Die Band machte ihrem Namen alle Ehre. Das Konzert des Pearl Trios bei den Jazzfreunden Kleve e.V. war schon etwas Besonderes. Der Auftritt stand fast ganz im Zeichen des hervorragenden Pianisten Martin Scholz. Dennoch hatten der Kontrabassist Konstantin Wienstroer sowie der Schlagzeuger Peter E. Eisold ausreichende Gelegenheiten, ein Wort mitzureden und dem Publikum ihre solistischen Künste auf den dicken Saiten oder einem minimalistisch wirkenden Drumset zu servieren.
Bereits in der Vergangenheit kreuzten sich die Wege der Musiker. Martin Scholz arbeitete zusammen mit Eisold in Bands wie AOS Ensemble, Essen-O-Ton Enterprise, Quartett Sonnenschein oder dem Supernova Orchester zusammen. Scholz, Absolvent der Essener Folkwang Schule und ebenfalls Mitglied der Jazz Essengers spielte unter anderem auch mit Chris Farlowe ( Colosseum) zusammen. Konstantin Wienstroer zupfte sein Instrument bei Unfinished Business und in der Fusion-Band Mainpoint. Darüber hinaus tourte er mit Klaus Dingers La Düsseldorf in Japan. Der in Dortmund geborene Peter E. Eisold lebt mittlerweile in Mühlheim a.d. Ruhr, trommelte in der Band Contact Trio und gründete 1985 die Gruppe Blue Box. Im gleichen Jahr erhielt das Album "Sweet Machine" den Preis der deutschen Schallplattenkritik und Mitte der Neunzigerjahre war er in Helge Schneiders Big Band aktiv. Sehr interessant ist die Arbeit mit der niederländischen Band Palinckx. Eisold sowie Jan und Jörn Klare produzierten die Fußball-Oper "Das Duell". Dabei handelt es sich um eine musikalische Aufarbeitung des Fußball-WM-Finales Deutschland gegen die Niederlande aus dem Jahr 1974. Eisold spielte bereits auf sehr vielen renommierten Jazz-Festivals und einige Konzertreisen führten ihn quasi rund um den Globus. Aktuell ist er im internationalen Projekt des Ensembles Nuevo involviert, das vom Goethe-Institut unterstützt wird.
Das Pearl Trio spielte drei Sets und worin es sein vielseitiges Können durch eine bunte Mischung aus Eigenkompositionen ("Strut", "ABC", "Tanz", oder "Rondo"), Coversongs unter anderem von Charles Mingus ("Better Git It In Your Soul", "Nostalgia On Times Square"), Carla Bley ("Ida Lupino", "Sing Me Softly Of The Blues") oder Jazz-Standards wie "You Don't Know What Love Is", "Jive At Five" oder "Softly, As In A Morning Sunrise". Den Beginn eines beeindruckenden Konzerts machte allerdings eine Nummer namens "Love Machine".
Die Zuschauer (von denen viele leider viel zu laut redeten) konnten sich über die gesamte Länge des Konzerts davon überzeugen, dass die Improvisation die hohe Kunst der Musik darstellte. Was das Trio auch in Angriff nahm, man durfte sich bereits nach einem komplexen Track wie "Love Machine", in dem sich alle Musiker in Solo-Darbietungen vorstellten, auf einen immens intensiven Auftritt freuen. Den Begriff Freiräume legte der Dreier ganz galant aus, denn die Stücke hatten ausladende Spielzeiten und was Eisold in seinem ersten Solo bot, zog sich bei ihm wie ein roter Faden durch den Gig. Er brachte neben Drumsticks auch Paukenschlägen und Jazzbesen zum Einsatz. Damit erzeugte er eine unglaubliche Klangvielfalt und sein Spiel war sehr melodisch wie auch akzentuiert. Zeitweise brillierte er ausschließlich mit dem Einsatz der Becken und einem solchen Könner bei der Arbeit nicht nur zuzuhören, sondern auch zuzusehen, machte verteufelt viel Spaß. Weinstroers Finger wanderten in akrobatischer Lockerheit über die Saiten seines Kontrabasses und manchmal fragte man sich, ob solche, zum Teil in hoher Frequenz gespielten Töne nicht Zauberei glich.
In der Musik des Trios gab es auch keine Geschwindigkeitsbegrenzungen. Die von Scholz auf den schwarzen und weißen Tasten veranstalteten Improvisationen hätten im Straßenverkehr so manchen Blitzer aktiviert. Sein Spiel war von unerhörter Farbgebung und ging bis in die Tiefe der Grundierung. Piano-Riffs und verträumte Phasen wechselten sich ab. Zum Teil waren die Klangkaskaden schlicht und dann dramatisch. Einerseits entwickelten sich zeitweise die Song-Themen in bestechender Langsamkeit und dann ließ man den Dingen ihren freien Lauf. Bei den Rhythmuswechseln war das Trio sehr großzügig. Entweder wurden sie besonders punktiert gesetzt oder einer der Musiker entwickelte aus einer Stetigkeit heraus eine andere Rhythmik. Klasse!
Der Auftritt aller drei Künstler lebte von einer begeisternden Impulsivität und Konstantin Wienstroer beherrschte auch das Spiel mit dem Bogen extrem gut. Der Pearl Trio-Jazz hatte Soul und war teilweise von avantgardistischer Prägung. Die Musiker fühlten sich phasenweise auch mit dem Blues verbunden und mittels der Individualität ihrer Fähigkeiten entstanden beim Hörer entweder mit dynamisch-energischem Pinselstrich oder durch feinste Tuschefedern aufs Papier gebrachte Bilder. Spannung und Entspannung wurde beim Dreier groß geschrieben. Teilweise hatte es den Anschein, als gingen die Künstler getrennte musikalische Wege, allerdings vereinten sie sich immer wieder in einem ganz großen Ganzen.
Zur Martin Scholz-Komposition "ABC" fiel mir etwas ganz anderes, als er erklärte, ein: 'A' für: alle gemeinsam. 'B' für: beeindruckendes Basssolo und 'C' für: changieren. Auch wenn der "Jive At Five" um elf Uhr gespielt wurde, bot das Pearl Trio mit seinem Konzert-Dreiteiler Unterhaltung der Extraklasse.
Wir bedanken uns bei Steven Decorte von den Klever Jazzfreunden e.V. für die problemlose Akkreditierung.
Line-up:
Martin Scholz (piano)
Konstantin Wienstroer (upright bass)
Peter E. Eisold (drums)
Bilder vom Konzert
|