Boah, sind die italienisch! Overtures zeigen uns auf ihrem dritten Studioalbum, was stiefelländischen Schwermetallern lieb und heilig ist. Aber komplett, ohne Ausnahme! Es gibt Power Metal, Melodic Metal, Epic Metal, Symphonic Metal und Prog Metal ... oder ist es doch alles eins, so wie es hier auf "Entering The Maze" miteinander verschmilzt? Lassen wir die vermeintlichen, ohnehin oft dünn gezogenen Genregrenzen einfach beiseite. Overtures kriegen es ohnehin erstaunlich gut hin, das Beste aus allem herauszuziehen, ohne dass es gekünstelt und konstruiert klingt.
Uns begegnen ultrascharf geschossene Riff- und Double-Salven mit röhrenden Gitarren und brillanten Breaks à la Symphony X, melodisch verspielte Helloween-Hymnen und pompöse, aber überraschend Pathos-freie Chor-Hymnen im Stile Avantasias ("Of Nightmares", "Empty Trails"). Um italienische Referenzen zu bemühen, ließe sich behaupten, Overtures beschreiten einen Mittelweg zwischen den frickelfreudigen Power Metallern von Vision Divine, den Düster-Proggern von Pathosray und temporeichen Melodie-Facharbeitern wie Labyrinth.
Ein erster Hinhörer ist der Quasi-Titeltrack "The Maze", weil allein schon das allererste Riff nicht nur Tempo und Druck macht, sondern auch melodisch mit einem Hauch Orientalik außerordentlich feine Facetten präsentiert. Auch der Aufbau kann überzeugen. Overtures arbeiten mit Schichten übereinander - Dichte, Druck und Dramatik ändern sich kontinuierlich - und mit Sequenzen hintereinander - das Umschalten zwischen fiesen Power-Passagen und edelmelodischen Hymnen macht selbst jeden normallangen Song ein kleines bisschen episch.
Der Opener klärt auch die Geheimnisse des CD-Covers auf. Da zu sehen ist ein unregelmäßiges Mosaik aus Ölpest, atomarem GAU, Verkehrsinfarkt, Volksaufstand und Krieg ... eine schaurige und allzu real(istisch)e Collage der Welt, in der wir leben:
»Forward, forward! We pray,
'Cause all we need is finding another way!
Hopes are fading away.
The world of today is lost inside a maze.«
("The Maze")
Konfektionsware ist auf "Entering The Maze" nicht erkennbar, dafür schälen sich aber zwei Highlights heraus. Zum einen ist das "Savior", das mit seinem aufwühlenden Wechsel zwischen düsterer Härte und märchenhaftem Zwischenspiel ein wenig in Richtung Kamelot geht. Zum anderen ist es "Programmed To Serve" - klassischer US-Metal meets italienische Melodieverliebtheit. Schon der Anfang kickt:
»We've been forced since the day we're born« - ganz fies zischt der Gesang hier ...
»To comply with a plan they made« - und jetzt gedoppelt. Heidewitzka!
Und der Chorus putzt aber so was von die Ohren...
»We are scheduled, programmed, we're a scheme.
Vagabonds of nightmares and sins.
We're a software that loads when we're born
And we boot from a drive we call 'world'.«
Erst opulente Chöre (dazu wurde eigens ein Wagen voller Gaststimmen ins Studio gekarrt) in einem fetten Arrangement samt Psycho-Breaks, dann wird technisch fein losgeknüppelt und ordentlich Kleinholz gemacht. Ein toller Ohrwurm!
Feine Sache, dieser italienische Irrgarten ... die Songs treffen ins Schwarze, am Handwerk gibt es nix zu meckern und die Produktion (kein Geringerer als Sascha Paeth war für das Mastering zuständig) ist über alle Zweifel erhaben. Die Gitarristen posen mit ihren Soli mächtig vor sich hin, aber sie können sich das leisten. Und Sänger (und Hauptsongschreiber) Michele Guaitoli ist ein Frontmann mit viel Ausstrahlung, mächtiger Mähne und einem Kehlkopf, der für melodischen Power Metal erschaffen wurde. Am deutlich hörbaren Italo-Einschlag in der Aussprache darf man sich nicht stören - aber das ist bei Liebhabern der italienischen Akustikküche ja eher Kult als Manko.
Zu allem Überfluss kommt "Entering The Maze" auch noch mit einer DVD ins Haus. Overtures spielen eine Hand voll Songs 'live im Studio', darunter auch zwei vom Album "Rebirth", eingefangen mit mehreren Kameraeinstellungen im Split Screen. Man bekommt den Eindruck einer unterhaltsamen Live-Band. Eine Art Spezialversion von "Daemons" zeigt uns den kompletten Song aus der Perspektive des Schlagzeugers, mit Kopfkamera. Headbanging für rhythmische Präzisionisten in mehreren Zündstufen - coole Sache! Sehr sehenswert ist auch das professionelle Video zu "Savior" inklusive Making of. Alles in allem ganz viel 'Overtures', das sich zu haben lohnt.
Line-up:
Michele Guaitoli (vocals)
Marco Falanga (guitars)
Adriano 'Cocha' Crasnich (guitars)
Luka Klanjscek (bass guitar)
Andrea Cum (drums)
With:
Stefano D'Amore (guitar solos - #2,3,4,5,7,8,9)
Beatrice Burelli, Caterina Piccolo, Caterina Stabile, Elisa Coppola, Federico Ahrens, Gabriele Gustin, Luca de Pauli, Marco Rosa, 'Max' Stanta (choirs)
Tracklist |
CD:
01:The Maze (5:09)
02:Under The Northern Star (5:30)
03:Of Nightmares (4:13)
04:Savior (5:23)
05:Empty Trails (4:16)
06:Consequences (5:09)
07:In The Middle Of Nowhere (4:47)
08:Programmed To Serve (4:07)
09:A Different Point Of View (4:05)
10:The Oracle (8:59)
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DVD:
Savior - Official video clip
Fly Angel - official video clip
Savior - Making Of
The Pirate Song (Running Wild Cover)
Live At The Groove Factory Academy Studio:
Daemons
Under The Northern Star
My Name Is Fear
The Maze
A Different Point Of View
Daemons (from a very different point of view)
Entering The Maze Audio Tracks
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Externe Links:
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