Eine goldene Hochzeit ist stets etwas Besonderes und wird meistens sehr feudal gefeiert. Dazu gehört natürlich ein passendes Ambiente mit stimmungsvoller Musik. Das goldene Jubiläum der bekanntesten musikalischen Vertreter des osteuropäischen Raumes wird heute Abend im Rahmen ihrer Europatour in der Zitadelle-Spandau in Berlin gefeiert. Jubilare sind Omega aus Ungarn, die es geschafft haben, diese lange Zeit fast unverändert auf der Bühne zu stehen.
Im April hatte RockTimes bereits die Gelegenheit in einem ausführlichen Gespräch mit Mastermind Janos Kobor über die lange Geschichte der Band zu plaudern. Heute Abend steht nun endlich das Konzert an. Für das Vor-Ort-Team von RockTimes ist es das erste Mal, die Band live zu erleben und wir sind sehr gespannt, was uns erwartet.
Vor einigen Monaten ist im Zusammenhang mit ihrem Jubiläum bereits das Doppel-Live Album Greatest Performances erschienen und während des Interviews hatte Janos darauf hingewiesen, dass die Songs auf der Tour mit Orchesterbegleitung gespielt werden. Alles deutet also auf ein bombastisches Soundgewitter hin. Leider finden außer uns nur noch ca. eintausendfünfhundert Besucher den Weg in die Festungsanlage, die in dem weiten Innenhof sehr verloren aussehen. Auch die Bestuhlung vor der Bühne trägt nicht unbedingt dazu bei, dass sich die Zuschauer bei rockigen Klängen austoben können. Bis dann auch diese rockigen Klänge in die Ohren dringen, ist der Konzertabend fast passé.
Noch während die meisten Zuschauer vor dem Eingang stehen, um sich durch zwei lächerlich schmale Check-in Schalter zu quälen, beginnt viel zu früh das Vorprogramm. Schon zehn Minuten nach Doors Open steht Dominique Lacasa in Begleitung eines Bassisten auf der Bühne. Anders als auf den Plakaten angekündigt, scheint sie für die ausgefallenen Esoterik-Band Hanggai kurzfristig eingesprungen zu sein. Frau Lacasa, Tochter von Ostdeutschlands Publikumsliebling Frank Schöbel und seiner Lebensgefährtin Aurora Lacasa, gibt deutschsprachigen Gesang zum Besten, der allerdings nicht so recht zünden will. Ihre Bemühungen, die noch sehr wenigen Besucher zum Mitsingen zu animieren, scheitern leider kläglich und die Frau fängt an mir leid zu tun. Ihre Leistung ist durchweg von guter Qualität und ich bin erstaunt, was sie mit ihrer Stimme, ein paar kleinen Percussion-Instrumenten und einem Bass leistet, nur leider honorieren das die Gäste in der Zitadelle nicht. Um es auf den Punkt zu bringen, sie ist mit ihrer Musik völlig fehl am Platz und die Gesichtsausdrücke sowie die Kommentare der Anwesenden um uns herum sprechen die gleiche Sprache. Viele ziehen sich in den hinteren Bereich der Zitadelle zurück und begutachten lieber die Angebote der Speisen und Getränke-Händler. Nach vierzig Minuten verabschiedet sich Frau Lacasa mit ihrer Begleitung, völlig davon überzeugt, den etwa einhundertfünfzig Verbliebenen vor der Bühne etwas Gutes getan zu haben.
