Offen gesagt haben mich die 80er/90er Jahre im musikalischen Sinne nicht sonderlich interessiert. Meine Tochter war gerade 10 Jahre alt, da quietschte mir eine gewisse Sandra wie ein abgestochenes Ferkel aus dem Kinderzimmer entgegen und ein Dieter Bohlen mit seiner Nora - oder hieß das Weib Thomas? - krächzte sich die Seele aus dem Leib. Doch ein paar Jahre später, das Teenager-Alter meines Töchterchens rückte näher und da schau her - war es nun VIVA oder MTV - auf jede Fall dröhnte etwas aus dem Fernseher, was sich selbst für meine Ohren als recht anhörbar entpuppte. Und der Typ da mit seinem karierten Hemd und abgewetzten Jeans sah sowas von normal aus… »Das sind Nirvana und die spielen Grunge« - belehrte mich meine Tochter auf mein Fragezeichen im Gesicht hin.
Grunge????
Mit diesem Begriff werden unweigerlich Nirvana, Soundgarden, Alice In Chains und eben auch Pearl Jam in Verbindung gebracht, obwohl die eigentlichen Begründer des 'schmutzigen, dreckigen Sounds' doch schon viel früher die Musikszene aufmischten, nämlich Bands wie Iggy Pop And The Stooges, Velvet Undergound sowie MC5.
Nirvana und Co. standen Ende der 80er/Anfang der 90er in den Startlöchern, verrührten Elemente des frühen Punk mit traditionellem Rock bzw. Hard Rock, legten viel Dynamik und Aggression, aber auch sehr viel Enthusiasmus und Emotionen in ihr disharmonisches Spiel, konnten damit jedoch die fehlende Technik wieder wett machen. Die Musikindustrie hatte natürlich sofort ein feines Näschen und nahm diese rauen, unverbrauchten Seattle-Bands unter ihre Fittiche - mit Erfolg, wie sich herausstellte: Nirvana, Pearl Jam und Konsorten schrieben wahrlich Musikgeschichte.
Und Musikgeschichte schrieben Pearl Jam auch mit ihrem Debüt "Ten", produziert von Rick Parasher. Veröffentlicht am 27.08.1991, schoss es gleich auf Platz 2 der US-Albumcharts und verkaufte sich mittlerweile 12 Millionen mal. Die vier Single-Auskopplungen "Alive" (dieses Stück mit seinem ausufernden Gitarrensolo am Song-Ende wird von den Fans als d-i-e Bandhymne schlechthin bezeichnet), "Jeremy" (der dazugehörige Video-Clip wurde bei den MTV Video Music Awards 1993 mit vier Preisen bedacht, darunter den des 'Video Of The Year'), "Even Flow" und "Ocean" sowie auch die Nummer "Black" dürfen bei keinem Pearl Jam-Konzert fehlen. "Ten" kann man also ohne Weiteres, neben Nirvanas "Nevermind", als Meilenstein des Grunge bezeichnen und war die Grundlage für eine beispiellose Karriere der Band in der Besetzung Eddie Vedder (Gesang), Mike McCready (Gitarre), Stone Gossard (Gitarre), Jeff Ament (Bass) und Dave Krusen (Schlagzeug).
Die Jungs rockten gewaltig und zeigten den zu der Zeit angesagten Spandex-Hair-Bands, wo der sprichwörtliche Grunge-Hammer hängt.
Was aber hat die Band nun dazu bewogen, dieses, von den P.J.-Fans so heißgeliebte Teil noch einmal zu veröffentlichen? Dazu Produzent Brendan O'Brien:
»Die Band liebte den Original-Mix von "Ten", aber die Jungs wollten auch wissen, wie es sich anhört, wenn die Songs auseinander genommen und neu gemischt werden. Zuerst zögerte ich, schließlich ist das Album eine Ikone und Millionen von Leuten fuhren auf den Original-Sound ab. Aber die Band hörte einfach nicht auf, auf dem Thema herum zu reiten und nach vielen Jahren konnte ich mich doch mit der Idee anfreunden, den Remix als zusätzliches Feature zum Original anzubieten. Ich ging also neu an die Sache heran und verpasste den Tracks einen dickeren Sound.«
Die mir vorliegende Legacy Edition, eine Doppel-CD im Mini-LP-Slipcase beinhaltet also mit CD 1 das Digital Remaster des Original-Albums.
CD 2 bietet ein digitales Remaster und Remix des Original-Albums von Brendan O'Brien sowie sechs Bonus Tracks. Wenn man das, übrigens ebenfalls neu gestaltete, sehr stabile Cover aufklappt, sind einige Fotos sowie Songtexte enthalten. Um die Songtexte lesen zu können, sollte man aber neben der Lesebrille eine Lupe mit hoher Stärke zur Hilfe nehmen, so piepselig ist die Schrift. Weitere Bonus-Features gibt es aber bei dieser Ausgabe nicht.
