04.07.2015 - ein Tag der vielen Möglichkeiten, gefühlt überall kleine und große Open Airs, Feuerwerk (amerikanisches und rheinisches) und ein feines Doom Konzert in Wiesbaden. Da wir dafür schon lange Tickets hatten, konnten uns auch die tropischen Temperaturen nicht davon abhalten, in das Kesselhaus des Schlachthofes zu gehen. Ja, ein Hallenkonzert bei den herrschenden Temperaturen... immerhin bedeutet das, nicht in der Sonne gebraten zu werden. Zum Glück wurden wir auch nicht im Kesselhaus gekocht, es war zwar - wie überall - warm und vor allem in den ersten Stunden dazu noch schwül, aber durch Einsatz von Klimageräten noch recht erträglich, wozu auch der Füllungsgrad der kleinen Halle beitrug: nicht so leer, dass die Bands sich ärgern mussten, aber auch nicht so voll, dass es ungemütlich wurde.
Es war unser erster Besuch im kürzlich eröffneten Kesselhaus, das die stillgelegte Räucherkammer ersetzt, was durchaus als Verbesserung zu sehen ist- Kurze Umbaupausen, normale Getränkepreise, freundliches Personal - alles angenehm. Rein passen schätzungsweise 200 Zuschauer.
Pünktlich um 21 Uhr legten Yanos aus Marburg los. Der Fünfer spielt laut Eigenbeschreibung Postmetal/Posthardcore, was durchaus zutreffend ist. Manches erinnerte an eine mehr hardcorelastige Variante von Secrets Of The Sky, Yanos könnten zu einer Antwort auf die genannte US-Truppe heranwachsen. Allerdings haben sie vor allem im gesanglichen Bereich noch Defizite: Björn brüllt zu sehr auf einem Niveau und oft wirkt es auch bemüht und nicht kräftig genug. Daher waren es gerade die instrumentalen Passagen, die an diesem Abend überzeugt haben. Keineswegs ein schlechter Auftritt und schon gar nicht für einen Opener, aber Yanos könnten noch mehr aus sich machen.
Wie das geht, könnten sie beispielsweise von Bast lernen. Die Briten bewiesen mit nur drei Mann mehr Bühnenpräsenz. Hier übernahm Gitarrist Craig Bryant zudem die Lead Vocals, teilweise wurde er von Schlagzeuger Jon Lee dabei unterstützt, was gut funktionierte. Beide beherrschten gleichzeitig dazu ihre Instrumente, während Bassist Gavin Thomas lässig von sich hin wummerte.
Sie erzeugten eine Mischung aus Sludge, Doom, Crust und ein paar eher abgefahren wirkenden Momenten - ein Gebräu, das sowohl wuchtig als auch variantenreich wirkte. Teilweise wurde das Tempo richtig angezogen, teilweise Riffs genussvoll ausgewalzt, sodass Bast trotz starkem Gesang auch in Instrumentalparts überzeugten bspw. in dem Instrumentalstück "Psychonauts". Der Höhepunkt (für mich) kam zum Schluss: "Outside The Circles Of Time" fing postrockig ruhig an, mit fast schon klarer Stimme, und steigerte im Verlauf von knapp elf Minuten, sowohl Geschwindigkeit als auch Intensität. Ich hatte das Vergnügen, genau dieses Highlight vorher schon angetestet zu haben und hoffte natürlich sehr darauf, es live geboten zu bekommen. Überhaupt: Nach dem Kauf und Hören der Debüt-CD "Spectres" habe ich den Eindruck, dass die Kerle genau diese in der gleichen Reihenfolge gespielt haben - was absolut kein Kritikpunkt sein soll.
Bast sind auf gewisse (und absolut positive) Weise typisch englisch und stellen eine lohnenswerte Neuentdeckung für mich dar, die ich auf jeden Fall weiterverfolgen werde.
Nun stellte sich die Frage, ob die amerikanischen Epic-Doomer Pallbearer das noch steigern konnten, was die Vorgruppen (insbesondere die zweite) geboten hatten. Im Vorfeld hatte ich bereits Aussagen gehört, sie wären live nicht so überzeugend wie auf CD. Die zweite davon, "Foundations Of Burdon", wurde 2014 von Einigen hoch gelobt und ist tatsächlich eine interessante Weiterentwicklung des Debüts "Sorrow And Extinction", weil hier zu dem Epic Doom ein Schuss US-Prog Metal-Richtung Fates Warning hinzukam. Das legte natürlich die Messlatte ziemlich hoch und ich freute mich auf Songs wie "The Ghost I Used To Be", das auch geboten wurde.
Leider war die Warnung, insbesondere der Gesang wäre live schwächer als auf CD, durchaus berechtigt. Die Stimme von Brett Campbell ging irgendwie unter - auf Tonträger wirkt er wirklich gut, auf der Bühne nicht. Auch fehlte es ihm an Ausstrahlung, die das vielleicht hätte ausgleichen können, überhaupt wirkte sein Auftritt ziemlich 'blass'. Mag sein, dass es am BBQ lag (zu viel gegessen oder getrunken???), das er in einer Ansage erwähnte, mit dem Bedauern, den amerikanischen Nationalfeiertag 4. Juli nicht zuhause feiern zu können. Hm, das nächste Mal die Tour in einem anderen Zeitraum planen? Oder ist diese einfach zu lang? (Ich hatte angeregt durch diese Aussage die Termine angesehen, sind einige von Mai bis August, in Japan, Australien, Europa und den USA).
Warum auch immer, Pallbearer wirkten etwas desinteressiert, müde oder es war ihnen zu warm. Sicher, sie spielten ihre Songs ordentlich und über die Qualität der Stücke kann man auch nicht meckern, aber von einem Headliner erwarte ich doch etwas mehr, selbst wenn man sich 'Sargträger' nennt, sollte man live etwas mehr Stimmung verbreiten als auf einer Beerdigung…
Auch andere schienen es nicht so wirklich spannend und fesselnd zu finden. War die Halle zu Beginn des Auftrittes noch recht gut gefüllt, leerte sie sich zusehend, was ich nicht alleine auf das Benutzen öffentlicher Verkehrsmittel zum Heimfahren schieben will, sondern auch darauf, dass einige ihre Erwartungen, die nach der viel gelobten "Foundations Of Burdon" wohl recht hoch waren, nicht erfüllt sahen. Was nicht heißt, dass sie wirklich schlecht waren, aber noch ausbaufähig. Den Status, den die Amerikaner auf CD haben, können sie live nicht halten, daran sollten sie noch arbeiten.
Fazit: Für 15 Euro gab es drei Doom-Bands, die zeigten, wie aktueller (oder wie es so schön heißt 'contemporary') Doom sein kann, ohne sich im Traditionellen zu bewegen oder auf die Retro-Schiene zu springen. Nichts gegen jene Sparten, ich finde es jedoch spannend, andere Möglichkeiten aufgezeigt zu bekommen… vor allem wenn diese noch gut gemacht sind.
Okay, bei zwei von dreien an diesem Abend war vor allem der Gesang etwas 'suboptimal' und steigerungsfähig, was nicht bedeutet, dass die Bands an sich ohne Reiz sind. Im Fall Pallbearer kann ich Konserve allerdings mehr empfehlen.
Ganz klar ist: Bast was the best. Tolle Neuentdeckung, starke Liveband, doch auch deren Debüt "Spectres" lohnt sich und wird in der heimischen Anlage noch einige Male rotieren.
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