Omas Zwerge: merkwürdiger Name - saustarke Band! Echt mal, wer erwartet in der eigentlich völlig totgespielten und längst ausgelutschten Pop Punk-Schublade denn allen Ernstes noch irgendwelche Ausrufezeichen - und dann auch noch aus deutschen Landen?! Und doch gibt es manchmal eine ganz besondere Combo, die einem mit Schmackes in den Hintern tritt und einen gnadenlos aus dem Sessel reißt:
»Die Zeit ist überreif
Deutschland bist du bereit?
Es tut uns wirklich leid
Denn wir sind endlich da
Wie ein Vulkanausbruch
Wir kriegen nie genug
Punkrock auf Höhenflug
Und sagen guten Tag!«
Die vier Jungs aus Essen eröffnen ihr Album mit diesen Zeilen sehr passend und stellen sofort unmissverständlich klar, dass sie zu dieser seltenen Spezies von Bands gehören. Auf 35 Minuten Spielzeit übertrifft ihr "Stereopunk" wirklich alles, was 2011 in Sachen Pop Punk zu bieten hat. Auf einmal weht wieder ein frischer Wind durch die Szene, so dass alle Kollegen-Bands sich warm anziehen und eigentlich sofort wieder im Proberaum verschwinden können.
Nicht nur können Omas Zwerge mit ihren ausgefeilten, vielschichtigen Kompositionen auf ganzer Linie überzeugen, nein, auch die Texte sind durchweg erste Kajüte und decken das gesamte Spektrum von humorvoll-ironisch (z.B. "Chantal") über persönlich (z.B. "Rache ist suess") bis sozialkritisch (z.B. "Renn") ab. Japp, ganz genau, hier gibt's statt dem 08/15sten Aufguss ausgelutschter Teenie- und Party-Problematiken sowie langweiliger Herzschmerz-Dudeleien wirklich gehaltvolle Zeilen auf die Ohren. Wobei auch die Essener ohne Liebeslyrik natürlich nicht auskommen, diese Inhalte aber mit ordentlich Charme und Witz eben einfach viel kurzweiliger präsentieren (z.B. "Der Preis") als man das gemeinhin gewohnt ist.
Auch in musikalischer Hinsicht wird nicht einfach bloß das Gaspedal durchgetreten und die Powerchords runtergeschrammelt, sondern dem Sound im Opener "Kommando Tanz" durch kleine songdienliche Elektro-Spielereien sowie einem Mosh-Part zu mehr Variation verholfen. Oder aber es werden Akzente durch intensive, gekonnte Vokalakrobatik gesetzt (z.B. "Sommernacht", "Alles oder Nichts", "Fuer immer", "Nie mehr"). Von den unzähligen Rhythmus-Variationen und Laut-Leise-Dynamiken in allen (!) Songs ganz zu schweigen. Natürlich gibt's auch typische Pop Punk-Kracher (z.B. "Alles Luege") auf die Ohren, die aber eben immer durch das gewisse Etwas bestechen. Und als wäre das nicht genug, holen Omas Zwerge ganz am Schluss plötzlich die Akustische raus und zaubern die zuckersüße Liebesschmonzette "Nie mehr" aus dem Hut, bei der jede Angebetete auf der Bettkante in Sekundenschnelle zerfließen wird - ein musikalisches Aphrodisiakum.
Allen Stücken ist gemein, dass sie das unglaubliche Geschick der Band für Spannungsbögen und Dramaturgie innehaben und Abwechslung somit ganz groß geschrieben wird: Die Essener schöpfen songwriterisch aus den Vollen und haben verstanden, dass man heutzutage schon was leisten muss, wenn man denn mit Pop Punk noch irgendwen hinterm Ofen hervorlocken will - und natürlich als Band selbst auch nicht den Spaß an der Musik verlieren möchte.
"Stereopunk" ist in seiner Gesamtheit somit ein echtes Brett geworden. Eine pop-punkige Qualitätsmarke aus heimischen Gefilden mit beachtlicher Halbwertszeit. Damit legen Omas Zwerge nicht nur für jede andere, ähnlich gelagerte Band die Messlatte verdammt hoch, sondern werden sich auch selbst anstrengen müssen, ihren "Stereopunk" auf nachfolgenden Veröffentlichungen nochmals zu toppen.
»Komm schon mit auf unser Schiff
Lass dich durch die Wellen ziehen
Ist das zu viel verlangt
Einmal in deinem Leben Stereopunk«
Jeder Freund hochharmonischer und -energetischer Musik sollte dieser Aufforderung nachkommen und sich dieses Überalbum nach Hause holen - Anlage aufreißen und abfeiern, bitte sehr!
Line-up:
Pitti (drums)
Cozza (vocals, guitar)
Maik (bass, backing vocals)
Basti (vocals, guitar)
Tracklist |
01:Kommando Tanz (2:20)
02:Fuer Dich (3:00)
03:Stereopunk (2:43)
04:Chantal (2:12)
05:Sommernacht (4:27)
06:Alles Luege (1:46)
07:Rache ist suess (3:38)
08:Alles oder Nichts (2:45)
09:Der Preis (3:20)
10:Fuer immer (3:16)
11:Renn (2:49)
12:Nie mehr (2:43)
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