Der Klang des Remixes ist wahrlich fett und noch rauer und härter. Inwieweit das aber nun ein Kaufargument für alle diejenigen sein soll, die im Besitz des Originals sind, kann ich nicht ganz nachvollziehen. Gut, es sind zusätzlich noch sechs Bonustracks auf der Scheibe enthalten. "Brother" sowie auch "Just A Girl" passen hervorragend. Und auch die frühen Versionen von "Breath (And A Scream)" und "State Of Love And Trust" kann man noch durchgehen lassen. Dagegen wirken die nachfolgenden Demos "2.000 Miles Blues" und "Evil Little Goat" wie Fremdkörper auf der Platte. Aber es beweist: Pearl Jam können auch anders - sie haben den Blues!
Wie gesagt, ob sich dieser Kauf lohnt, sollte jeder für sich entscheiden.
Da machen die folgenden Veröffentlichungen vermutlich mehr Sinn, denn es erscheint, parallel zu diesem Album, die Deluxe Edition (Doppel-CD plus DVD im hochwertigen Hardcover-Package), bestehend aus:
CD 1: Digitales Remaster des Original-Albums
CD 2: Digitales Remaster und Remix des Original-Albums von Brendan O'Brien plus sechs Bonus Tracks: "Brother", "Just A Girl", "State Of Love And Trust", "Breath And A Scream", "2,000 Mile Blues" und "Evil Little Goat" sowie einer
DVD mit dem bisher unveröffentlichten Auftritt von Pearl Jam bei MTV Unplugged im 5.1 Surround Sound Audio Remix. Mit dabei und nie zuvor gezeigt: die Live-Version von "Oceans"!
Außerdem gibt es eine Vinyl Collection (Doppel-LP), bestehend aus:
LP 1: Digitales Remaster des Original-Albums auf Vinyl
LP 2: Digitales Remaster und Remix des Original-Albums auf Vinyl von Brendan O'Brien
Und last but not least die Super Collectors Edition (Doppel-CD plus DVD, 4 LPs, Cassette und Memorabilia in edler Leinen-beschichteter Klappbox). Diese beinhaltet:
CD 1: Digitales Remaster des Original-Albums
CD 2: Digitales Remaster und Remix des Original-Albums von Brendan O'Brien plus sechs Bonus Tracks: "Brother", "Just A Girl", "State Of Love And Trust", "Breath And A Scream", "2,000 Mile Blues" und "Evil Little Goat"-
Dazu eine DVD mit dem bisher unveröffentlichten Auftritt von Pearl Jam bei MTV Unplugged im 5.1 Surround Sound Audio-Remix. Mit dabei und nie zuvor gezeigt: die Live-Version von "Oceans"!
LP 1: Digitales Remaster des Original-Albums auf Vinyl
LP 2: Digitales Remaster und Remix des Original-Albums auf Vinyl von Brendan O'Brien
LP 3 & 4: "Drop In The Park - Live im Magnuson Park in Seattle am 20. September 1992" (Audio-Mix von Brendan O'Brien)
Cassette: Replikat der Original-"Momma-Son"-Demo-Cassette mit den Songs "Alive", "Once" und "Footsteps"
Die Box enthält außerdem das Replikat eines Notizbuchs von Eddie Vedder mit Kompositionen, persönlichen Anmerkungen, Bildern und Erinnerungsstücken aus den Sammlungen von Eddie Vedder und Jeff Ament. Weiterhin liegt ein Pergamentumschlag bei, in dem sich Memorabila wie zum Beispiel Replikate von Backstagepässen, Konzertkarten und Stickern befinden. Ein Konzertplakat des "Drop In The Park"-Konzerts, sowie ein Riesenposter des Albumcovers runden diese einzigartige Box ab.
Nun, vielleicht gewinnt ja der eine oder andere Pearl Jam-Fan im Lotto...
Ok meine Herren, ist zwar alles gut gedacht mit diesen Remasters und Remixes, aber kommt endlich mal aus den Puschen und bringt was Neues auf den Markt! Es wird Zeit!
Tracklist |
CD 1:
(Digital Remaster des Original-Albums)
01:Once
02:Even Flow
03:Alive
04:Why Go
05:Black
06:Jeremy
07:Oceans
08:Porch
09:Garden
10:Deep
11:Release
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CD 2:
(Digitales Remaster und Remix des Original-Albums von Brendan O'Brien)
01:Once
02:Even Flow
03:Alive
04:Why Go
05:Black
06:Jeremy
07:Oceans
08:Porch
09:Garden
10:Deep
11:Release
Bonus-Tracks:
12:Brother
13:Just A Girl
14:Breath And A Scream [Demo Version]
15:State Of Love And Trust
16:2.000 Miles Blues
17:Evil Little Goat
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Externe Links:
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