Øresund Space Collective / Music For Pogonologists
Music For Pogonologists Spielzeit: 75:57 (CD 1), 70:04 (CD 2)
Medium: Do-CD
Label: Grooveyard Records, 2014
Stil: Space Rock


Review vom 16.11.2014


Joachim 'Joe' Brookes
Das Doppelalbum des Øresund Space Collective (ØSC) trägt den Titel "Music For Pogonologists". Wie bitte? Was sind Pogonologists? Die Pogonologie ist die Lehre von Bärten. Okay, wieder was gelernt. Scott Heller aka Dr. Space ist so etwas wie der Vater des ØSC und war beeindruckt von Upton Uxbridge Underwoods Buch "Poets Ranked By Beard Weight". Alle Songtitel sind aus dem Buch entnommen und "Music For Pogonologists" ist sozusagen die Space Rock-Vertonung von Upton Uxbridge Underwoods »knowledge and scientific studies.«
"Music For Pogonologists" gibt es als Doppel-CD mit einem achtseitigen Booklet und Gatefold-Doppel-LP. Beide Ausgaben sind auf fünfhundert Exemplare limitiert. Bei der LP-Veröffentlichung kann man sich für Vinyl in schwarz (zweihundert Stück), purpur (zweihundert Stück) oder purpur mit weißen und blauen Sprenkeln (einhundert Stück) entscheiden.
Die Tracklists der beiden Tonträger sind unterschiedlich ausgelegt. Die ersten drei Nummern der ersten CD und das erste sowie dritte Lied der zweiten CD gibt es nur auf Silberlingen. "Bartischlag" kann man ausschließlich auf dem Vinyl hören und das Titelstück gibt es nur in einem gekürzten Edit in einer Länge von zweiundzwanzigeinhalb Minuten.
Damit die LP-Freaks auf die vollen musikalischen Kosten kommen, steht auf der ØSC-Bandcamp-Seite folgende Information: »The vinyl record will include a digital download coupon as well.« Die vorliegende Doppel-CD erscheint am 15.11.2014 und die LP-Version im Dezember 2014.
Die Aufnahmen zu dieser Platte entstanden im April 2012, natürlich in den Black Tornado Studios. Aus diesen Sessions ging auch Organic Earthly Flotation hervor. So verwundert es nicht, dass das Line-up fast identisch ist.
Okay, soviel zu den wichtigen Informationen der beiden verschiedenen Veröffentlichungen. Nun zur Space Rock-Musik von ØSC.
Bartträger ist nicht gleich Bartträger. So ist die Musik auf den beiden Scheiben des Doppeldeckers auch nicht gleich oder eintönig. Das Kollektiv mit allen Musikern der Band Papir und Pär Hallgren (Sgt. Sunshine, The Carpet Knights, Hoofoot) hat zumindest auf der ersten Scheibe den Space Rock ganz fest im Griff. Daniel Lars sowie Nicklas Sørensen spielen auf allen Songs Gitarre, Nickolas Hill ist auf "Barboconsciousness" und "Remnants Of The Barbonaeum" mit von der Partie.
Die Sechssaiter stehen deutlich im Vordergrund der Aktionen. Der Rock verschmilzt mit dem Blues. Der Blues nimmt einen Weg in die kraftvoll vorgetragene Psychedelic. Die Psychedelic schraubt sich in den Weltraum und so hängt der ØSC-Kosmos voller Gitarren. Selbst an einem Ausflug in den Jazz eines Miles Davis darf man sich erfreuen.
Hypnotisch klingende Hintergründe werden zu galaktischen Zutaten von Gitarrenfahrten, die einer steten Veränderung unterliegen. Ein Sechssaiter befindet sich im Weltraum und der andere füttert das Hörer-Gehirn mit Wah Wah-Pedal-Einsätzen in Looping-Dimension und –Wirkung. Da ist die "Ziggurat Of The Beards"-Session eine wahre Offenbarung des Space Rock. Highlight!
"The Trichophantic Spire" löst sich zunächst vom vehementen Rock und bietet herrliche Blues-Riffs, die sich in der Klang-Atmosphäre verteilen, wie die Reflexionen einer Spiegelkugel. Gitarren werden in eine Art Sparmodus versetzt und sind doch so effektiv. Etwas über sechs Minuten Space Rock, der sich ziemlich bodenständig zeigt.
Die sechsundzwanzig Minuten "Remnants Of The Barbonaeum" sind eine gigantisch dahinfließende Soundlandschaft, die man unbedingt auch über die Kopfhörer genießen muss. Die Synthesizer bieten unter anderem Sounds, die aus hunderten von Kirchorgelpfeifen kommen. Hammer! Mit progressiven Elementen wird auch nicht gespart.
Man kommt aus der Spektakel-Spirale erst heraus, wenn die erste CD nach fast sechsundsiebzig Minuten im Player anhält. Wenn die zweite CD dieses Niveau, es muss nicht unbedingt rocken, hält, dann werden wir Zeuge einer galaktischen Session, die einen Tipp verdient hat. Neugierige wie Space Rock-Insider werden glücklich gemacht.
Das Überding folgt aber erst! Der Titeltrack des Doppeldeckers. ØSC in der schwerelosen Schwebe des Alls. Gemessen an der Spielzeit des Tracks wird man wieder relativ rockig. Der Schlagzeuger Christoffer Brøchmann setzt rhythmische Akzente und wieder ist der Blues das tragende Genre der folgenden Minuten. Brillant, dieses Stück.
Zur Ruhe kommen lässt einen die Kapelle nicht. Auch "Barboconsciousness" ist ein Hinhörer. Die Räucherkerzen glimmen etwas schneller runter, wenn die erzeugte Song-Dynamik in Wind transferiert werden könnte. Ein indischer Duft erfüllt die vier Wände, der verfliegt und durch druckvollen Space Prog ersetzt wird.
Beim abschließenden "Portal Of Pogonic Progress" darf man entspannen, meditieren. Beim furiosen Beginn des Albums ist es kaum zu glauben, hier auch dieser Art des Space Rock zu begegnen. Allerdings steigert sich die Dynamik und trifft abermals voll auf die Gefühle. Schließlich darf der Hörer nochmals entspannen.
Das Øresund Space Collective hat zu den wissenschaftlichen Studien eines Upton Uxbridge Underwood mit ihrer musikalischen Aufarbeitung ein brillantes Werk veröffentlicht. Wenn man keinen Bart trägt, wird man nicht unbedingt zu einem. "Music For Pogonologists" ist von der Spielzeit her lang, hat aber keinen langen Bart.
Randbemerkung: Die Band hat Ende Oktober 2014 auf Facebook gepostet, dass es eine weitere Session im Studio gab. Beteiligt waren Mitglieder unter anderem von Camper Van Beethoven, Tangle Edge, Agusa, My Brother The Wind, Palace On Wheels und Gösta Berlings Saga.
Line-up:
Daniel Lars (guitars)
Nicklas Sørensen (guitars)
Nickolas Hill (guitars)
Pär Hallgren (bass)
Christian Becher Clauser (bass)
Christoffer Brøchmann (drums)
Mogens Pedersen (synthesizers)
Dr. Space (synthesizers, spoken words - #1)
Tracklist
CD 1:
01:Boardlandia (11:30)
02:Ziggurat Of The Boards (14:11)
03:The Trichophantic Spire (5:53)
04:Boarded Brothers (17:36)
05:Remnants Of The Barbonaecum (26:00)
CD 2:
01:Music For Pogonologists (34:53)
02:Barboconsoiousness (24:07)
03:Portal Of Pogonic Progress (12:21)
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