Parzival / Die Kulturnacht
Die Kulturnacht Spielzeit: 52:29
Medium: CD
Label: Euphonious/VME, 2013
Stil: Dark Martial Bombast

Review vom 05.01.2013


Andrea Groh
Parzival? Wolfram von Eschenbachs Versroman aus dem Mittelalter? Richard Wagners Adaption?
Nee, Russen, die nach Dänemark ausgewandert sind und erst als Stiff Miners und später als Parzival Musik machen. Und dann teilweise noch deutsche Texte haben, wie Jens schon feststellte.
Vorliegende CD "Die Kulturnacht" ist bereits Werk Nummer sieben, die beiden Stiff Miners mal nicht mitgezählt. Kurzer Rückblick: Das Debüt "Anathema Maranatha" kam 1999, gefolgt von "Blut und Jordan" (2001), "Noblesse Oblige" (2003), "Deus Nobiscum" (2006), "Zeitgeist" (2009) und Urheimat.
Der aktuelle Silberling ist wiederum eine etwas seltsame Sache. Die Musik wird auf dem Info als 'Dark Cinematic Bombast (Martial/Goth)' umschrieben. Was es alles an Bezeichnungen gibt…
Dabei sind die Begriffe sogar passend.
'Dark Cinematic Bombast' - das könnte man auch filmmusikartig nennen. "Die Kulturnacht" wirkt tatsächlich, als sei sie die Untermalung zu einem (nicht vorhandenen) Kinostreifen.
Hier wird recht breitwandmäßig aufgefahren. Neben mehreren Keyboards kommen als Gäste 37 nicht näher benannte klassische Musiker aus Prag zum Einsatz, die Streicher, Blech- und Holzblasinstrumente spielen. Ferner ein siebenköpfiger dänisch-russischer Frauenchor.
Bedeutet: Weniger EBM/Industrial als auf dem Vorgänger, dafür mehr Neoklassik (also doch Wagner?) und Gothic.
Dazu kommt die martialisch wirkende Stimme von Dimitrij, die durch ihre Härte und Phrasierung an NDH-Bands erinnert, auch weil sie teilweise in Deutsch intoniert (hm, Jungs, bei "Die okkultische Matrosen" wurdet ihr aber grammatikalisch schlecht beraten, oder ist das Absicht?). Wobei im Allgemeinen recht wenig zu verstehen ist. Texte lagen mir leider nicht vor.
Es soll jedoch inhaltlich um Bal Gangadhar Tilak und sein zweites Buch "The Artic Home In The Vedas" gehen. Der Inder Bal Gangadhar Tilak lebte vom 23.07.1856 bis 01.08.1920 und trat für Unabhängigkeit von Kolonialismus und Selbstverwaltung seines Landes ein. "The Artic Home In The Vedas" beschreibt ein frühes Weltreich in der Arktis. "Die Kulturnacht" setzt damit also die Thematik von "Urheimat" fort.
Wer sich näher mit den Gedanken der dänisch-russischen Gralssucher beschäftigen will, findet Erklärungen dazu auf den MySpace- und Facebook-Seiten der Band, die auch eine Distanzierung zu politischem Extremismus beinhalten.
Was Parzival machen, kann man auch musikalisch als durchaus eigenwillig bezeichnen. Haken an der Sache ist jedoch: Bei der Spielzeit von 52 Minuten stellen sich doch einige Längen ein, es gelingt nicht, die Hörerschaft durchgängig zu fesseln. Irgendwann (früher oder später) erwischt man sich bei dem Blick aufs Display nach dem Motto 'wie lange dauert das eigentlich noch'?
Schade eigentlich, denn interessant ist es schon. Und wer durchhält, wird bei "Zavarakatranemija" belohnt, denn der Vorletzte ist einer der besten, vielleicht sogar der beste Track des Albums.
Fazit: Sollte "The Artic Home In The Vedas" jemals verfilmt werden, braucht man sich wohl keine Gedanken um die passende musikalische Untermalung zu machen, den Soundtrack haben Parzival mit "Die Kulturnacht" schon fertig gestellt.
Ansonsten ist dies eine Scheibe, bei der die Meinungen ziemlich auseinander gehen (werden). Neugierige können ja mal reinhören.
Line-up:
Dimitrij Bablevskij (vocals, programming, keyboards)
Tim Mogensen (bass, guitars, keyboards)
Oleg Naumov (drums, percussion)
Michael Hedelain (percussion, keyboards)
Tracklist
01:Panta Rai
02:Kolowrath
03:Ex Borea
04:Kali-Yuga
05:Das Gold der Partei
06:Die Kulturnacht
07:Cursus Polaris
08:Die okkultische Matrosen
09:Eisenbrot
10:Zavarakatranemija
11:Der schwarze Vatikan
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