Die strengen Lärmbestimmungen sind den Zitadellenbesuchern längst bekannt und man hat sich in Berlin daran gewöhnt, dass die Konzerte dort um zweiundwanzig Uhr beendet sein müssen. Omega haben sich deshalb zu sputen, um ihr Programm abzufahren und das beginnt, wie das Vorprogramm aufgehört hat, langweilig. Nach einen kurzen Keyboard-Intro und einer Einführungsrede von Orchesterchef Matthias Erben, wird die Omega-Symphony gespielt. Klassische Musik des Orchesters aus Halle, ohne Gesang, lediglich mit den beiden Keyboardern und Drummer Ferenc Debreceni. Wenn das ein Highlight im Rahmen eines fünfzigjährigen Jubiläums sein soll, kann ich nur den Kopf schütteln und mich fragen, ob ich im falschen Kinosaal gelandet bin. Das, was auf der Bühne geboten wird, ist nämlich alles andere als großes Kino. Ich gebe offen zu, dass ich nicht den geringsten Sachverstand über klassische Musik habe und auch keinen Zugang in dieses Genre finde. So wie ich scheinen auch mindestens zwei Drittel der Anwesenden zu denken. Wiederum machen sich lange Gesichter breit, denn anscheinend hat jeder etwas Anderes erwartet. Ansatzweise kann ich zwischenzeitlich einen mir bekannten Omega-Song heraushören, der Rest verschließt sich mir völlig. Mit Sicherheit sind diese ersten fünfzig Minuten musikalisch sehr gut und würde ich mich mit der Materie besser auskennen, könnte ich bestimmt Lobeshymnen anstimmen, aber so kann ich nur sagen, dass das ein Fehlgriff war, liebe Omega-Musiker. Diese Meinung teilt auch mein Kollege Mike, der ebenso wie ich mit der Erwartungshaltung eines Rock-Konzertes den lauen Sommerabend genießen will. In Anbetracht des ungewöhnlichen Vor- und des klassischen Hauptprogramms verlässt er das Venue Richtung Heimat.
Da meine Geduld etwas ausgeprägter ist, bleibe ich und werde zum Glück noch mit deutlich besser gefallender Musik Musik und einer sehr schönen Lasershow belohnt. Endlich erscheint Sänger Janos Kobor auf der Bühne. In Begleitung seines Gitarristen György Molnar und Bassistin Katy Zee, die ein wahres Energiebündel an ihrem Instrument ist. Dieses Dreigestirn bestimmt den letzten Teil des Abends, die Omega-Rhapsody. Nun wird, wie von allen erwartet, die Bude gerockt. Die Musik stimmt und passend dazu wird eine perfekte Beleuchtung geliefert. Inzwischen ist es dunkel genug, um die Laseranlage ausreichend zur Geltung zu bringen und sie stimmungsvoll bei Balladen einzusetzen. Das Publikum drängt nach vorne, die Bestuhlung stört dabei ungemein. Jeder will jetzt die Band hautnah erleben, viele tanzen und singen die Songs mit. Einziger Wermutstropfen, es wird in ihrer Heimatsprache ungarisch gesungen. Für viele in der Arena, auch für mich, ein kleines Handicap. Die drei Frontleute, allen voran natürlich Sänger Janos Kobor, sind ständig in Bewegung und transportieren so ihre Spielfreude in die Menge. Abwechselnde Gitarren- und Basssoli heizen die Stimmung noch weiter an. Janos tanzt dabei auf der Bühne in seinem langen schwarzroten Mantel wie ein Irrwisch. Keine Spur von Altersermüdungen oder dergleichen. Die Band hat das Potenzial, noch weitere Dekaden auf den Brettern der Welt zu verbringen. Die Musik ist abwechslungsreich, zum größten Teil schnell und druckvoll und
das Orchester aus Halle kommt gegen die Omega-Musiker nicht mehr an. Ihre Streicher können das Geschehen nur noch sanft untermalen und sind kaum noch zu hören. Immer wieder streut die Band ältere Stücke aus den siebziger Jahren ein, löst dabei nicht nur Entzücken bei den Fans aus, sondern auch bei mir. Mike hätte bleiben sollen, nun hat er etwas versäumt.
Immer wieder versucht Frontmann Janos die Ansagen auf Deutsch zu halten, doch leider hält sich sein Wortschatz heute, im Vergleich zum Interview, in Grenzen, weshalb er sich bei seinen Ansprachen auf das Wesentliche beschränkt. Für mehr ist auch keine Zeit, denn Omega haben ihr Limit bereits überschritten, als die Zugaben beginnen. Ganze zwei sind es deshalb nur, die Ordnungshüter pochen schon mit dem Finger auf die Uhr.
Zum Ausklang dieses sehr gemischten Abends findet sich die Band noch zu einer Autogrammstunde am Merchandise-Stand ein. Bereitwillig und geduldig unterschreiben sie alles, was ihnen vorgelegt wird und kurbeln somit auch gleich ihren Umsatz an CDs an. Noch ein paar Fotos für die Fans und dann verabschieden sich Omega in die Katakomben der Zitadelle-Spandau.
Line-up:
Janos Kobar (vocals)
Lazlo Benkö (keyboards)
Tamas Mihaly (keyboards)
György Molnar (guitar)
Ferenc Debreceni (drums)
Katy Zee (bass)
Setlist
Part One: Symphony
Part Two: Rhapsody
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