diese texanische Alternative Country-Band RockTimes vor die Flinte lief.
Die beiden Bandleader Rhett Miller und Murry Hammond haben das Quartett 1994 als College-Band gegründet. Eine heftige Achterbahnfahrt haben sie bereits hinter sich - Labelwechsel, Stilkorrekturen und trotzdem scheinen sie sich selbst immer treu geblieben zu sein.
Rhett Miller war im vergangenen Jahr mit einem Soloprogramm als Support von Steve Earle in Europa unterwegs. Unter dem Einfluss dieses großartigen Singer/Songwriters, dem besten Freund des hoch verehrten, schon lange verstorbenen John Campbell, flossen ihm die Texte von "The Grand Theatre" förmlich aus der sprichwörtlichen Feder.
Für das neue Album hatten sich Old 97's für eine Woche in die Sons Of Hermann Hall in Dallas, Texas zurückgezogen - daher auch der Titel des Albums. Das Material sprengte den Rahmen einer Veröffentlichung bei weitem, deshalb soll "The Grand Theatre Volume Two" im kommenden Jahr nachgereicht werden.
Gefällig und mit einer gewaltigen Stilvielfalt fließt die dreiviertel Stunde von "The Grand Theatre Volume One" aus den Boxen. Jedoch nach dem zweiten Hördurchgang entpuppt sich diese stilistische Breite eher als Malus. Jede Menge New Country gepaart mit traditionellen Country-Elementen wird munter mit Rockabilly, Cow Punk, Roots Rock sowie etwas Psychobilly und Americana versetzt. Das ist dann doch etwas zu viel des Guten - es fehlt mir persönlich etwas an Stringenz.
Nach dem dritten Durchlauf geht es zumindest mir so, dass sich immer noch keine Hookline richtig festgesetzt hat und es beginnt sich etwas Enttäuschung breit zu machen, denn das Ausgangsmaterial ist wirklich ausbaufähig. Nehmen wir "You Smoke Too Much" - ein flotter, grooviger Roots-Rocker, dem einzig das gewisse Etwas fehlt. Das eingangs klimpernde Piano Murry Hammonds wäre es vielleicht gewesen, aber das verstummt leider nach wenigen Takten. Dagegen ist das Gitarrensolo eher uninspiriert und 'knödelig'. Auch "Please Hold On While The Train Is Moving" macht irgendwie nicht 'den Sack zu'. Ein anfänglich richtig knackiger Rocker, zieht nach einem Tempowechsel im Mittelteil die Handbremse und kommt danach zu keiner Zeit mehr auf den berühmten Punkt.
Auch textlich ist durchaus 'Musik drin' - man höre nur die Politikerschelte in "The Magician". Hier ist mir die musikalische Begleitung im Rockabilly-Stil etwas zu brav. Da hätte ich mir bösartige Widerhaken wie bei White Cowbell Oklahoma gut vorstellen können. Bezeichnenderweise ist es Bob Dylans "Desolation Row", dessen 1965er Highway 61 Revisted-Scheibe entliehen, das ein Ausrufezeichen setzt. Hier wurde mit "Champaign, Illionis" ein richtig bissiger neuer Text unterlegt. Die Verhandlungen mit Dylans Rechtsabteilung sollen sich übrigens recht schwierig gestaltet haben. Der 'Meister' selbst begutachtete die neuen Lyrics und gab seinen großmütigen Segen.
Was bleibt nach diversen Anläufen, sich mit Old 97's neuem Album angemessen auseinanderzusetzen? 'Gefällig' war der erste Eindruck und der bestätigte sich durchaus. "The Grand Theatre Volume One" tritt niemandem auf die Füße und kann von jedem Freund handgemachter amerikanischer Klänge gut konsumiert werden. Leider verzetteln sich die Jungs etwas im breiten Musikfeld, das sie beackern. Wenn man sich da etwas beschränken könnte, gelegentlich etwas schneller 'auf den Punkt' käme und manchmal einen fiesen musikalischen 'Arschtritt' setzen würde, könnte da etwas Großes wachsen. Das handwerkliche Zeug haben sie dazu allemal...
Line-up:
Rhett Miller (vocals, guitar)
Ken Bethea (guitars)
Murry Hammond (bass, guitars, keyboards, vocals)
Philip Peeples (drums)
Gast:
Rip Rowan (piano - #11)
Tracklist
01:The Grand Theatre (3:16)
02:Every Night Is Friday Night (2:45)
03:The Magician (3:54)
04:You Were Born To Be In The Battle (3:51)
05:The Dance Class (3:23)
06:Let The Whiskey Take The Reins (4:10)
07:Champaign, Illinois (3:25)
08:A State Of Texas (2:58)
09:You Smoke Too Much (3:44)
10:Love Is What You Are (4:04)
11:Please Hold On While The Train Is Moving (5:36)
12:The Beauty Marks (3:34)
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