Omar & The Howlers feat. Gary Primich
Too Much Is Not Enough
Too Much Is Not Enough Spielzeit: 35:43
Medium: CD
Label: Big Guitar Music, 2012
Stil: Blues

Review vom 15.12.2012


Steve Braun
Dem aufmerksamen Leser unserer Seiten mag aufgefallen sein, dass ich eigentlich kaum noch Blues-Platten bespreche. Vieles von dem modernen Kram langweilt mich nur noch. Zu viel Glattgebügeltes oder bis zum Überdruss Zitiertes verwässert für meinen Geschmack die Szenerie. Und wenn die zündenden Ideen ausgehen, wird viel zu häufig der Dampfhammer ausgepackt. Echte 'Typen' werden immer seltener. Man muss nur ein paar Mal in die vier Silberlinge der ollen "Chess Blues"-Box hineinhören, um festzustellen, dass es heutzutage kaum noch unverwechselbare Unikate gibt.
Omar Kent Dykes ist eines von diesen selten gewordenen Urviechern und wenn er mit seinen Howlers 'loszwölftaktet', bleibt kein Fuß ruhig und kein Auge trocken. Dieser Bär packt dich mit seinen Pranken und lässt für den ganzen Durchlauf der jeweiligen Scheibe nicht mehr los...
Omar Kent Dykes Reise auf Jimmy Reeds Highway geht weiter. Im ersten, 2007 erschienenen Teil stand der 'fabelhafte Donnervogel', Jimmy Vaughan (musikalisch sehr viel mehr, als nur der Bruder von...), im Mittelpunkt der Sessions. Diesmal bekommt der ebenso fabelhafte Harp-Spieler Gary Primich, der schon seinerzeit die Sessions mit seiner Blues-Harp veredelte, den exponierten Platz an Omars Seite. Es ist unglaublich, welche Töne dieser viel zu früh im Alter von nur 49 Jahren verstorbene Bluesman seinem kaum mehr als einen Finger langen Arbeitsgerät entlocken konnte. Das verfluchte Heroin beendete Primichs viel zu kurze 'Session' auf Erden...
Die Aufnahmen zu "Too Much Is Not Enough" entstanden wenige Monate vor Gary Primichs Tod (im September 2007) und erneut nahm sich Kent Dykes - diesmal mit seinen Howlers - die ewig jungen Klassiker des Jimmy Reed vor. Dieser Blues-Titan hat einen riesigen Fundus von Songs hinterlassen, die ähnlich viel Magie wie die Klassiker Robert Johnsons besitzen und entsprechend oft gecovert wurden.
Der 'Pfiff' dieser Sessions bestand nicht nur aus Live-Einspielungen - das machen andere auch. Nein, der Clou ist der Sound, der ganz bewusst reduziert wurde, sodass "Too Much Is Not Enough" fast so klingt, als wären die Takes in den Fünfzigern oder Sechzigern entstanden. Da macht es nicht nur nichts, sondern ist eher als Authentizitäts- und Gütesiegel anzusehen, wenn das Schlagzeug blechern, der Bass pappig und die Gitarren teilweise ungehobelt klingen. So taucht der geneigte Hörer ganz tief in die Zeit ein, in der diese Songs geschrieben wurden.
Dykes nimmt sich bei allen Songs auffällig zurück und überlässt Primich nahezu sämtliche Glanzpunkte. Was für eine Referenz an einen verstorbenen Freund. Da ziehe ich meinen Lederhut - Chapeau!!
Bis auf die einzige Eigenkomposition Dykes, "I Gotta Let You Go", dürften alle Songs dem Bluesfreund mehr oder weniger bekannt sein. Die einzigartig knarzige Stimme des 'Bullen aus Austin' prägen sie ebenso wie die expressive Harp seines Freundes seit Jugendtagen. Primichs Spiel scheint stark von Little Walter inspiriert, aber auch sein 'Bruder im Geiste', Paul Butterfield, ist deutlich wahrnehmbar. Glasklar schweben die brillanten Soli über den Gitarren...
Anspieltipps sind nicht zu vergeben - das Scheibchen ist perfekt auf Dauerrotation ausgelegt. Hinhörer sind ganz sicher die Gassenhauer "Ain't Got You", "Shame, Shame, Shame" und "You Don't Have To Go". Sehr schön - weil sparsamst - ist "Roll In Rhumba" arrangiert worden, wobei als Schlagwerk lediglich ein Cajon und Maracas eingesetzt wurden.
Kein Song knackt die Vier-Minuten-Marke - manches Mal beschränkt man sich gar auf wenig mehr als zwei Minuten und ist auch hier ganz dem Geist der Fünfziger verpflichtet.
Gibt es überhaupt 'schlechte' Platten von Omar & The Howlers?? Nicht, dass ich wüsste... Auch diesmal hat man ein Perlchen produziert, als dessen einziger Kritikpunkt die viel zu kurze Laufzeit anzusehen ist. Aber höchstwahrscheinlich lag einfach nicht mehr Material aus diesen fünf Jahre alten Sessions vor.
"Too Much Is Not Enough" kann sich jeder Bluesfreund, der sich der Tradition des Genres verpflichtet fühlt, bedenkenlos ins Regal stellen! Eine runde Sache...
Line-up:
Omar Kent Dykes (vocals, guitar)
Gary Primich (harp)
Derek O'Brien (guitar)
Gary Clark Jr. (silde guitar)
Ronnie James (upright & electric bass)
Barry Bihm (electric bass)
Jon Hahn (drums)
Tracklist
01:Too Much (2:45)
02:I Gotta Let You Go (3:09)
03:Honest I Do (2:21)
04:Ain't Got You (2:46)
05:High And Lonesome (3:57)
06:Going To New York (2:38)
07:Roll In Rhumba (2:23)
08:Takin' Out Some Insurance (3:12)
09:I'm Gonna Move To The Outskirts Of Town (3:59)
10:I'm Gonna Ruin You (3:35)
11:Shame, Shame, Shame (3:44)
12:You Don't Have To Go (3:44)
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