Die im Bayerischen Raum (mittlerweile deutschlandweit) laborierenden Anwärter auf eine gefestigte Stelle als musikalische Peitschenschwinger gegen die eher nach den Charts schielenden Studiospießer lassen sich dementsprechend wohl kaum in tradierte Genre-Schubladen stopfen.
Das Unterfränkische Septett Art Zentral und seine eigenwillig agierende Chanteuse Peggy Herzog alias Pegelia Gold erschaffen auf ihrem Debüt Klanglandschaften, auf deren wunderbar verschlungenen Pfaden sich sowohl zerbrechlicher Wohlklang als auch dissonante Stimmungen, puderige Leichtigkeit und Schwere gleichermaßen kreuzen.
Den Rahmen bilden dabei kunstvolle Rhythmusmalereien, welche nicht selten um eine Bassklarinette und Harfe erweitert, zwischen atmosphärischer Dichte und experimenteller Ruhelosigkeit tangieren und nur von Pegelias brüchig kindlicher Gesangsästhetik unterbrochen werden.
Die gebürtige Thüringerin und einstige Straßenmusikerin bewegt sich in den zum Teil deutschen Texten einerseits mit dünner, betörender Kindlichkeit oder pittoresker Verschrobenheit, anderseits als ungemein stimmige Chansonette oder gar substanziellere
Björk durch das vernebelt jazzige Oeuvre unbehaglicher Schlaflieder.
Trotz
Zappa-esker Freiräume sehnt sich der romantisierende Seelenschmerz allenthalben nach harmonischen Schwebezuständen, um sich nicht selten als ekstatische Monstrosität zu gebärden, die mit verzerrter Fratze und verhärtenden Krallen des Hörers Nervenkostüm zu derangieren vermag.
Die zehn Kompositionen erogieren geradezu schamanisch bittersüßes Destillat aus weltabgewandtem Jazz und Kreide zerfressenen Art Rock-Attitüden, welche man mit überdimensionierter Pipette vom exotisch anmutenden Parfüm eines Antifolk-Fräuleinwunders beträufelte.
Der "Zigeunerpunk" verweist mit seiner exzentrischen, akkordsatten Tour de Force auf spätromantische Experimente, ein schmetterlingshafter "Zikadenwalzer" mit breitwändiger Gitarreninbrunst dem verwunschenem Märchenwald entrissen, und das mollige "Blustering Ground", dessen betörende Duftigkeit die quicklebendigen Zwischentöne nicht verbergen möchte, tragen ihre stetige, leicht angekränkelte Liebeserklärung an die urbane Sinnlichkeit freimütig zu Markte.
Klar ist, Pegelias natürliche Kunst muss hierbei keinesfalls als Alibi-Ornament bzw. Schönheitspflästerchen für die zum Teil improvisierend aufspielenden, diplomierten Protagonisten herhalten, sondern beseelt mit ihren traurigschön fließenden bis zu gegen den Strich kratzenden Naturmädchen-Moritaten das porzellane Terrain aus kunstvollen Post Rock-Abstrichen und unangepasster Rotzigkeit schnoddriger Jazz-Originalitäten.
Dabei kleidet selbige die Psyche einer geborenen Weltschmerzpoetin um die meist kammermusikalisch aufbrodelnde Maische und emulgiert diese intuitiv mit einer nuancierenden Masala, welche dem sensibilisierten Hörer in besonderen Zuständen oder Tageszeiten die wachsenden Gräser und knorrige Baumriesen aus moosigem Waldboden zu akustisieren vermag.
Jegliche Genre-Säulenheilige und Schaumschläger ignorierend, trotzen fünf aufgeweckte Musik-Alchimisten anbiederischen Arrangements und scheuen sich nicht, leichtfüßige Kompositionsbögen mit avantgardistischen Feldversuchen wie scheppernden Hausrat zu versäuern.
Zugegebenermaßen kuratieren die flötenden Gefühlsduseleien und deren instrumentale Schräglagen stellenweise nervenzerfetzende Erregungen, welche sich nach ausgiebigem audiophilen Herantasten dennoch zu musikalisch unkategorisierenden bzw. mutigen Offenbarungen aus einem derzeit Retorten-Sternchen verseuchten 'Schland aufzuspielen vermögen. Solch ein couragiertes Freischwimmen aus Pop-kontaminierten Genre-Gewässern sollte durch aufmerksame Gehörgänge belohnt werden.